Bauwelt

Das Lange Haus in Karpfsee


Florian Nagler hat nahe Bad Heilbrunn im Voralpenland einen Ort der Begegnung mit Kunst und Natur für die Stiftung Nantesbuch geschaffen. Im Vordergrund stand die Einbindung der neu gestalteten Hofstelle in den landschaftlichen und topografischen Kontext.


Text: Aicher, Florian, Leutkirch


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    Die Hofstelle liegt auf einer Geländekuppe im oberbayerischen Voralpenland und ist von Weitem zu sehen. Das Lange Haus dient als Veranstaltungs- und Gästehaus sowie als Landwirtschaftlicher Betrieb.
    Foto: PK Odessa Co.

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    Die Hofstelle liegt auf einer Geländekuppe im oberbayerischen Voralpenland und ist von Weitem zu sehen. Das Lange Haus dient als Veranstaltungs- und Gästehaus sowie als Landwirtschaftlicher Betrieb.

    Foto: PK Odessa Co.

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    Die Ostseite des 130 m langen Gebäudes öffnet sich zu einem neuen Freibereich, der sich durch die Verlegung der Straße ergab. Hinter den großen Toren liegt die Eingangshalle.
    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Die Ostseite des 130 m langen Gebäudes öffnet sich zu einem neuen Freibereich, der sich durch die Verlegung der Straße ergab. Hinter den großen Toren liegt die Eingangshalle.

    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Nördliche Stirnseite des Langen Hauses mit Nebeneingang.
    Foto: PK Odessa Co.

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    Nördliche Stirnseite des Langen Hauses mit Nebeneingang.

    Foto: PK Odessa Co.

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    Der Gebäudeteil für die Veranstaltungen der Stiftung wurde als Holzkonstruktion aufgesetzt und mit Deckleisten verkleidet. Unten die Fenster der Gästezimmer.
    Foto: PK Odessa Co

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    Der Gebäudeteil für die Veranstaltungen der Stiftung wurde als Holzkonstruktion aufgesetzt und mit Deckleisten verkleidet. Unten die Fenster der Gästezimmer.

    Foto: PK Odessa Co

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    Der große Bergeraum im Obergeschoss.
    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Der große Bergeraum im Obergeschoss.

    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Am an­deren Ende des Gebäudes liegt der Veranstaltungsraum.
    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Am an­deren Ende des Gebäudes liegt der Veranstaltungsraum.

    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Die zentrale Eingangshalle verbindet die beiden Altbauten zum Langen Haus ...
    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Die zentrale Eingangshalle verbindet die beiden Altbauten zum Langen Haus ...

    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    ... und öffnet sich mit gro­ßen Toren zur Landschaft.
    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    ... und öffnet sich mit gro­ßen Toren zur Landschaft.

    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Der Gebäudeteil für die Seminare auf zwei Geschossen ...
    Foto: PK Odessa Co.

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    Der Gebäudeteil für die Seminare auf zwei Geschossen ...

    Foto: PK Odessa Co.

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    ... mit zentraler Treppe.
    Foto: PK Odessa Co.

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    ... mit zentraler Treppe.

    Foto: PK Odessa Co.

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    Am 9 m langen Esstisch aus massiver Esche haben alle Gäste Platz.
    Foto: PK Odessa Co.

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    Am 9 m langen Esstisch aus massiver Esche haben alle Gäste Platz.

    Foto: PK Odessa Co.

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    Die Gästezimmer vom Langen Haus im Erdgeschoss. Sie wurden mit Einbau­möbeln und Wandverkleidung aus Esche gestaltet.
    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Die Gästezimmer vom Langen Haus im Erdgeschoss. Sie wurden mit Einbau­möbeln und Wandverkleidung aus Esche gestaltet.

    Foto: Stefan Müller-Naumann, SNB

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    Aufenthaltsraum für die Seminargäste im Obergeschoss mit einem Fenster in die zentrale Eingangs­halle.
    Foto: PK Odessa Co.

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    Aufenthaltsraum für die Seminargäste im Obergeschoss mit einem Fenster in die zentrale Eingangs­halle.

    Foto: PK Odessa Co.

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    Vorbereich zum Semi­nartrakt im Erdgeschoss, der in das bestehende Gebäude eingebaut wurde.
    Foto: PK Odessa Co.

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    Vorbereich zum Semi­nartrakt im Erdgeschoss, der in das bestehende Gebäude eingebaut wurde.

    Foto: PK Odessa Co.

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    Blick in die großen Stall des landwirtschaft­lichen Betriebs, der einen wichtigen Teil des Gesamtkonzepts darstellt.
    Foto: PK Odessa Co.

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    Blick in die großen Stall des landwirtschaft­lichen Betriebs, der einen wichtigen Teil des Gesamtkonzepts darstellt.

    Foto: PK Odessa Co.

Wenn’s so wird, braucht man sich über die Zukunft der Landschaft wenigstens keine Sorgen machen. Es ist einer dieser heißen Nachmittage des Schon-Wieder-Rekord-Sommers, auf der Fahrt durchs oberbayerische Voralpenland auf schmalem asphaltierten Weg, hügeliges Auf und Ab, begleitet von sehr alten Laubbäumen, die Maisfelder weichen Weiden, im Hintergrund Wälder und Moore, nicht allzu fern die Benediktenwand, kein Mensch, kein Vieh – da taucht er auf, fast eine Fata Morgana: der Hügel mit diesem Haus von 130 Meter Länge, noch um eine Reihe mächtiger Eschen verlängert, die Hofstelle Karpfsee der Stiftung Nantesbuch.
Die Stiftung, 2012 von Sabine Klatten gegründet, hat sich die Vermittlung von Kunst und Na­-tur in direktem Kontakt zum Ziel genommen, dazu ein Areal von 320 Hektar Land mit zwei Hofstellen von der Stadt München erworben. Die Bewirtschaftung von Wald und Feld gehört zur integrierten Beschäftigung mit Kunst und Natur bei Literatur- und Musikfesten, Ausstellungen, Lesungen, interdisziplinären Erkundungen und Kindertagen. Ruhe und Nähe zum Gegenstand bei diesen Begegnungen erwecken eine fast klösterliche Atmosphäre.
Fast – denn das Haus, in dem die unterschiedlichen Aktivitäten zusammenfinden, ist ein Hymnus an bäuerliches Tun. Es ist die Überhöhung der Ökonomiegebäude, wie sie zur Blütezeit bäuerlichen Wirtschaftens vor rund 150 Jahren im Voralpenland entstanden – große Wirtschaftsbauten mit gemauerten Ställen und Remisen im Erdgeschoss und gewaltige Bergeräume darüber als ingeniöse Holzkonstruktion. Das neue Haus, das „Lange Haus“, knüpft daran an – tatsächlich, indem es zwei solche, auf Abstand gestellte Bauten zu einem Neuen verbindet und metaphorisch, indem es die solchen Bauten eigene sach­liche Direktheit und Schönheit des Gebrauchs weiterentwickelt.
Zu einem solchen Ort konnte die Anlage erst werden, nachdem die öffentliche Straße aus der Hofstelle herausgelegt wurde. Nun bildet das Lange Haus mit zwei kleineren Verwalterhäusern und einem einfachen Wasserturm ansatzweise einen Hof, der durch einen Waldsaum geschlossen wird. Eine etwas abseits gelegene Energiezentrale komplettiert die gesamte Anlage.
Von den beiden Vorgängerbauten konnte das Erdgeschoss erhalten werden, dazwischen wur­de neu gebaut, Obergeschoss und Dach sind eine neue Holzkonstruktion von durchgehend gleicher Bauart und Querschnitt. Auch das mit roten Ziegeln gedeckte Dach mit mäßigem Dachüberstand zieht sich ohne Unterbrechung auf die gesamte Länge dahin. Knapp unter dem Dachvorsprung setzen zwei mächtige Vordächer an. Hofseitig entsteht so ein gedeckter, vormals Arbeits-, jetzt öffentlicher Raum; rückwärtig eine Ruhezone mit Blick weit ins Voralpenland hinaus.
„Dinge von Qualität und Charakter zu erhalten und nur dort einzugreifen, wo dies aus funktionalen, konstruktiven und räumlichen Gründen notwendig ist, war Leitidee unseres Entwurfs“, erläutert Florian Nagler. Dieses Erhalten ist nicht nur rein materiell zu verstehen – das Wort Charakter deutet es an. Seinen Vorgängern folgend gliedert sich das Lange Haus in drei Teile: Auf der einen Seite sind Land- und Forstwirtschaft untergebracht; auf der anderen Seite befinden sich die Räume für Seminar und Gastbetrieb inkl. Gästezimmer; in der Mitte liegt – einer bäuerlichen Tenne gleich – die Eingangshalle.
Auch konstruktiv bleibt man dem Vorbild treu: gemauertes Erdgeschoss, gezimmerter Dachstuhl – in Anlehnung an den Vorgänger ein liegender Stuhl als Zangenkonstruktion mit Füllung der Zwischenräume nach statischer Erfordernis. Eine reine Vollholzkonstruktion, 15 Meter stützenfrei überspannt – optimiert durch Ingenieure, die den Holzbau leben. Alle 4,2 Meter solch ein einfacher, klarer und robuster Bund aus sägerauer Fichte – und das über 130 Meter und so ausgelegt, dass sogar der Heukran mit seinen dynamischen Kräften mitgetragen wird. Die Struktur bleibt durchgehend sichtbar, der Dachaufbau verschwindet zwischen den Pfetten. Diese Struktur gibt die Raumgliederung vor. Es gibt die raumhaltigen Räume wie den Empfang, von Außenwand zu Außenwand durchgehende Räume wie den Vortragssaal, einen mittigen Flur zwischen den Gästezimmern, einen durchgehenden Speisesaal mit einläufigen Treppe unter dem First zu einer eingehängten Empore. Räume, die sich selbstredend erschließen.
Das Obergeschoss wird durch die kräftigen Deckleisten der Brett-Deckel-Verkleidung zusammengefasst. Wo Belichtung erforderlich ist, entfallen die Bretter. So sind die Veranstaltungsräume reichlich, jedoch durch Holzlatten gedämpft, belichtet ggf. ergänzt durch Dachflächenfenster. Das Erdgeschoss dagegen hat eine Lochfassade mit hochstehenden Fenstern der Gästezimmer, kleine Stallfenster im Wirtschafts­teil und Fenstertüren im Speisesaal – das reicht. Lediglich im Mittelteil wird die gemauerte Wand für eine Reihe großer Tore unterbrochen.
Entsprechend naheliegend ist der Innenausbau. Unbehandeltes Holz, der Kalk des Putzes oder der Schlämme, geglätteter Beton, im Obergeschoss Böden aus sägerauen Weißtanne-Dielen. Dazu gelegentlich „Möbel“ aus unbehandeltem Stahl wie ein Ofen oder Treppenlauf. Lediglich die Gästezimmer wurden mit Einbaumöbeln und Wandverkleidung bis Fensterbrüstung aus Esche nobilitiert. Eine Besonderheit ist die Küche, raumhaltig mit schwarzem Betonspachtel versehen.
Aus diesem Geist sind auch Möbel für dieses Haus gefertigt worden – etwa ein 9 Meter lan­ger Esstisch aus massiver Esche, an dem alle Gäste des Hauses Platz haben. Der kommt, wie wei­tere Tische, Garderobenmöbel, Zimmereinrichtungen, vor allem aber die Stühle aus einer namhaften Tischlerei im Bregenzerwald, die seit Jahrzehnten konsequent nur Massivholzmöbel fertigt. Hier ist es ein bäuerlicher Brettstuhl als Redesign im Geiste der Tiroler Moderne mit innovativen Details materialgerechter Fügung.
Es ist eine besondere Qualität dieses bäuerlichen Bauens, dass es rigorose Strenge und praktische Robustheit mit einer gewissen Lässigkeit verbindet. Geradlinige Flächen, rhythmisiert durch die Arbeit der Lastabtragung. „Prinzipiell wollten wir das Tragwerk wirken lassen, in großen wie kleinen Räumen; es sollte immer spürbar sein – einfach und kräftig, handfest und rau. Richtige Raumproportionen, Linearität und Repetition des Holzbaus ergeben dann eine eigene Zierde, die zusätzlicher Verfeinerung kaum bedarf“, führt Florian Nagler aus.
Man könnte fortfahren: nachwachsende Rohstoffe, CO2-Einsparung, Regenerative Energieversorgung mit Pellets und Holzgas BHKW, regio­nale Baustoffe, Belebung regionaler Bautradi­tion als selbstverständlicher Beitrag zur Baukultur. Man kann’s aber auch einfach dabei bewenden lassen: Architektur, die aus der Entfaltung ihres Potenzials Sinn und Schönheit gewinnt.



Fakten
Architekten Florian Nagler Architekten, München
Adresse Karpfsee 12, 83670 Bad Heilbrunn


aus Bauwelt 20.2017
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