Bauwelt

Stuttgart im Bild

Architekturfotos in der Weißenhofgalerie und bei f75

Text: Baus, Ursula, Stuttgart

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Wolfram Janzer, eines von vier Motiven aus: Blick vom Tagblatt-Turm, 60 x 80 cm, 2011
Foto: Wolfram Janzer

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Wolfram Janzer, eines von vier Motiven aus: Blick vom Tagblatt-Turm, 60 x 80 cm, 2011

Foto: Wolfram Janzer


Stuttgart im Bild

Architekturfotos in der Weißenhofgalerie und bei f75

Text: Baus, Ursula, Stuttgart

Das gab es noch nicht: Immerhin zwei von geschätzt sechs oder sieben oder – rechnet man die drei Architektur-Hochschulen dazu – noch mehr baukultur­relevanten Initiativen und Einrichtungen in Stuttgart ­kooperieren.
Die Idee, ausgewiesene Architekturfotografen einen Blick auf „ihre Stadt“ werfen zu lassen und dies dann kollektiv zu zeigen, trieben die Weißenhofgalerie und die Architekturfotogalerie f75 voran und eröffneten ihre Ausstellungen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Stuttgart, die Architekten-Stadt? Es ist bitter, aber wahr: Stuttgart ist gegenwärtig eine Architekturfotografenstadt, ambitionierte Architekten hingegen – Ausnahmen bestätigen die Regel – haben hier selten eine Chance gegen die mediokre bis lausige Investorenarchitektur.
Die Architekturfotogalerie f75 zeigt Fotografien von Jürgen Pollak, der das nächtliche Stuttgart porträtiert (Bauwelt 25). Anja Dauschek, Leiterin des Stuttgarter Stadtmuseums, für das Lederer Ragnarsdottir und Oei derzeit einen Altbau umbauen, erkannte einleitend gleich das omnipräsente Thema: die Infrastruktur, die Verkehrsbauten. Sie sind es, die Stuttgart in der Nacht zur taghellen Geisterstadt machen. Ein fast sieben Meter langes Nachtbild der sogenannten „Kulturmeile“, die nichts anderes ist als die acht- bis zehnspurige Bundesstraße B14, offenbart das Planungselend der autogerechten Stadt in verfremdendem Kunstlicht – und nachts eben auch ohne Autos. Wird hier die Zukunft der Stadt antizipiert?
In der Weißenhofgalerie zog tags drauf Jo Bauer, derzeit die spitzeste Feder des Stuttgarter Feuilletons, wieder mal vom Leder. Am hiesigen Bauen ließ er kein gutes Haar und fand vor allem für den Auftakt auf dem Stuttgart-21-Gelände böse Worte: Was hier Europa-Viertel mit Mailänder oder Pariser Platz genannt wird, sei nichts anderes als ein „quartier crétin“. Und das bestätigen die Arbeiten der insgesamt zwölf Architekturfotografen, die in der Weißenhofgalerie vertreten sind, eindrucksvoll.
Unter „Liebe Deine Stadt“, jenes schöne Motto, in dem Köln sich seiner Nachkriegsmoderne annähert, kann man die Fotos nur teilweise betrachten. Wo sie etwa den Wohnblock Hannibal (Victor S. Brigola), die Abrisse am Karlsplatz (Wilfried Dechau), die Industriearchitektur (Zooey Braun) oder auch das überquellende, städtische Grün (Peter Granser) zeigen, ist die Bilderschau eine Anerkennung hochwertigen Bestands vor allem der Nachkriegsmoderne. Dieser Bestand prägt Stuttgart, wobei man allmählich einschränken muss: prägte. Andere Fotoarbeiten – und das sind die meisten – sind Ohrfeigen für die Stadtpolitik. Etwa jene, die die Banalität der innerstädtisch flächendeckenden Investorenarchitektur der letzten Jahre zeigen (David Franck), in denen die Dominanz des Verkehrs ins Auge springt (Wolfram Janzer, Jürgen Pollak) oder beim unerlässlichen Thema Stuttgart 21 (Andreas Menke). Zudem wird noch ein Blick auf Stuttgarter Hinterhöfe geworfen (Christina Kratzenberg).
Die Stuttgarter Architekturfotografenschaft ist indes heterogen. Ein „Starfotograf“ wie Roland Halbe kramte nichts anderes als Detailfotos anerkannter Hochglanzarchitektur heraus. Regelrechte Kunstwerke steuerte Michael Schnabel bei: Museumsräume im Dunkeln, Interieurs der Nacht. Im größten Foto (Brigida González) mit dem kleinsten Architekturgegenstand – dem HS-Schalter – darf man eine Huldigung an schwäbische Eigenheiten erkennen: Der klappbare Schlüsselhalter stellt sicher, dass der Strom im Keller von dem bezahlt wird, der ihn braucht. In Stuttgart erfunden, wo sonst.
Mitglieder des Stuttgarter Gemeinderats wurden bei den Eröffnungen nicht gesichtet, weder Baubürgermeister, Oberbürgermeister, Kulturbürgermeisterin noch Repräsentanten des Landes oder der Kammern. Darin liegt ein Teil des Problems: Die Prioritäten, die in den politischen Entscheidungsprozessen zum Bauen gesetzt werden, liegen bislang leider nicht im Kulturbereich.

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