Bauwelt

In Ulm, um Ulm...

Podiumsdis­kussion zur Sanierung der HfG

Text: Paul, Jochen, München

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Foto: Benoît Girard

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In Ulm, um Ulm...

Podiumsdis­kussion zur Sanierung der HfG

Text: Paul, Jochen, München

Unstrittig ist, dass zwischen heutigen Nutzungsanforderungen und dem Erhalt des Ensembles im Originalzustand eine Lücke klafft. Umstritten dagegen, auf welchen Bauzustand die Sanierung Bezug nehmen sollte: Ertüchtigung der Zeitschicht von 1978 oder Rückbau des Zustands von 1955.
Nachdem das Thema zunehmend höhere Wellen geschlagen hatte – Christina Tilmann sprach in der Bauwelt (Heft 11.11) von einem „Designpark mit Sonnenbrille“, Ira Mazzoni in der SZ vom „Blauen Wunder von Ulm“ –, veranstalteten der Deutsche Werkbund Baden-Württemberg und Bayern gemeinsam eine Ortsbegehung, um, wie es hieß, „die zum Teil emotionale Debatte um die Sanierung und Umnutzung des Gebäudes von Max Bill zu versachlichen.“
Der anschließenden Podiumsdiskussion fehlte es dann aber doch etwas an Zündstoff. Das lag vor allem daran, dass der Kunsthistoriker Adrian von Buttlar, dessen Statement zu Beginn per Videobotschaft eingespielt wurde, die Problemstellung derart staatsmännisch-ausgewogen betrachtete, dass kei­-ner der übrigen Diskutanten in der Folge substanzi­ell etwas dagegen sagen konnte oder wollte. Nicht Moderator Michael Petzet, nicht Alexander Wetzig, Ulmer Baubürgermeister und Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung HfG Ulm, auch nicht Rainer Franke, Vertreter von Docomomo, Architekt Adrian Hochstrasser oder Carmen Mundorff, Pressesprecherin der Architektenkammer Baden-Württemberg.
Von Buttlar hielt das Nutzungskonzept „nicht nur auf der ökonomischen, sondern auch auf der ideellen Ebene für plausibel und begrüßenswert“: Der Einzug des HfG-Archivs ermögliche es erstmals, das Erbe der HfG adäquat für Forschungszwecke bereitzustellen und der Öffentlichkeit durch permanente und temporäre Ausstellungen zu vermitteln; das vom IFG Internationalen Forum für Gestaltung jährlich veranstaltete Symposium zu aktuellen Fragen der Gestaltung könne nun am authentischen Ort stattfinden. Darüber hinaus, was noch wichtiger war, bescheinigte er der Sanierung, dem Rückbau und der Nutzungsanpassung der HfG „generell große Sorgfalt und architektonische Sensibilität.“
Unstrittig ist, dass zwischen heutigen Nutzungsanforderungen und dem Erhalt des Ensembles im Originalzustand eine Lücke klafft. Umstritten dagegen, auf welchen Bauzustand die Sanierung Bezug nehmen sollte: Ertüchtigung der Zeitschicht von 1978 oder Rückbau des Zustands von 1955. Das von Max Bill seinerzeit intendierte Verwitterungsbild der Fenster aus unbehandeltem Nadelholz passte zwar farblich besser zum Grau des Sichtbetons und der Zinkver­blechungen, hatte aber dazu geführt, dass die meisten Rahmen schon Mitte der 60er Jahre undicht waren.
Nach den Vorschusslorbeeren von Buttlars war es dem ungewohnt kleinlaut auftretenden Baubürgermeister (wer Alexander Wetzig sechs Wochen zu-vor im Streitgespräch mit dem Direktor der Dessau­er Bauhausstiftung Philipp Oswalt im Stadthaus Ulm erlebt hatte, rieb sich verdutzt die Augen) ein Leichtes, zuzugestehen, dass die Wahl der blau getönten Fenster ein Fehler war: Der Denkmalschutz habe keine Bemusterung verlangt, die Stiftung sei von sich aus auch nicht auf die Idee dazu gekommen, und jetzt sei das Geld leider ausgegeben. In Zukunft werde man aber bemustern...
Nachtrag: So recht Philipp Oswalt auch damit haben mag, dass die HfG Ulm aus dem Dunstkreis von „in Ulm und um Ulm und um Ulm herum“ befreit gehört – sein Versuch ihrer Vereinnahmung „als Teil des Bauhaus-Erbes“ greift zu kurz: Erstens trifft die Feststellung nur auf das Rektorat von Max Bill zu, dessen Einfluss auf die HfG mit seinem Ausscheiden 1957 endete. Und zweitens war Bill nicht nur Bauhaus-Schüler, sondern seit 1930 auch und vor allem Mitglied des (schweizerischen) Werkbunds.
Fakten
Architekten Bill, Max, (1908-1994)
aus Bauwelt 42.2011
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