Bauwelt

Gelber Garten bei Granada


Als Reaktion auf die pandemiebedingten Einschränkungen hat in einem Industriegebiet bei Granada ein Freiluft-Club eröffnet. Das Projekt von Tomás García Píriz setzt mit Farben und Pflanzen Akzente auf Schwarz.


Text: Rafael Gómez-Moriana, Barcelona


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    Vom straßenseitig gelegenen Balkon kann der Blick fast wie im Theater über die Tanzfläche zur Bühne an der Rückwand des Gartens schweifen.
    Foto: Fernando Aldo

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    Vom straßenseitig gelegenen Balkon kann der Blick fast wie im Theater über die Tanzfläche zur Bühne an der Rückwand des Gartens schweifen.

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    Der Techno-Club Industrial Copera befindet sich in einem Industriegelände zwischen den Feldern von La Vega bei Granada. Der Garten erweitert eine zuvor allein in der benachbarten Industriehalle angesiedelte Diskothek.
    Foto: Fernando Aldo

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    Der Techno-Club Industrial Copera befindet sich in einem Industriegelände zwischen den Feldern von La Vega bei Granada. Der Garten erweitert eine zuvor allein in der benachbarten Industriehalle angesiedelte Diskothek.

    Foto: Fernando Aldo

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    Der schwarze Anstrich dient als Kontrast zum Grün der Pflanzen und zum Gelb von grafischen und architek­tonischen Elementen.
    Foto: Fernando Aldo

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    Der schwarze Anstrich dient als Kontrast zum Grün der Pflanzen und zum Gelb von grafischen und architek­tonischen Elementen.

    Foto: Fernando Aldo

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    Die räumlich trennenden Teile bieten der Vergetation Schlitze und Durchbrüche, um sich über die Raumgrenzen hinwegzusetzen.
    Foto: Fernando Aldo

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    Die räumlich trennenden Teile bieten der Vergetation Schlitze und Durchbrüche, um sich über die Raumgrenzen hinwegzusetzen.

    Foto: Fernando Aldo

Als Spanien am 14. März 2020 einen landesweiten Lockdown verhängte, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, mussten alle nicht lebensnotwendigen Geschäfte und Einrichtungen schließen und die Bürger zu Hause bleiben. Der Lockdown war einer der strengsten und längsten in Europa und wurde erst Ende Juni aufgehoben; eine schrittweise Rückkehr zum Alltag begann.
Zu den ersten Einrichtungen, die wieder öffnen durften, gehörten die von einem Großteil der Bevölkerung in den Monaten der Isolation schmerzlich vermissten kleinen Bars, Cafés und Restaurants – allerdings nur zu bestimmten Zeiten, mit reduzierter Kapazität und Sitzplätzen im Freien, an Tischen mit begrenzter Größe und in einem bestimmten Abstand zueinander. Dies erforderte zusätzlichen Platz im Freien, den das mediterrane Stadtgerüst nicht immer hergab, und so wurden allerorts Parkplätze flugs zu provisorischen Freisitzen umgewandelt. All dies fiel mit dem Aufkommen einer größeren Bewegung zusammen: des „taktischen Urbanismus“. Die Idee dabei ist, autogerechte Straßenräume mit Hilfe von Farben, Pollern oder Jersey-Barrieren vorübergehend in Fußgängerzonen umzuwandeln.
Obwohl auch Clubs von vielen vermisst wurden, mussten sie vorerst weiterhin geschlossen bleiben. Die ersten, die wieder öffnen durften, waren schließlich jene außerhalb von Wohngebieten, wie etwa an Stränden oder Landstraßen, die über einen eigenen Außenbereich verfügten. Unter den Clubs, die dieses Kriterium noch nicht erfüllten, war auch das „Industrial Copera“. Es liegt in einem Gewerbegebiet außerhalb von Granada. Rund um die weitläufige, gesichtslose Anlage erstreckt sich die Agrarlandschaft von La Vega de Granada. Im Südwesten erhebt sich die Sierra Nevada mit dem höchsten Berg der Iberischen Halbinsel, dem Mulhacén.
Die Diskothek bespielte bis dato hauptsächlich eine Industriehalle. Zu ihrem Gelände gehörte jedoch zufällig auch ein angrenzendes, freies Grundstück, das als Lieferzone und für private Afterpartys genutzt wurde. Die Betreiber beauftragten den ortsansässigen Architekten Tomás García Píriz, dieses „terrain vague“ zu einem Garten umzugestalten. Unter dem Titel „El Jardín de la Industrial Copera“ sollte ein Ersatz für den Innenraum entstehen, der zum Tanzen und Verweilen dienen würde, bis sich die Lage wieder normalisiert hätte. Genaue Vorstellungen für die langfristige Nutzung gab es zu Projektbeginn nicht.

Improvisiert, um zu bleiben

Von der Straße und einer benachbarten Tankstelle durch eine ausgesprochen banale Betonmauer abgetrennt, beschränkte sich die Qualitäten des Geländes auf einige Bäume, Sträucher und Efeu. Wie die Pflanzen durch Risse im Pflaster wuchsen, gaben sie der Brache die Anmutung einer, nach Gilles Clément, „dritten Landschaft“.
Die üppige Vegetation machte der Architekt denn auch zum Kern des Umbaus. Die mittig im Grundstück gelegene Hoffläche ist mit Pflanzungen gespickt, sie spannt zwischen einer Bühne im hinteren und einem Flügel mit Toiletten im vorderen Teil. An den Längsseiten befinden sich, auf Seiten des Diskotheksgebäudes. eine Bar und dieser gegenüber eine Reihe von Bäumen und Bodendeckern.
Hinter der Vegetationsschicht trennt eine Wand den Innenhof von der Zufahrt, die jetzt als Entladebereich für beide Veranstaltungsorte dient. Durch diese vorgeschaltete „Schleuse“ erfolgt der Zugang von der Straße aus über ein Industrieschiebetor. In den Innenhof gelangen die Gäste durch eine abgerundete Öffnung in der Ecke. Gelbe, auf den Boden gemalte Strei­-fen leiten zu Tanzfläche und Bar. Daneben, in den schwarzen Baukörper eingelassen, führt eine leuchtend gelbe Stahltreppe zur Dachterrasse. Diese lagert L-förmig über der Bar und dem Sa-nitärtrakt und bietet einen Blick auf die Tanzfläche und die Bühne – ähnlich einem Theaterbalkon. Gleichzeitig öffnet sich ein Panorama über Felder und Berge.
El Jardín ist aus gegebenem Anlass als „Freiraum“ angelegt. Daher werden alle „Innen“-Räume wie das Foyer, die Sanitärräume und die Bar großzügig durch Spalten zwischen Boden und Decke belüftet. Diese Idee erstreckt sich auch auf die Trennwand zwischen Innenhof und Zufahrt, die schwebend gelagert ist und so auch der Vegetation Entfaltungsspielraum über Raumabschlüsse hinweg einräumt.
Das Tragwerk besteht aus einem Stahlgerüst, das mit einem tiefschwarzen Anstrich verse­hen wurde. Auf diesem Hintergrund leuchten die üppige Vegetation und die gelben architekto­nischen Details und grafischen Elemente. Die Farb- und Materialpalette erinnert wiederum an den „taktischen Urbanismus“ – dessen Farbauswahl sich aus finanziellen Gründen meist auf die im Straßenbau üblichen Farben beschränkt. Auch der Methodik nach finden sich Parallelen: „Das Projekt wurde so konzipiert, dass es schnell und kostengünstig gebaut werden konnte“, erklärt der Architekt, „und da es in einem Indus-triegebiet liegt, konnten wir vollständig auf lo-kale Bauunternehmen und Lieferanten zurückgreifen. Es ist ein komplettes kilómetro cero-Projekt!“
Seit der Innenbereich der Industrial Copera wieder öffnen durfte, fungiert El Jardín als neu-er Haupteingang, und der Hof ist zu einem Vorplatz für die gesamte Anlage geworden. Tatsächlich umfasst das Programm des Clubs nun eine neue Veranstaltungsreihe, nämlich Sunset-Sessions in El Jardín. Der Garten eilte damit einem Trend voraus: den in Spanien immer beliebter werdenden Tardeo-Partys, die vom Nachmittag in den Abend hineinreichen.
Aufgrund seines eher provisorischen und offenen Charakters ist die Entwicklung des Club-Gartens in gewisser Weise mit Free Jazz oder auch mit einem Live-DJ-Set vergleichbar. Improvisation ist immer mit Unberechenbarkeit und, damit einhergehend, Risiken verbunden. In der Architektur wirkt sich ein Scheitern gemeinhin langfristiger aus und ist teurer als in Kunst, Musik oder Theater – beim Bauen steht mehr auf dem Spiel als ausbleibender Applaus. El Jardín belohnt den Mut der Beteiligten, sich auf Unsicherheiten einzulassen. Der Garten bereichert das Dagewesene um Programmoptionen. Was für Indusrial Copera als Ersatzlösung begann, hat dem Club einen neuen Horizont eröffnet. Tomás García Píriz hat eine Oase für den Genuss irdischer Schönheit und Freuden erschaffen – eine zeitgenössische Interpretation der Gärten der nahe gelegene Alhambra.
Aus dem Englischen von Beate Staib



Fakten
Architekten Tomás Garciá Píriz, Granada
Adresse C. de Desmond Tutu, Parcela 13, 18140 La Zubia, Granada, Spanien


aus Bauwelt 16.2022
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