Das Erbe von Dubai
Gerade gab die Leitung der Expo 2020 Dubai die Covid-19-bedingte Verschiebung der Weltausstellung um ein Jahr bekannt. Sie soll nun vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. März 2022 stattfinden. Doch wie ist es überhaupt um die Entwicklung Dubais bestellt? Eine Momentaufnahme
Text: Brensing, Christian, Berlin
Das Erbe von Dubai
Gerade gab die Leitung der Expo 2020 Dubai die Covid-19-bedingte Verschiebung der Weltausstellung um ein Jahr bekannt. Sie soll nun vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. März 2022 stattfinden. Doch wie ist es überhaupt um die Entwicklung Dubais bestellt? Eine Momentaufnahme
Text: Brensing, Christian, Berlin
Das Bild und der Ruf von Dubai gründen sich vorrangig auf Bauikonen - Gebäude, wie das legendäre Siebensterne Hotel Burj Al Arab, dem Burj Khalifa als höchstes Bauwerk der Welt oder gar die der Küste vorgelagerte künstliche Inselgruppe Palm Jumeirah. „Baudenkmäler“ dieser Art entstehen aus einer für die Region charakteristisch engen Verknüpfung politisch-wirtschaftlich-kultureller Ambitionen. Getrieben vom Ehrgeiz und den Visionen des obersten Herrschers Scheich Muhammad bin Rashid Al Maktum wird Dubai – sollte es nach den Zielen und Wünschen des Rulers of Dubai gehen – sich in ein „Singapur Arabiens“ verwandeln.
Eine durchaus lohnende Vision für deutsche sowie internationale Firmen, wie der Koordinator der deutschen BIG 5 Beteiligung Michael Pittscheidt betont: „Die Vereinigten Arabischen Emirate stellen wirtschaftlich eine vielschichtige Erfolgsgeschichte dar. Die jährlich in Dubai stattfindende Baumesse BIG 5 reflektiert diese Entwicklung“. Mit circa 200 deutschen Firmen war Deutschland 2019 erneut, hinter China, der Türkei und Italien, die am meisten vertretene Industrienation auf der BIG 5. Die Hälfte der deutschen Beteiligung verteilte sich auf staatlich geförderte Landesbeteiligungen der vier Bundesländer Bayern, Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg sowie auf individuelle Messestände einzelner Firmen.
Seit nunmehr 40 Jahren ist die Baumesse BIG 5, die größte ihrer Art im Mittleren Osten mit weitreichender Bedeutung für Nordafrika und den indischen Subkontinent, einer der besten Indikatoren von Dubais ungebremster Entwicklung. Das 40-jährige Messejubiläum vergangen November war auch Anlass einen Rück- und Ausblick in die bauliche Zukunft der Vereinigten Arabischen Emirate und insbesondere Dubais zu geben: Wie umgehen mit dem Erbe von Dubai?
Gebaut wird in Dubai weiterhin ohne Unterlass. Denn eine florierende Bauindustrie ist einer der existenziellen Garanten von Dubais wirtschaftlicher Zukunft. Dass ein hemmungsloser Bauboom aber auch sprichwörtlich die Zukunft verbauen kann, wird immer ersichtlicher. Der Blick vom 240 m hohen Rohbau des 52 Stockwerke großen Palm Towers offenbart die Grenzen, oder besser die Sünden, wie selbst erfolgreichen Bauvorhaben buchstäblich das Wasser abgegraben wird. Seit 2001 entwickelt der staatliche Developer Nakheel das Archipel Palm Jumeirah, welches zu einem Magneten für Touristen und Investitionen aus aller Welt wurde. An der Stelle, wo der Stamm der Palme sich verjüngt und die mit Luxusvillen besetzten Palmenwedel schwungvoll das Meer durchziehen, klaffte jahrelang eine große Baulücke. Donald Trump wollte dort einen seiner um die Welt verstreuten Trump-Tower errichten - die Pläne endeten im Nichts.
Sanjay Manchanda, CEO von Nakheel, füllte die Lücke mit dem Palm Tower, ein Entwurf der internationalen und mit einer Niederlassung in Dubai vertretenen RSP Architects. Der Bauplatz war dermaßen groß, dass das Hochhaus, neben einer eigenen Metrostation, auch mit der ebenfalls neuerichteten Nakheel Mall direkt verbunden werden konnte. Die Mall ist bereits eröffnet, und der Palm Tower befindet sich im Stadium des Innenausbaus. Vom zukünftigen 360° Infinity-Pool auf der 50. Etage schweift der Blick mühelos hinüber zu weiteren Landmarken von Dubais Baukultur. Die Silhouette des Burj Al Arab und des Hotels Atlantis zeichnen sich ebenso klar ab, wie die noch nicht bebauten Sandhaufen des benachbarten Archipels „The World“.
Doch zwischen die Dependancen des luxuriösen One & Only Resort Hotels „The Palm“ auf den letzten 27 Hektar des äußeren Rings um die Palm Jumeirah und der auf dem Festland liegenden Entsprechung „The Palace“, erhebt sich eine weitere künstliche Insel aus dem Meer. Unverhohlen blockiert das Bauvorhaben mit dem bezeichnenden Namen „Emaar Beachfront“, einschließlich des daneben gelagerten zukünftigen Kreuzfahrtterminals, den Ausblick der Hotelgäste. Was auf den One & Only Hotel-Webseiten noch als paradiesisches Idyll mit „Blick auf die einzigartige Landschaft der Palm Island Bucht“ beschrieben wird, ist Vergangenheit. Mangelnde Weitsicht der Behörden und engstirnige Profitgier erfolgsverwöhnter Projektentwickler verschachern Dubais Erbe. Angesichts dergleichen Bausünden treibt es Sanjay Manchanda beim Blick vom Palm Tower ein leicht resigniertes Lächeln auf die Lippen.
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