Bildungscampus in Darmstadt
Das neue Schulgebäude von Waechter + Waechter Architekten auf einem Konversionsgelände bei Darmstadt liegt prominent am Quartiersplatz – und öffnet sich auch für außerschulische Aktivitäten.
Text: Scheuermann, Anna, Frankfurt am Main
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Der Bildungscampus Luise Büchner eint Grundschule, Kita und Sporthalle. Waechter + Waechter Architekten entwerfen dafür einen kompakten Flachbau ...
Foto: Brigida González
Der Bildungscampus Luise Büchner eint Grundschule, Kita und Sporthalle. Waechter + Waechter Architekten entwerfen dafür einen kompakten Flachbau ...
Foto: Brigida González
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... mit vielfältigen Einschnitten und Öffnungen.
Foto: Brigida González
... mit vielfältigen Einschnitten und Öffnungen.
Foto: Brigida González
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An den schmalen Seiten liegen die Eingänge: Vom Quartiersplatz aus geht es in die Grundschule, gegenüber an der Erschließungsstraße in die Kita.
Foto: Brigida González
An den schmalen Seiten liegen die Eingänge: Vom Quartiersplatz aus geht es in die Grundschule, gegenüber an der Erschließungsstraße in die Kita.
Foto: Brigida González
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Der Schulneubau bildet am Quartiersplatz in der Lincoln Siedlung die fehlende Raumkante. Verschiedene Räumlichkeiten in der Schule können auch von den Bewohnern des Stadtteils genutzt werden.
Foto: Brigida González
Der Schulneubau bildet am Quartiersplatz in der Lincoln Siedlung die fehlende Raumkante. Verschiedene Räumlichkeiten in der Schule können auch von den Bewohnern des Stadtteils genutzt werden.
Foto: Brigida González
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Über zwei Freitreppen erreichen die Schüler das erste Obergeschoss ...
Foto: Brigida González
Über zwei Freitreppen erreichen die Schüler das erste Obergeschoss ...
Foto: Brigida González
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... mit den vier Lernclustern, ...
Foto: Brigida González
... mit den vier Lernclustern, ...
Foto: Brigida González
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... die über die Schulstraße zentral erschlossen werden.
Foto: Brigida González
... die über die Schulstraße zentral erschlossen werden.
Foto: Brigida González
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Einschnitte für Terrassen und Höfe zonieren das Gebäude in kleinere, ...
Foto: Brigida González
Einschnitte für Terrassen und Höfe zonieren das Gebäude in kleinere, ...
Foto: Brigida González
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... übersichtliche Einheiten mit großen Außenbezug und viel Tageslicht.
Foto: Brigida González
... übersichtliche Einheiten mit großen Außenbezug und viel Tageslicht.
Foto: Brigida González
Schnurstracks Richtung Süden führt die vielbefahrene B3 (Heidelberger Straße) von der Darmstädter Innenstadt in das etwa drei Kilometer entfernte Konversionsareal Bessungen-Süd, in dem sich unter anderen Teilgebieten die Lincoln-Siedlung befindet. Nachdem das amerikanische Militär 2008 das „Lincoln Family Housing“ verlassen hatte, startete die Stadt Darmstadt frühzeitig den Planungsprozess und das Beteiligungsverfahren für die Entwicklung der Siedlung, die an allererster Stelle Wohnraum für bis zu 5000 Menschen schaffen sollte. Bereits im Entwicklungskonzept Lincoln-Siedlung, das innerhalb der abgestimmten Rahmenplanung Bessungen-Süd entstand, wird 2011 ein neuer Grundschul-Standort in der Quartiersmitte festgehalten, angrenzend an einen zukünftigen Quartiersplatz und den anschließenden Quartierspark. Zudem beschloss die Stadt zu diesem frühen Zeitpunkt, das Leitbild einer „Stadt der kurzen Wege“ zu verfolgen.
Der Planungswettbewerb für die Quartiersmitte (unterteilt in einen freiraum- und einen gebäudeplanerischen Teil) konnte jedoch erst nach dem Kauf des Geländes von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben im Juli 2014 weiter vorbereitet werden. Bei einem öffentlichen Bürgerforum im November 2015 wurde bereits auf den besonderen Stellenwert der zukünftigen Ganztagesgrundschule und der angegliederten Kindertagesstätte im Quartier hingewiesen: „Mit der räumlichen Verbindung von Schule und Kita sollen Synergien für Bau und Organisation ermöglicht werden. Die Schule soll der zentrale infrastrukturelle Baustein der Lincoln-Siedlung werden. Dabei soll durch eine bürgerschaftliche Nutzung der Gemeinschaftsflächen eine Öffnung zum Stadtteil erreicht werden.“ Auch auf die Bedeutung der Freiraumplanung wird viel Wert gelegt: „Die Freiraumkonzeption beinhaltet die Verzahnung des Schulgeländes mit Quartiersplatz und Quartierspark. Der Schulhof soll dabei auch für die Bürger außerhalb der Schulzeiten offen und nutzbar sein.“
Der anschließend europaweite ausgeschriebene Planungswettbewerb brachte im Juli 2016 zwei Gewinner-Teams hervor: Franz Reschke Landschaftsarchitektur aus Berlin für die Freiräume (Quartiersplatz und -park) und Waechter + Waechter Architekten aus Darmstadt zusammen mit Foundation 5+ Landschaftsarchitekten aus Kassel für die Schule und die Kita. Die Jury ist voll des Lobes über den Hochbau-Preisträger: „Die kompakte bauliche Interpretation des vielschichtigen Anforderungsprofils antwortet mit der gewählten Kubatur des zweigeschossigen Rechtecks mit Atrien adäquat auf die gewollte Dichte des Gesamtquartiers und stellt einen wertvollen robusten Stadtbaustein für das Lincoln Quartier dar.“ Rückblickend wäre angesichts der von allen Seiten gewünschten Verzahnung von öffentlichem Raum und Gebäuden an diesem zentralen Ort der neuen Siedlung sicherlich eine ganzheitliche Betrachtung sowie ein einheitliches Planungs-Team von Vorteil gewesen.
Der 2021 fertiggestellte „Bildungscampus Luise Büchner“ schafft es, die geforderten Innenräume und Freiräume einer vierzügigen Ganztagsgrundschule und einer sechsgruppigen Kindertagesstätte sowie die beiden öffentlich zugänglichen Bereiche von Zweifeldturnhalle und Gymnastikraum sowie Mensa unter ein Dach zu bringen. Waechter + Waechter Architekten entwarfen dafür einen zweigeschossigen Baukörper, der alle Funktionen in einem dreidimensionalen „Teppich“ miteinander verwebt. Das Gebäude kann an drei von vier Seiten betreten werden: Der Haupteingang zur Schule liegt am Quartiersplatz im Norden, im Westen gibt es kleinteilige Ein- und Durchgänge vom angrenzenden Spielplatz, der auch als Schulhof dient, und im Süden Richtung Wohngebiet befindet sich der Kita-Eingang und der einzig umzäunte Außenbereich für die Kleinkinder. Nur von der vielbefahrenen B3 wendet sich der Komplex im Erdgeschoss ab.
Das von Weitem sichtbare rote Ziegelmauerwerk steht in deutlichem Kontrast zu den hell verputzten und deutlich höheren Wohngebäuden der Siedlung, doch knüpft der Schulbau so an die Tradition der Darmstädter Meisterbauten an, wie beispielsweise an das Hauptgebäude der Georg-Büchner-Schule von Hans Schwippert (1960). Im Inneren führt der Ziegel zu den gemeinschaftlich genutzten Bereichen im Erdgeschoss (Sporthalle, Mensa, Bibliothek) und zur Kinder-tagesstätte sowie entlang der zentralen Magis-trale und der Treppen zu den in vier Clustern organisierten Klassen- und Lernräumen im Obergeschoss. Große Fensterflächen, gut platzierte Lichthöfe und Terrassen bringen sowohl im Erdgeschoss als auch im Obergeschoss viel Licht in die kleinteiligen und flexibel genutzten Räume, die differenziertes Spielen und Ausruhen, Unterrichten und Lernen ermöglichen. In der Schul-bibliothek befindet sich dann auch ein Hinweis auf die Namensgeberin der Schule, Luise Büchner (1821–1877), eine Darmstädter Frauenrechtlerin, Autorin und jüngere Schwester des Revo-lutionärs und Schriftstellers Georg Büchner.
Die ruhigen Zonen für die Klassenzimmer befinden sich in der Mitte des oberen Stockwerks und wurden mit Wandverkleidungen und Einbauschränken in Holz ausgestattet, Holzwolle-Leichtbauplatten an den Decken verbessern die Akustik merklich. Hier gibt es sowohl klassische Klassenzimmer (jeweils vier pro Cluster) als auch offene sowie geschlossene Lern- und Arbeits-zonen. Die Fachräume für Kunst und Musik liegen an der Straßenseite, die Gemeinschaftsräume, die vornehmlich am Nachmittag genutzt werden, sind zum Park orientiert.
Am Nachmittag wandelt sich das Schulgebäude zu einem öffentlich zugänglichen Quartiersgebäude. Die Mensa öffnet sich dann zum Platz und kann zum gemeinschaftlichen Kochen und Beisammensein von lokalen Gruppen genutzt werden. Die Zweifeldturnhalle und der Gymnastikraum werden direkt im Anschluss an die Unterrichts- und Betreuungszeiten von Sportvereinen bis in die Abendstunden frequentiert. Schön wäre es, wenn sich auch Räumlichkeiten für die außerschulische Bildung und Begegnung für alle Altersstufen öffnen könnten, die für das gesamte Quartier interessant wären. Dann wäre nicht nur die Investition von knapp über 30 Millionen Euro, sondern auch der ökologische Fußabdruck eines Neubaus besser vertretbar. Mobilitätsberatung, Repair-Cafés, Sprachtandems oder Lesepatenschaften würden den Zusammenhalt in der Bevölkerung befördern und stärken, denn alleine die 210 Schulkinder, die derzeit in zwei Clustern die Luise-Büchner-Schule besuchen, kommen laut Schul-Hausmeister bereits aus 32 Nationen. An den Grundschulen trifft sich die gesamte Bandbreite unserer Gesellschaft, daher ist die Bildung der Kinder und die Vermittlung an deren Eltern von enormer Bedeutung für unser Zusammenleben. Wenn sich eine Schule darüber hinaus als Bildungscampus für ein Quartier begreift, sind wir einen großen Schritt weiter.
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