Bauwelt

Kassel: die Standorte

Mit dem Hessischen Landesmuseum, der Grimmwelt und dem Stadtmuseum bespielt die documenta erstmals Orte, die sich mit dem Wesen der Stadt Kassel und des Landes Hessen auseinandersetzen. Der Titel der documenta 14 „Von Athen lernen“ und ihr Manifest „South as State of Mind“ – den inneren Süden als Geisteszustand in sich entdecken – veranlasste das Kuratoren-Team, sich darüber hinaus der Nordstadt zu widmen. Der Stadtteil ist ein innenstadtnaher Industrie- und Arbeiterwohnbezirk und hat die höchste Migrantendichte in Kassel. Die Standorte sind für die Nordstadt identitätsstiftend. Ein kleiner Überblick

Text: Flagner, Beatrix, Berlin

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Die Hauptpost
Abb.: Beatrix Flagner

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Das Hansa-Haus
Abb.: Beatrix Flagner

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Die Gottschalk-Halle
Abb.: Beatrix Flagner

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Das Gießhaus
Abb.: Beatrix Flagner

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Das Ballhaus
Abb.: René Graf

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Das Ballhaus

Abb.: René Graf


Kassel: die Standorte

Mit dem Hessischen Landesmuseum, der Grimmwelt und dem Stadtmuseum bespielt die documenta erstmals Orte, die sich mit dem Wesen der Stadt Kassel und des Landes Hessen auseinandersetzen. Der Titel der documenta 14 „Von Athen lernen“ und ihr Manifest „South as State of Mind“ – den inneren Süden als Geisteszustand in sich entdecken – veranlasste das Kuratoren-Team, sich darüber hinaus der Nordstadt zu widmen. Der Stadtteil ist ein innenstadtnaher Industrie- und Arbeiterwohnbezirk und hat die höchste Migrantendichte in Kassel. Die Standorte sind für die Nordstadt identitätsstiftend. Ein kleiner Überblick

Text: Flagner, Beatrix, Berlin

Die Hauptpost
Neben dem Fridericianum und der documenta-Halle ist die Hauptpost, die für die nächsten hundert Tage in „Neue Neue Galerie“ umbenannt wurde, einer der Hauptveranstaltungsorte der documenta 14. Der brutalistische Bau entstand in den 70er Jahren und liegt direkt am Holländischen Platz. Er markiert das Ende der Innenstadt hin zur Nordstadt und ist ein eigener kleiner Kosmos: Ort des migrantischen Alltags, Fitnessstudio-Herberge und Treffpunkt von Studenten. Auf der Rückseite in der Gießbergstraße befindet sich der Kasseler Drogen- und Straßenstrich. Die Hauptpost ist der gebaute Repräsentant ­sozialer und gesellschaftlicher Konflikte und ­folgerichtiger Ort für die documenta 14, die sich diesen mittels Kunst stellen will.
Die Kuratoren machen mit dem Standort auch auf die sich veränderten Kommunikationswege aufmerksam. Die Arbeiten der 25 hier ausstellenden Künstler, beschäftigen sich mit Wegen und Mitteln der Informationsverbreitung.
Im Innern ist die Hauptpost ein Ort von Funk­tionsabläufen, mit industriellem Charme. Die Ausstellung erstreckt sich auf bis lang leer stehende Räume. Die Bespielung der ehemaligen Sortierhalle, der ehemaligen Kantine und einer gesamten Etage früherer Büroräume, gibt dem Besucher ein Gefühl für den gesamten Bau.
Das Hansa-Haus
Ein weiterer solch konglomeratischer Ort ist das Verwaltungsgebäude in der Kurt-Schumacher-Straße 29. Das im nordhessischen Volksmund genannte „Hansa-Haus“ stand einmal für „Kaufmannsgeist und Gewerbefleiß“ – ganz nach Vorbild der Hanse, die ihre wirtschaftlichen Interessen auf der ganzen Welt vorantrieb. Heute ist der 200 Meter lange Bau Anlaufpunkt für Menschen, die aus der ganzen Welt nach Kassel kommen, um hier zu leben. Neben der Ausländerbehörde, der Abteilung für Zuwanderung und Integration, befindet sich hier noch das Fundbüro, das Jugendamt und der Kasseler Trinkraum, der alkoholkranken Menschen einen Rückzugsort bietet.
1963 wurde das Haus nach den Plänen von Walther Grüning fertiggestellt und galt aufgrund seines offenen Erdgeschosses und der teils aufgeständerten Bauweise als fortschrittlich. Der fünfgeschossige Riegel wird längs auf beiden Seiten von zehn Glaspavillons gesäumt, welche circa zehn Meter in den Straßenraum ragen. Nach und nach standen alle leer, was dazu führte, dass im Laufe der Jahre vier abgerissen wurden. Die übrigen sechs werden nun jeweils von einem documenta-Künstler bespielt. Sie zeigen, wie unterschiedlich mit einem transparentem Raum umgegangen werden kann.
Zum Teil kann man die Pavillons nicht betreten, sie sind nur als Schaukästen zu verstehen; andere Künstler verhindern die Einblicke ins Innere. Über Performance und Klanginstallationen wird versucht, die Zwischenräumen der Glasbauten zu beleben und einen Dialog zwischen documenta-Besuchern, Passanten, Migranten und Künstlern anzuregen.
Die Gottschalk-Halle
Die Gottschalk-Halle ist eine der letzten übriggebliebenen Hallen der Gottschalk & Co. Zelt- und Tuchweberei, die Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Produktionsstandort im Norden der Stadt hatte. In den 1950er Jahren gebaut, diente die sechzig Meter tiefe und fünfzehn Meter breite Halle als Versandhalle, später als Lagerraum für die Universität Kassel. Die Industriehalle wird nach der documenta der Campuserweiterung der Uni zum Opfer fallen. Diese Situation – die voranschreitende Erweiterung und die damit einhergehenden Gentrifizierung der Nordstadt – nehmen die darin ausstellenden Künstler zum Teil auf. Die Halle ist im Raum-im-Raum-Prinzip aufgebaut, und der Besucher kann sich in kleineren Einbauten mit den Arbeiten zu Themen wie Migration und Emigration beschäftigen.
Das Gießhaus
„Von Athen lernen…“ Der Titel der documenta 14 wird an dieser Stelle wörtlich genommen. Das Gießhaus ist neben der Kunsthochschule Kassel der einzige documenta-Standort, an dem man tatsächlich lernt und eine höhere Bildung erhalten kann. Er dient der Universität Kassel als Veranstaltungssaal. Das Universitätsgelände liegt am Holländischen Platz der Hauptpost gegenüber.
Das Gießhaus entstand während der Frühindustrialisierung Kassels und ist eines der letzten existierenden Bauten aus dieser Zeit. Mitte des 19. Jahrhunderts war der Zentralbau Mittelpunkt der Firma Henschel & Sohn die zunächst Dampfmaschinen baute, später Dampflokomotiven und schließlich zum wesentlichen Rüstungsproduzenten im zweiten Weltkrieg wurde. Der runde Bau hat einen Innendurchmesser von sechzehn Metern. Die Backstein-Kup­pel kommt in dem für die documenta abgedunkelten Raum besonders zur Geltung. Gezeigt wird die Video- und Klanginstallation von Angela ­Melitopoulos, die über vier Projektionen den Besucher über die Zustände im Flüchtlingslager Lavrio aufklärt – man lernt tatsächlich etwas über Athen.
Das Ballhaus
Mitten im Bergpark Wilhelmshöhe, welcher seit 2013 UNESCO-Weltkulturerbe ist, steht nördlich vom Schloss Wilhelmshöhe das Ballhaus. Ein Standort, der sich durch seine idyllische und dezentrale Lage von allen anderen Veranstaltungsorten deutlich abhebt. Der klassizistische Bau ist das erste Werk von Leo von Klenze. Der Architekt ist das historische Bindeglied zwischen Kassel und Athen: In seiner Verantwortung lag die klassizistische Umgestaltung von Athen in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Das Innere des Ballhauses dominieren Kronleuchter und feine Wandmalereien. Ein pompöser Ort, dessen Interior zur documenta 14 um ein Meer aus übergroßen Kissen und eine Leinwand erweitert wird. Eine surreale Situation, wenn hier zwei mal täglich die Video-Arbeit der französischen Künstlerin Narimane Mari gezeigt wird, die sich mit dem Vermächnis des französischen ­Kolonialismus in Nordafrika beschäftigt.

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