Bauwelt

Schwarz-Weiß-Denken

Ryoji Ikeda im Hamburger Bahnhof in Berlin

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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Uwe Walter, © Ryoji Ikeda, courtesy Freunde Guter Musik Berlin, Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof

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Uwe Walter, © Ryoji Ikeda, courtesy Freunde Guter Musik Berlin, Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof

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Schwarz-Weiß-Denken

Ryoji Ikeda im Hamburger Bahnhof in Berlin

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Was wir nicht wissen, als wir den Hamburger Bahnhof betreten: Wir werden gleich eine folgenschwere Entscheidung treffen – bevor wir irgendetwas zu sehen oder zu hören bekommen.
Ryoji Ikedas Klang-Raum-Installation besteht aus einem schwarzen und einem weißen Raum, das haben wir im Vorfeld gelesen. Mit welchem also beginnen? Ohne viel nach­zudenken gehen wir nach rechts, die Treppe hinauf – und landen unvermutet in dem schwarzen Raum.

Ryoji Ikeda ist Komponist und bildender Künstler: ein digitaler Minimalist, der sein Material auf Sinuswellen, Soundimpulse, Lichtpixel und Zahlendaten reduziert hat. Der 1966 im japanischen Gifu Geborene lebt und arbeitet in Paris; die speziell für den Hamburger Bahnhof in Berlin entwickelte Installation „db“ (Abkürzung für Dezibel) ist seine erste Einzelausstellung in Deutschland. Aus nur einer handvoll Elementen besteht die Versuchsanordnung, mit der Ikeda eine erstaunliche Vielzahl elementarer räumlich-architektonischer Themen aufruft: Licht und Schatten, Hell und Dunkel, Begrenzung und Unendlichkeit, Temperaturempfinden, Geräuschkulisse. Die Spielorte des Künstlers sind die fast identischen Säle im Obergeschoss des West- bzw. Ostflügels – der eine vollständig weiß: Wände und Stützen weiß gestrichen, der Boden mit einer weißen Folie belegt, die Lichtdecke hell erleuchtet; der andere schwarz: Wände und Stützen schwarz gestrichen, der Boden geschwärzt, die Lichtdecke ausgeschaltet.

Die Lichtquelle im schwarzen Raum ist ein monströser Xenon-Scheinwerfer, der einen gebündelten Strahl reinweißen Lichts entlang der Saalachse abschießt. Nur der Staub in der Luft lässt ihn sichtbar werden. Er scheint in einem kreisrunden Loch in der Wand gegenüber zu verschwinden; tatsächlich trifft er hinter dieser Wand in einen weißen Raum. Das Licht strahlt derart kräftig zurück, dass man das Loch in der Wand für die eigentliche Lichtquelle halten könnte. Kreuzt ein Besucher den Strahl, reflektiert er das Licht: Ein Teil des Raums wird für einen kurzen Augenblick unglaublich hell. Läuft man selbst hindurch, kann man die enorme Wärme, die der Scheinwerfer produziert, auf dem Körper spüren. All das wirkt, obgleich im Grunde leicht verständlich, auf seltsame Weise geheimnisvoll.
 
Ganz anders der weiße Raum: Jeder Anflug eines Geheimnisses ist hier in gleißendes Licht gezerrt. Nach dem schwarzen wirkt der weiße Raum viel zu hell; das verursacht körperliches Unwohlsein. Dem Scheinwerfer im schwarzen Raum entspricht hier ein nicht weniger beeindruckender Parabol-Lautsprecher. Er erzeugt eine stehende Sinuswelle –
ein schwer zu ertragendes Brummen, das zu einem Flattern mutiert, wenn man sich im Raum bewegt.

Wie wäre das andersherum gewesen: den weißen Raum zu erleben, bevor uns der schwarze hat gefangen nehmen können? Doch die Sache ist, wie sagt man: unumkehrbar. Wir werden es nie erfahren.

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