Bauwelt

MDM/KMA

Sozialistischer Realismus in Warschau und Berlin

Text: Osiecka, Kasia, Warschau

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Die Berliner Stalinallee am Frankfurter Tor, 50er Jahre
Foto: BPK/Forum

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Die Berliner Stalinallee am Frankfurter Tor, 50er Jahre

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Foto: Zbyszko Siemaszko/Forum

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MDM/KMA

Sozialistischer Realismus in Warschau und Berlin

Text: Osiecka, Kasia, Warschau

Die Kürzel KMA und MDM stehen für zwei Paradebeispiele sozialistischer Stadtplanung im geteilten Europa der Nachkriegszeit: die Karl-Marx-Allee in Berlin und das Marszałkowska Dzielnica Mieszkaniowa in Warschau.
Die Ausstellung „Das Architektonische Erbe des Sozialistischen Realismus in Warschau und in Berlin. MDM/KMA“ nimmt die beiden Stadtteile in den Fokus. Im September war die Schau kurze Zeit im Hof des Deutschen Historischen Museums in Berlin zu sehen, jetzt kann sie in Warschau unter freiem Himmel am Dom Spotkań z Historią (Haus der Begegnungen mit der Geschichte) besichtigt werden.
Kuratorin Maria Wojtysiak plädiert für einen nüchternen Blick. Auf einer Reihe von Tafeln präsentiert sie die Entstehungsgeschichte der Großprojekte. Sie zeigt Parallelen auf, weist aber auch auf den unterschiedlichen sozialen und politischen Kontext hin. Beide Stadtteile waren Wohnbauprojekte für kriegszerstörte Städte mit einer enormen Wohnungsnot. Beide entstanden zu Beginn der 50er Jahre unter großem Zeitdruck der jeweiligen Mehrjahrespläne. Entlang breiter Straßen, die Platz für Aufmärsche bieten sollten, stehen „Arbeiterwohnpaläste“. Die Entwürfe reichten von der Stadtplanung bis zu den aufwendigen Details wie Reliefs und Mosaiken – eine monumentale Architektur nach sowjetischem Vorbild. Während sich der Sozialistische Realismus Berliner Spielart an einen Klassizismus à la Schin­-kel anlehnte, orientierte man sich in Warschau an den (Schmuck-)Formen der Renaissance.
Der Wettbewerb für die Karl-Marx-Allee (bis 1961 Stalinallee) in den Stadtbezirken Friedrichshain und Mitte wurde 1951 ausgeschrieben. 1952 waren die ersten Wohnungen am 2,3 Kilometer langen ersten Bauabschnitt zwischen Strausberger Platz und Proskauer Straße fertig. Der zweite Abschnitt der Allee wurde bis in die Mitte der 60er Jahre weiter entwickelt. Das Stadtquartier Marszałkowska Dzielnica Mieszkaniowa entstand ausschließlich in den 50er Jahren. Den ersten Abschnitt entwarf eine Projektgruppe unter der Leitung von Józef Sigalin. Das Herzstück der 1952 eröffneten innerstädtischen Modellwohnsiedlung für die Arbeiterklasse bildet der monumentale Plac Konstytucji mit drei riesigen steinernen Kandelabern. Er liegt in der Achse der Marszałkowska-Straße, die bis zum Kulturpalast führt. Die zwei folgenden Bauabschnitte des Stadtteils wurden wesentlich kleinmaßstäblicher entwickelt.
Bis 1956 entstand ein Wohnquartier für insgesamt 45.000 Menschen. Sowohl in Berlin als auch in Warschau ist deutlich zu erkennen, dass die Dominanz des Sozialistischen Realismus in der Architektur der Ostblock-Staaten nach dem Tod Stalins 1953 endete. In beiden Hauptstädten werden die Straßenrand­bebauung und der aufwendige Dekor allmählich zu Gunsten einer offenen Stadtstruktur und einer industriellen Bauweise aufgegeben.
Ergänzend zur Open-Air-Ausstellung finden Stadtführungen und Podiumsdiskussionen statt. Zen­tral dabei: die Frage nach dem Umgang mit dem Erbe des Sozialistischen Realismus, das am Verfassungsplatz heutzutage meist hinter riesigen Werbebannern verschwindet. Wie kann Marszałkowska Dzielnica Mieszkaniowa als lebendiges Wohnviertel erhalten bleiben? Anders als die Karl-Marx-Allee ist das Viertel nicht denkmalgeschützt. Die Ausstellung, die ein Doppeljubiläum zum Anlass hat (20 Jahre Deutsch-Polnischer-Vertrag und 20 Jahre Städtepartnerschaft zwischen Warschau und Berlin), fügt sich so in eine an der Weichsel schon länger geführte Debatte über die Qualitäten und den Umgang mit der Architektur der unmittelbaren Nachkriegszeit ein.

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