Bauwelt

Panorama

Konstantin Grcic im Vitra Design Museum

Text: Paul, Jochen, Zürich

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    Der 1965 in München geborene Konstantin Grcic gründet nach Assistenz bei Jasper Morrison ...
    Markus Jans

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Einen Blick in die Zukunft wagt Konstantin Grcic mit seiner Ausstellung Panorama – hier in Raum 2, dem „Work Space“, einen in die Zukunft der Arbeit.
Foto: Vitra Design Museum, Mark Niedermann

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Einen Blick in die Zukunft wagt Konstantin Grcic mit seiner Ausstellung Panorama – hier in Raum 2, dem „Work Space“, einen in die Zukunft der Arbeit.

Foto: Vitra Design Museum, Mark Niedermann


Panorama

Konstantin Grcic im Vitra Design Museum

Text: Paul, Jochen, Zürich

An „Panorama“, seiner bisher größten Einzelausstellung, hat Konstantin Grcic drei Jahre lang gearbeitet, zusammen mit dem Vitra Design Museum und Z33 – House for contemporary art in Hasselt.
Grcic ging es um nichts Geringeres als einen Wechsel der Blickrichtung um 180 Grad. Normalerweise besteht die Arbeit als Produktdesigner darin, heute Gegenstände zu entwerfen, die morgen unseren Alltag prägen; dazu muss er seine Erfahrungen und seine Fähigkeit, kommende Entwicklungen und (Kunden-)Bedürfnisse zu antizipieren, zu Gebrauchsgegenständen, Möbeln oder Leuchten verdichten. Mit Panorama riskiert Grcic dagegen einen Blick in die nicht notwendigerweise von ihm selbst gestaltete Zukunft.
Damit stellt sich die Ausstellung in den Kontext legendärer Vorgänger wie der „Visiona“-Reihe, in der etwa 1969 Joe Colombo und 1970 Verner Panton ihre Wohnkonzepte vorstellten. Und weil Konstantin Grcic um den Realitätsbezug von deren Arbeiten ebenso weiß wie um das Scheitern der autoritär verkündeten Weisheiten von Architekten mit Weltverbesserungspathos und Absolutheitsanspruch, wagt er keine Prognosen – auch wenn er natürlich zu schätzen weiß, dass solche Utopien die Debatten vorangetrieben haben. Stattdessen stellt er Fragen: Wie leben wir in Zukunft? Was bedeutet Wohnen?
In welchem Spannungsfeld bewegen sich Design und Designer? Wie entwickeln sich Stadt und öffentlicher Raum?Das steht vom Ansatz her in gewissem Kontrast zu seinen Entwürfen. Auch wenn sie sich nach über 20 Jahren zu einer beeindruckenden Reihe fügen, sind die meisten von ihnen doch Solitäre, weil sie spezi­fische Lösungen für spezifische Probleme liefern: die Lampe „Mayday“ (2004) mit ihrem Haken, die der flexible Zeitgenosse überall hinhängen kann; der Drehhocker „Tom & Jerry“ (2011) mit dem Gewinde aus Nylon, das sich nicht nur günstig produzieren lässt, sondern dank selbstschmierender Materialeigenschaften auch niemals quietscht.
Die Ausstellung folgt der Dramaturgie eines Stationendramas. Grcic hat drei raumgreifende Installationen entwickelt, die an begehbare Dioramen erinnern: „Life Space“, ein Wohninterieur, „Work Space“, ein Designatelier, und „Public Space“, einen Stadtraum. Während Life Space, eine mobile Minimalwohnung in der Tradition von Le Corbusiers Cabanon, die Themen Mobilität und Entwurzelung ins Extrem weiterdenkt, zeigt Work Space vor allem, wie analog Grcic trotz CAD und 3D-Drucker bis heute arbeitet: Der erste Entwurf von „Chaise“, einem Stuhl aus geklebtem Glas mit gefederter Rückenlehne, ist aus rohen Brettern zusammengezimmert. Für den an der John Makepeace School for Craftsmen in Wood und dem Royal College of Art in London ausgebildeten Designer bleibt die Produktion von Designob­jek-ten ein empirischer, physischer Prozess.
Grcics Blick auf den öffentlichen Raum der Zukunft dagegen erinnert an einen Hybrid aus dem Science-Fiction „Gattaca“ und James Bond. Das mag daran liegen, dass Neil Campbell Ross, der Gestalter des raumfüllenden Wandbilds, normalerweise digitale Kulissen für große Filmproduktionen animiert. Public Space soll den Besucher anregen, sich Gedanken über die Megapolis zu machen. Die Installation funktioniert allerdings nicht, ohne dass man vorher die Wandtexte liest, die W.I.R.E. – Web for Interdisciplinary Research & Expertise an der ETH Zürich zusammengetragen hat.
Wem das zu anstrengend und zu unverbindlich ist, dem seien der „Object Space“ und der Film empfohlen: Die Werkschau im ersten Obergeschoss zeigt in einer langen Vitrine, die durch den gesamten Raum mäandert, eine Vielzahl von Grcics Entwürfen, Zeichnungen und Prototypen – ergänzt um Objekte anderer Gestalter, Fundstücke, Designklassiker oder Bücher, die ihm als Inspirationsquelle dienen. Im Interview schildert er, was es braucht: Beharrlichkeit, die Fähigkeit, Rückschläge wegzustecken, und einen Hersteller, der an einen glaubt, auch wenn sich der Erfolg nicht schnell einstellt. Grcics Bestseller „Chair One“ begann sich erst gut zu verkaufen, nachdem Herzog & de Meuron ihn 2005 für die Möblierung des De Young Museum in San Francisco ausgewählt hatten – und er mit einem Mal in allen Architekturzeitschriften zu sehen war.
Fakten
Architekten Grcic, Konstantin, München
aus Bauwelt 32.2014
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