Bauwelt

Menschliche Sicherheitsnetze

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Schade-Bünsow, Boris, Berlin

Menschliche Sicherheitsnetze

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Schade-Bünsow, Boris, Berlin

Seit dem Tod ihres Gatten vor sechs Jahren lebt die alte Dame, Jahrgang 1935, allein in ihrem 1969 bezo­genen Haus am Stadtrand. Geistig noch voll bei Kräften, in ihrer körperlichen Mobilität aber stark eingeschränkt, kann sie sich den Wechsel in eine betreute Wohnanlage oder gar ein Altersheim nicht vorstellen. Zum Glück kann sie auf Hilfe durch Nachbarn, Freunde und Verwandte zählen; ein in vielen Jahren aufgebautes Netz, ohne das ein Bleiben in ihrem Haus nicht denkbar wäre.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie wichtig es sein kann, im Alter in der vertrauten Umgebung bleiben zu können, sein Umfeld nicht durch äußere Zwänge, die sich unweigerlich einstellen, verlassen zu müssen. Insofern fanden die drei im ersten Thementeil dieser Ausgabe versammelten Bauvorhaben schnell auf meinem Schreibtisch zusammen, ermöglichen sie alten Menschen doch genau dies: in einer altbekannten Umgebung zu wohnen, in der sie Anregung und Hilfe finden. So wurde in Madrid in einem beliebten Innenstadtviertel ein Tageszentrum für Senioren eingerichtet: ein neuer Treffpunkt mit vielfältigen Angeboten. Im flämischen Kortrijk wurde ein bestehendes Altenheim in einem gewachsenen Wohnquartier nahe dem Stadtkern zu einem Campus weiterentwickelt, auf dem Orte mit unterschiedlichem Charakter und Angebot die Bewohner aus ihren „vier Wänden“ locken und mit der städtischen Umgebung in Kontakt bringen.
In Zürich schließlich wurde eine Wohnanlage aus den fünfziger Jahren behutsam saniert, statt durch einen vielleicht komfortableren, aber den Bewohnern fremden Neubau ersetzt zu werden. Was wäre das für eine Stadt, für eine Nachbarschaft, in der es keinen Platz mehr für Alte gäbe?

Neue Mitten in Italien

Der Krankenhaus-Campus Ospedale San Raffaele in Mailand, gegründet 1969, ist seitdem eher chaotisch gewachsen. Eine städtebauliche Idee für die nun mehr als 50 Institute mit ihren Bauten gab es offensichtlich nicht. Entstanden ist eine Krankenhaus-Maschinerie, in der mehr als 1,5 Millionen ambulante Behandlungen und 30.000 Operationen pro Jahr durchgeführt werden. Mario Cucinella Architects errichteten nun einen Neubau, der dem Areal eine neue, ordnende Mitte gibt.
Der allererste Augenblick auf dem Markusplatz in Venedig wird wohl jedem Besucher für immer in Erinnerung bleiben. Die Ausmaße sind unglaublich, die Architektur überwältigend. Dogenpalast, Porta della Carta und Markusdom, der Uhrenturm und der Campanile, dazu die Prokuratien im Norden, Westen und Süden. Die Procuratie Vecchie sind nach der Sanierung durch David Chipperfield Architects nun für die Öffentlichkeit zugänglich.

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