Bauwelt

Maßstabssprünge

Claus Bury im Neuen Museum in Nürnberg

Text: Habermann, Karl J., München

Maßstabssprünge

Claus Bury im Neuen Museum in Nürnberg

Text: Habermann, Karl J., München

Eine veritable hölzerne Großstruktur mit der Bezeichnung Raststätte Nürnberg empfängt den Besucher auf dem Vorplatz des Museums. Erstmals nutzt das Neue Museum in Nürnberger den Klarissenplatz als erweiterte Ausstellungsfläche. Raststätte Nürnberg ist begehbar und übernimmt gleichsam die Aufgabe eines Plakates.
Claus Bury hat sich durch seine monumentalen Skulpturen im städtischen Raum ebenso wie im landschaftlichen Umfeld längst einen Namen gemacht und wird nun in Nürnberg zum ersten Mal in allen Facetten seiner künstlerischen Arbeit vorgestellt. Der Ausstellungstitel „Maßstabssprünge“ deutet verschiedene Wechsel von räumlichen Beziehungen innerhalb des Œuvres des Frankfurter Künstlers an – vom Innenraum zum Außenraum, von der Fläche zum Körper und schließlich vom kleinen Objekt zur Großskulptur. Wie ist es nun den Kuratoren gelungen die Maßstabssprünge in einem einzigen großen Raumüberzeugend darzustellen?
Der 1949 geborenen Bury begann seine Laufbahn als Goldschmied und etablierte sich während der frühen 70er Jahre in der noch jungen Autorenschmuck-Szene. Anfänglich experimentierte er mit ungewohnten Materialien wie farbigem Acrylglas und farbigen Metall-Legierungen. Einer mit Preziosen chronologisch von 1965 bis 1978 geordneten, sorgfältig bestückten langen Vitrine sind an der Wand begleitende Skizzen und Entwurfszeichnun-
gen zugeordnet. Ringe, Broschen, Halsschmuck aber
auch mittelformatigen Metallreliefs spiegeln die künst­l­erische Entwicklung wider. Der Maßstabssprung zu architektonischen Strukturen wird geschickt über Eck entlang der folgenden Wand der Ausstellungshalle absolviert. Auf einem durchlaufen-
den Podest stehen die Entwurfsmodelle von Burys Großobjekten: Bodenreliefs, eine Treppenskulptur, zahlreiche Brückenmodelle und Vorlagen zu allerlei räumlichen Interventionen, schließlich eine Hochhauslandschaft, die Bury aus 30 Einzelelementen unterschiedlichster Holzarten zusammengesetzt hat.
Die Mitte des Ausstellungsraums wird beherrscht durch das Gewächshaus für Gedanken, eine 10 x 8 x 5 Metern große Installation aus dem Jahre 2005, die begeh- und bespielbar ist. Eine dritte Wand wurde mit Fotografien sogenannter Bauernarchitekturen bestückt. Claus Bury „sammelt“ seit 1984 temporäre Gebilde aus Heu- und Strohballen, wie sie eigentlich jedermann auf dem Lande wahrnehmen könnte, wenn er nur aufmerksam genug hinschauen würde; Burys künstlerisch trainiertes Auge erschließt eine vielfältige Typologie solcher vergänglichen Architekturen.
In seiner breiten künstlerischen Ausrichtung vom Schmuckstück über Zeichnung und Fotografie bis zum architektonischen Großobjekt ist Claus Bury, der das Zusammenspiel beider Disziplinen in einerPerson vereinigt, ein Idealfall das Neuen Museum, das sich als Ausstellungshaus für Kunst und Design begreift.
Fakten
Architekten Bury, Claus, Frankfurt a. M.
aus Bauwelt 14.2010

0 Kommentare


loading
x
loading

10.2024

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.