Bauwelt

Winfried Nerdinger antwortet

"Denkmalpflege statt Attrappenkunst": Zur Besprechung von Benedikt Hotze in Bauwelt 10/2011

Winfried Nerdinger antwortet

"Denkmalpflege statt Attrappenkunst": Zur Besprechung von Benedikt Hotze in Bauwelt 10/2011

Benedikt Hotze nutzt eine Besprechung des Bandes „Denkmalpflege statt Attrappenkult“, um auf zwei Dritteln des Textes eine Kontroverse auszubreiten, die sich um den dort im Anhang beigefügten Abdruck einer Rezension unserer Ausstellung „Geschichte der Rekonstruktion – Konstruktion der Geschichte“ von Michael Falser entwickelte. Die von Hotze angeführten Äußerungen sind aus dem Zusammenhang gerissene aneinander gereihte Reaktionen von mir auf diese Rezension, ohne dass ein einziges Mal die Gründe für meine Aussagen einbezogen werden. Wenn ich schreibe, dass Herr Falser lügt, dann bezieht sich das darauf, dass er nachweislich (!) meine Rede zur Eröffnung der Ausstellung inhaltlich völlig falsch darstellt, um dann persönlich diffamierende Schlussfolgerungen zu konstruieren. Wenn ich schreibe, dass Herr Falser verfälscht, dann bezieht sich das darauf, dass er etwas als Zitat von mir vorstellt, das nachweislich so nie gesagt wurde etc.
Michael Falser schreibt u.a., die ganze Ausstellung sei eine gezielte „Mythenbildung“ meinerseits gewesen, es handle sich „um den augenscheinlichen Versuch ... bewusst ... Unklarheit zu stiften“, „mit dem geschickt verpackten Ziel“, dem „ahnungslosen Besucher“ „eine bestimmte Meinung zu oktroyieren“. Eine „angeblich neutrale, um Differenzierung bemühte Position“ werde nur „suggeriert“, „Mythenbildung nicht Aufklärung steht im Mittelpunkt“. Damit werden mir als Direktor eines staatlichen Museums bewusste (!) Irreführung der Öffentlichkeit, Manipulation und wissenschaftliche Unredlichkeit, absichtlicher Betrug sowie Missbrauch einer „öffentlich geförderten Bildungsinstitution“ unterstellt. Hier geht es nicht um eine inhaltliche, „etwas grobe“ (Hotze) Kritik, sondern dies erfüllt eindeutig den Sachverhalt einer ehrverletzenden Verleumdung. Darauf habe ich den Mitherausgeber Adrian von Buttlar, der den Abdruck mit veranlasst hat, in einem privaten Mail hingewiesen und ihm mitgeteilt, dass ich dies prüfen lassen und „gegebenenfalls“ juristisch verfolgen werde. Hotze konstruiert daraus, ich würde versuchen, „jede Kritik ... mit Klageandrohungen aus der Welt zu schaffen“. Da mir der sofortige Schutz des Architekturmuseums in der Öffentlichkeit vorrangig erschien, habe ich keinerlei weiteren Schritte unternommen, dafür aber meine Antwort auf die Verleumdungen zusammen mit dem Abdruck meiner Rede zur Ausstellungseröffnung auf die Website des Architekturmuseums gesetzt, damit sich jeder Leser selbst von der Unwahrheit der Behauptungen Michael Falsers überzeugen kann.
Daraufhin hat Herr Buttlar in einem Schreiben an den Präsidenten der TU München diesen aufgefordert, eine Rücknahme meiner Darstellung anzuordnen. Der Brief, den Buttlar an weitere Kollegen in seiner Funktion als Dekan als offizielles Amtschreiben der TU Berlin verbreitete – dies ist Amtsmissbrauch –, besteht weitgehend aus einer ähnlichen Zitatmontage wie sie Herr Hotze in der Bauwelt verbreitet. Nach einer juristischen Prüfung sämtlicher Vorgänge durch die Rechtsabteilung der TU München bestätigte sich meine Darstellung vollinhaltlich, es wurde bedauert, dass keine einstweilige Verfügung sofort beantragt worden war, und die Hochschulleitung teilte Hern Buttlar mit, dass sie keinerlei Handlungsbedarf sehe. Der klärende Text auf der Website blieb deshalb aus Gründen eines Schutzes des Architekturmuseums gegen die falschen Anschuldigungen und einer Richtigstellung der berufsschädigenden Äußerungen bis heute unverändert.
Unter Bezugnahme auf Falser schreibt Benedikt Hotze in einer plakativ herausgestellten Überschrift: „Nerdinger möchte Rekonstruktionen rehabilitieren. Und dabei nimmt er es mit den Begriffen nicht immer so genau.“ Das eine ist eine Unterstellung, das andere inhaltlich falsch. Die Begriffe Rekonstruktion, Wiederherstellung, Wiederaufbau, Restaurierung etc. werden in der Umgangssprache, in Presseberichten wie auch wissenschaftlichen Veröffentlichungen weitgehend synonym oder zumindest mit fließenden Übergängen verwendet, dies ist jederzeit umfassend belegbar. Versuche vor einigen Jahrzehnten Rekonstruktion gegenüber Wiederherstellung definitorisch streng abzugrenzen, haben sich nicht einmal in deutschen Fachkreisen durchgesetzt, selbst in Publikationen von einem der Herausgeber des rezensierten Bauwelt-Bandes werden die Begriffe synonym verwendet. Da jeder Fall in der Praxis anders gelagert ist, haben viele praktizierende Denkmalpfleger keinerlei Probleme mit einer breiteren Verwendung des Begriffs Rekonstruktion. Für sie alle gilt, was der Wiener Generalkonservator, Ernst Bacher, in der von Buttlar und Falser mitherausgegebenen Anthologie schreibt, dass nämlich „Rekonstruktion nicht nur die totale Wiederherstellung meint, sondern auch die partielle in ganz verschiedenem Umfang“, und dass sie deshalb nie „klar und eindeutig abgrenzbar ist, sondern vielfach aus einer Stufenleiter unterschiedlicher Eingriffe besteht“.
Beim Eintritt in die Ausstellung wurde jedem Besucher die von mir in der Präsentation verwendete Begrifflichkeit in einer Einführung und einem Glossar mitgeteilt. Außerdem wurde jedes vorgestellte Objekt im unzerstörten, zerstörten (soweit dazu Abbildungen vorhanden waren) und im rekonstruierten Zustand gezeigt. Jeder Besucher wusste somit genau, was gemeint war und jeder konnte sich aus den Vergleichen selbst ein Bild machen, was und wie im Laufe der Geschichte rekonstruiert wurde. Niemand wurde getäuscht, was gezeigt wurde, war vorab und allgemein verständlich definiert, wer eine andere Definition vertrat, konnte entsprechend relativieren.
Benedikt Hotze hat bereits in einem Beitrag für Baunetz, in dem nicht einmal die Veranstalter richtig genannt waren, unsere Ausstellung wegen der angeblich falschen Begrifflichkeit massiv kritisiert. Nun stellt er die Falser-Rezension als „spannend“ und „notwendig“ vor, obwohl ihm bekannt ist, dass sie auf nachweislichen Verleumdungen basiert. Die Bauwelt-Leser werden deshalb auf die Gegendarstellung auf der Website des Architekturmuseums hingewiesen, damit sie sich selbst ein Bild machen können.


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