Die Akustik der Räume
Klanghaus Toggenburg in den Schweizer Alpen
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Die Akustik der Räume
Klanghaus Toggenburg in den Schweizer Alpen
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Der Schweizer Kanton St. Gallen hatte sechs international bekannte Büros zu einem Wettbewerb eingeladen, der nach einem Ort zum Naturjodeln, Alpsegenrufen und Hackbrettspielen suchte. Obwohl zunächst nur Strategien aufgezeigt werden sollten, siegte das Projekt mit dem höchsten Ausarbeitungsgrad.
Toggenburg gilt als ein Zentrum der Schweizer Volksmusik. In der Talgegend zwischen den Bergpanoramen Säntis und Churfirsten hat der Musiker Peter Roth vor 17 Jahren Kurse ins Leben gerufen, die Formen der regionalen Musikkultur vermitteln: den Naturjodel zum Beispiel, den Alpsegen, der im Sommer über die Weiden erklingt, oder auch das Spiel auf dem Hackbrett, dessen Saiten mit Schlägeln oder Klöppeln aus Holz angeschlagen werden. Bisher trafen sich die Teilnehmer der „Klangwelt Toggenburg“ meist in der Stube des Hotels am Schwendisee, in einem kargen Bau aus den 70ern. Dieser soll nun einem Neubau weichen, der Musikern und Chören ausaller Welt für Tonaufnahmen, Proben und Experimente zur Verfügung steht und der Region mehr Besucher bringt. Mit der Planung hatte der zuständige Kanton St. Gallen im Frühjahr 2008 Peter Zumthor beauftragt. Schweizer Architekten jedoch protestierten wegen eines Verstoßes gegen das öffentliche Beschaffungswesen.
Anfang 2010 schrieb der Kanton daraufhin einen Wettbewerb aus, dessen Bezeichnung so neu klingt wie seine Form. Die Kammer musste zunächst sogar prüfen, ob die „Thesenkonkurrenz“ für das Klanghaus Toggenburg zugelassen werden kann. Ausschließlich eine entwerferische Strategie sollte auf maximal zehn A4-Seiten visualisiert und persönlich vorgetragen werden. Jetzt liegen die Beiträge der sechs Teilnehmer, die aus 90 Bewerbern ausgewähltworden waren, in einer sorgfältig beschriebenen Dokumentation vor. Sie zeigt, dass dieser Weg für die Aufgabe passend war. Die Thesenkonkurrenz fördert nicht nur Entwurfsansätze, die im Rausch der Bilder in Jurysitzungen häufig zu kurz kommen, sie gibt den Auftraggebern auch die Möglichkeit nachzufragen.
Die Teilnehmer reagierten unterschiedlich auf die im Ansatz zu klärende Beziehung zwischen Klangraum, architektonischem Raum und landschaftlichem Raum. Steven Holl stellt die These auf, dass sich Architektur von Musik dadurch unterscheidet, dass
sie eine Außenseite hat, und verlegt seinen Entwurf unter die Erde, um ihm eben jene Außenseite zu
entziehen – eine Verschwendung in dieser Gegend. Snøhetta wollen alle Tonsignale und deren Echos am Klanghaus registrieren und einen Formgenerator entwickeln, der die Datensumme in die Objektform übersetzt. SANAA schlagen scheinbar schwebende Segel vor, machen aber keine Aussagen zum Charakter der Räume. Caruso St. John heben die globale Geistesverwandtschaft lokaler Kulturen hervor und illustrieren dies mit einer Umfriedungsmauer und einem steinernen Sockel, lassen aber offen, wie die Räume darin aussehen. Miller & Maranta legen eine breite Recherche vor, in der es vor allem um Schnittmengen bei der Betrachtung von Musiker und Architekt geht, die jedoch als These nicht fassbar wird.
sie eine Außenseite hat, und verlegt seinen Entwurf unter die Erde, um ihm eben jene Außenseite zu
entziehen – eine Verschwendung in dieser Gegend. Snøhetta wollen alle Tonsignale und deren Echos am Klanghaus registrieren und einen Formgenerator entwickeln, der die Datensumme in die Objektform übersetzt. SANAA schlagen scheinbar schwebende Segel vor, machen aber keine Aussagen zum Charakter der Räume. Caruso St. John heben die globale Geistesverwandtschaft lokaler Kulturen hervor und illustrieren dies mit einer Umfriedungsmauer und einem steinernen Sockel, lassen aber offen, wie die Räume darin aussehen. Miller & Maranta legen eine breite Recherche vor, in der es vor allem um Schnittmengen bei der Betrachtung von Musiker und Architekt geht, die jedoch als These nicht fassbar wird.
Meili und Peter hatten ihren Entwurf vergleichsweise ausführlich mit Plänen und Modellen ausgearbeitet und insgesamt neun statt einer These aufgestellt. Darin schreiben sie unter anderem: „Können wir uns all dies als konkretes Projekt vorstellen? Die Skizzen sind ein gedankliches Diagramm. Der Plan ist nicht mehr als eine Formel für die Untersuchung: für das Klanghaus in der Landschaft und für die Eigenschaften der Räume. Eine spätere Architektur könnte auch ganz anders aussehen.“ Die Balance zwischen offen und konkret, die die Architekten gefunden haben, hat die Jury (u.a. Philipp Esch, Christophe Girot, Ákos Moranvansky, alle von der ETH Zürich) offenbar überzeugt. Sie empfahl den Vorschlag zur Weiterentwicklung.
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