Bauwelt

Räume neu erarbeiten

Text: Geipel, Kaye, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

Räume neu erarbeiten

Text: Geipel, Kaye, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

Die vehemente Debatte um das Recht auf ein freistehendes Eigenheim kommt nicht von ungefähr. Sie hat ihre dunkle Kehrseite in der unzulänglichen Qua­lität, die der landauf landab realisierte Geschosswohnungsbau in den nachgefragten Ballungszentren bietet. Auf der einen Seite entstehen urbane Enklaven mit Klassikflair und maßgeschneiderten Lobbydiensten, um via Exklusivität Preise zu verlangen, die außer jeder Reichweite sind. Auf der anderen Seite bauen städtische Wohnungsbaugesellschaften unter hohem politischen Druck vor allem Masse, Masse, Masse – ohne architektonische Sorgfalt und ohne Rücksicht auf veränderte Wohnformen, es würde ihnen ja als Zeitverzögerung ausgelegt. Dass der städtische Geschosswohnungsbau mehr könnte als beschämendes Mittelmaß bieten, dafür ließen sich unzählige Beispiele aus der Vergangenheit anführen. Drei Beispie­le in diesem Heft zeigen, dass es auch heute anders geht: In Frankreich ist seit Jahren eine von jungen Entwerferinnen getragene Architektur entstanden, die hybride Konstruktionen als Ausgangspunkt für Community-Räume und Gemeinschaftsdenken im Wohnbau nutzt. Ein herausragendes Beispiel ist das Pariser Architektenduo Bruther. In München zeigt eine Initiative, dass man auch im kreuzbraven Stadtteil Riem erst über die gesellschaftlich bedingten Veränderungen von Wohnformen und über die Grundrisse selbst diskutieren sollte, bevor man zu bauen beginnt. Und in Berlin-Neukölln ist zu besichtigen, was aus den Ideen einer vor Jahren geplanten und dann abgestürzten Großstadt-IBA in die Gegenwart gerettet wurde.

Rundbau der Kunst

Vor 16 Jahren hatte sich der Privatsammler zeitgenössischer Kunst François Pinault aus seinem Heimatland Frankreich als Ausstellungsort mehr oder weniger zurückgezogen. Er entschied sich für Venedig, kaufte dort den Palazzo Grassi und einige Jahre später in exponierter Lage die Punta della Dogana, um dort seine Werke von großer Bedeutung ausstellen zu können. Im Alter von 84 Jahren hat er nun doch wie-der in Paris einen Ausstellungsort. Die Stadt stellte ihm die alte, nicht mehr genutzte Bourse de Commerce zur Verfügung. Er ließ sie für 160 Millionen Euro umbauen und holte sich dafür wie schon in Venedig Tadao Ando als Architekten. Der Rundbau im Herzen der Stadt zwischen Louvre und Centre Pompidou ist fertig, die Eröffnung lässt aber wegen der Pandemie auf sich warten. So zeigen wir die Halle nahezu leer. Dass der Rundbau früher einmal auch als Getreidehalle diente und eine kräftig kannelierte Säule an der Fassade für das Observatorium eines Sterndeuters errichtet wurde, ist nur wenigen bekannt.

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