Bauwelt

Wer rettet die Kunst am Bau?

Ein Symposium in Düsseldorf suchte Antworten

Text: Winterhager, Uta, Bonn

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Foto: Jens Willebrand

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Wer rettet die Kunst am Bau?

Ein Symposium in Düsseldorf suchte Antworten

Text: Winterhager, Uta, Bonn

Der Bundestag beschloss 1950, bei öffentlichen Neubauten einen bestimmten Prozentsatz der Bausumme für Kunst vorzuschreiben. Mit dieser Form der staat­lichen Kunstförderung sollten Aufträge generiert werden, um Künstlern eine Existenz im Deutschland der Nachkriegszeit zu ermöglichen.
Diese Baukunstquote, die zwischen 0,4 und 2 Prozent der Bausumme lag, wurde von den meisten Bundesländern übernommen. Doch 2001, mit der Gründung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) NRW, wurde die Prozentregelung für Nordrhein-Westfalen auf­gehoben und die Kunst am Bau mit einer dem jeweiligen Haushalt angepassten Summe gedeckelt.
Auch in diesem Jahr wurde der Betrag für Kunst am Bau im Landeshaushalt NRW weiter gekürzt. Er entspricht inzwischen einer Quote im Promillebereich: 400.000 Euro. Lohnt es sich, darüber noch zu sprechen – über Auslobungen und Wettbewerbe, Künstler, Architekten und Bauherren, über Kunstwerke, ihre Bedeutung und Vermittlung? Fast könnte man meinen, die Sache hätte sich mit der Sparpolitik des Landes erledigt. Doch noch in diesem Jahr soll ein Kulturfördergesetz verabschiedet werden, das auch die Rahmenbedingungen für die Kunst am Bau neu definiert.
Mit der Frage „Ohne Kunst kein Bau?“ luden das Museum für Architektur und Ingenieurkunst M:AI und die Architektenkammer NRW, in Kooperation mit dem Bundesverband Bildender Künstler NRW, Ende Januar Architekten, Künstler, Politiker, Bauherren und Kuratoren zu einem eintägigen Symposium. Der Zeitpunkt für die Veranstaltung war so gewählt, dass konkrete Ergebnisse und Forderungen dieses Tages, so Kultusministerin Ute Schäfer in ihrem Grußwort, durchaus Einfluss auf die dialogorientierte Kulturpolitik nehmen könnten.
Mit der Frage: „Ist die Kunst am Bau ein Klotz am Bein?“, eröffnete der Autor Martin Seidel seinen Vortrag, in dem er von der Höhlenmalerei bis zu den Palmen auf der Terrasse des BND alle Erscheinungsformen und Betrachtungsweisen des Themas ansprach. Nur aus der Fülle und Vielfalt von gelungenen – und auch misslungenen – Ansätzen erziele man, so sein Fazit, die besten Ergebnisse. Dafür biete die Kunst am Bau, in fast all ihren Spielarten und Erscheinungsformen, reichlich Beispiele.
Die erste Podiumsdiskussion setzte sich mit den aktuellen baupolitischen Zielen und Instrumentarien auseinander. Hartmut Miksch nahm darin den Staat in die Pflicht, die Kunst am Bau zu fördern, weil die Menschen ein Anrecht auf Kunst hätten, sie mache das Leben lebenswerter. Widersprochen hat ihm in diesem Punkt niemand, nur verlagerte sich die Argumentation bald auf die Wertsteigerung der Immobilien durch Kunst. Dass so oder so Werte geschaffen werden, darüber herrschte Einigkeit. Eine Zwangs- quote stellten insbesondere die Künstler als geeignetes Mittel in Frage.
Auf großes Interesse stießen die Erfahrungsberichte der Künstlerin Dagmar Schmidt, die ihr Projekt „Grabungsstaedte“ in Halle vorstellte, und der Architektin Dörte Gatermann, die sich vom Titel der Veranstaltung distanzierte und ihre eigene These formulierte: „Mit Kunst mehr Bau“. Anhand von sieben Projekten des Büros Gatermann + Schossig erläuterte sie, wie sie als Architektin in die Rolle der Kuratorin geschlüpft ist, um privaten Bauherren und Nutzern trotz begrenzten Budgets und anfänglich großer Widerstände zu vermitteln, warum Kunst mehr aus ihrem Gebäude macht. Das Modell Gatermann wurde so zum Synonym für ein, um freiwillige und aufwändige Leistung erweitertes, Aufgabenfeld der Architekten. In der nachfolgenden Podiumsdiskussion wurde die Kunst am Bau zum Imagefaktor, zum Wirtschaftsfaktor und zu einem lebensnotwendigen Luxus erklärt, der jedem zukommen solle. Grundlage sollte, so schloss Gatermann, das Bewusstsein dafür sein, dass Kunst am Bau ein Wert sei – und zwar nicht nur ein materieller Wert.
In der letzten Diskussionsrunde wurde schließlich thematisiert, ob Kunst überhaupt zur Wertstei­gerung von Immobilen eingesetzt werden dürfe. Dafür spräche, dass bei der Zertifizierung von Gebäuden inzwischen 25 Prozent sozio-kulturelle Faktoren berechnet werden. Die Kunst gebe vielen Immobilen, egal ob öffentlich oder privat, eine Überlebenschance, argumentierte Heiner Maria Sommer vom BLB NRW. Auch der Künstler Markus Ambach rief dazu auf, Auftragskunst nicht generell negativ zu sehen, die Kunst tue etwas für den Menschen, während die Architektur sich um den gebauten Raum kümmere.
Auch auf diese Äußerung gab es keine Wortmeldung von den Architekten im Publikum – im Gegensatz zu den Künstlern, die wortreich und kon­trovers ihre Rolle im Planungsprozess diskutierten. Vielleicht rechneten die Architekten auch schon, wie viel mehr Arbeit, mehr Diskussionen, mehr Meinungen, mehr Konfrontation, aber auch Demut das Modell Gatermann sie kosten wird, die Baukultur zu beflügeln. Denn wenn vom Land zusehends weniger zu erwarten ist, ist es an ihnen, die Kunst wieder zum integralen Bestandteil der Architektur zu machen. Nicht alleine, sondern mit den Künstlern, die ihre Angst vor Gebrauchskunst überwinden müssen und mit den Bauherren, die – wenn sie mit Ästhetik und Inhalten nicht zu ködern sind – sich einer möglichen Wertsteigerung kaum entziehen werden.

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