Bauwelt

Geräuschloser Lärm

Urban Noise im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien

Text: Wilke, Claudia, Berlin

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Tomek Mzyk, aus der Serie „Outopia“
© Tomek Mzyk, 2011

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Tomek Mzyk, aus der Serie „Outopia“

© Tomek Mzyk, 2011


Geräuschloser Lärm

Urban Noise im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien

Text: Wilke, Claudia, Berlin

Anders als der Ausstellungstitel „Urban Noise“ vermuten ließe, herrscht in den hohen, weißgetünchten Räumen des Kunstraums Kreuzberg/Bethanien – Stille!
Mein erster Blick fällt auf die großformatige Fotografie einer Selbstbedienerkasse in einem tris­ten Supermarkt. Das Foto gehört zu einer Serie der Künstlerin Stephanie Kiwitt. Insgeheim freue ich mich, dass keiner der Kunden diese Kasse zu nutzen scheint. Aber was hat das ganze mit „Noise“ oder gar „Urban Noise“ zu tun? Maik Schlüter, der Kurator der Ausstellung, erklärt den Zusammenhang. Noise habe im Englischen mehrere Bedeutungen: Lärm, Furore, (Stör-) Geräusch, Rauschen. Noise könnten aber auch omnipräsente Schwingungen oder Stimmungen sein, die sich gegenseitig verstärken, sich auslöschen, uns Menschen unterschwellig beeinflussen, vielleicht sogar manipulieren. Gerade im städtischen Raum seien wir diesem Phänomen ausgesetzt.
Die sieben ausstellenden Künstler nähern sich dem weiten Spektrum des Urban Noise zum überwiegenden Teil mit visuellen Medien. Meinen ursprüng­lichen Erwartungen kommt die Arbeit von Christine Schulz am nächsten, die unsere Vorstellungen von Orten in Frage stellt: Ist es der visuelle Eindruck, der einen Ort zum Ort macht, oder ist es seine spezifische Klangcollage? Tomek Mzyk ist auf der Suche nach den emotionalen Schwingungen. Seine Kulisse ist ein leerstehendes Neubaugebiet in Hannover. In langen Sequenzen einer Videoprojektion und fotografischen Momentaufnahmen hält er die düstere Szenerie fest. Der Mensch wirkt hier fehl am Platz, längst haben die Bauten ein Eigenleben entwickelt.
Noise kann aber auch betäubend wirken. Wie beim sogenannten Weißen Rauschen, das zur Überblendung von Störgeräuschen eingesetzt wird, kann ein Übermaß an Information zur Abschottung des Individuums führen. Die verrauschten, teilweise zerkratzten Fotos von Diana Artus reflektieren das Innenleben eines Menschen, der den Bezug zu seiner Umwelt verloren hat. Widersprüchliche gesellschaft­liche Tendenzen offenzulegen, das hingegen versuchen Eiko Grimberg, der moderne Architektur der Mussolini-Ära zeigt, und das Duo Korpys/Löffler, die in ihrer Videoinstallation über das Hansa-Viertel das Konzept der„Stadt von Morgen“ hinterfragen.
Auch wenn sich die Arbeiten nicht alle unmittelbar erschließen, immer wieder tauchen Bilder oder Sequenzen aus der Ausstellung vor meinem inneren Auge auf. Urban Noise ist aber nicht eine rein passive Angelegenheit. So will Jakob Kolding selber Noise sein und in die Stadt hinausgetragen werden. In ei­nen leeren Raum hat er einen Stapel selbstentwor­fener Plakate aufgeschichtet. Die Besucher können sich ein oder mehrere Exemplare herausziehen und in den Straßen plakatieren.

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