Bauwelt

Graue Stadt wird grüne Stadt

Selbst Rotterdam, einst Inbegriff autogerechter Stadtplanung, hat begonnen umzusteuern: Innerhalb von vier Jahren sollen 20 Hektar öffentlichen Raums entsiegelt werden.

Text: Bokern, Anneke, Amsterdam

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    Der Coolsingel im Jahr 1960 (Blick nach Süden, im Vordergrund der Hofplein-Kreisel) ...
    Foto: Nationaal Archief, Herbert Behrens

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    Der Coolsingel im Jahr 1960 (Blick nach Süden, im Vordergrund der Hofplein-Kreisel) ...

    Foto: Nationaal Archief, Herbert Behrens

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    ... und 2021, nach der Umgestaltung durch West 8 (Blick in Richtung Norden zum Hofplein).
    Foto: Tom Philip Janssen

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    ... und 2021, nach der Umgestaltung durch West 8 (Blick in Richtung Norden zum Hofplein).

    Foto: Tom Philip Janssen

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    Hofplein Künftig soll der 1955 als vierspuriger Verkehrskreisel eröffnete Hofplein auf zwei Auto-Fahrspuren reduziert werden.
    Foto: Sammlung Gemeindearchiv Rotterdam

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    Hofplein Künftig soll der 1955 als vierspuriger Verkehrskreisel eröffnete Hofplein auf zwei Auto-Fahrspuren reduziert werden.

    Foto: Sammlung Gemeindearchiv Rotterdam

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    Nach dem Entwurf von Juurlink + Geluk erhält der Platz neue Gehwege und einen Radweg, 150 neue Bäume sollen gepflanzt werden.
    Rendering: Juurlink + Geluk

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    Nach dem Entwurf von Juurlink + Geluk erhält der Platz neue Gehwege und einen Radweg, 150 neue Bäume sollen gepflanzt werden.

    Rendering: Juurlink + Geluk

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    Gut ein Drittel der Wasserfläche im Rijnhaven wird, wenn sich das im vergangenen Jahr aufgespülte Neuland ausreichend gesetzt hat, öffentlicher Raum werden.
    Rendering: Michael Van Valkenburgh Associates

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    Gut ein Drittel der Wasserfläche im Rijnhaven wird, wenn sich das im vergangenen Jahr aufgespülte Neuland ausreichend gesetzt hat, öffentlicher Raum werden.

    Rendering: Michael Van Valkenburgh Associates

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    Nach den Plänen der amerikanischen Landschaftsplaner Michael Van Valkenburgh Associates sollen Stadtplätze, eine Esplanade, üppiges Grün und ein Strand angelegt werden. 3000 neue Wohnungen sollen entstehen.
    Foto: Iwan Baan

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    Nach den Plänen der amerikanischen Landschaftsplaner Michael Van Valkenburgh Associates sollen Stadtplätze, eine Esplanade, üppiges Grün und ein Strand angelegt werden. 3000 neue Wohnungen sollen entstehen.

    Foto: Iwan Baan

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    Hofbogenpark Bis 2006 verlief auf dem Hofbogen die Bahnstrecke nach Scheveningen. Heute fährt der Zug im Untergrund.
    Foto: Holger Rothamel

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    Hofbogenpark Bis 2006 verlief auf dem Hofbogen die Bahnstrecke nach Scheveningen. Heute fährt der Zug im Untergrund.

    Foto: Holger Rothamel

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    Das 1,9 Kilometer lange Viadukt soll nach Plänen des Büros De Urba­nisten Teil der grün-blauen Infrastruktur Rotterdams werden.
    Rendering: De Urbanisten

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    Das 1,9 Kilometer lange Viadukt soll nach Plänen des Büros De Urba­nisten Teil der grün-blauen Infrastruktur Rotterdams werden.

    Rendering: De Urbanisten

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    Keilehaven An verschiedenen Ufern in Rotterdam entstanden in den vergangenen Jahren sogenannte Gezeitenparks, die mit der Ebbe aus dem Wasser auftauchen und mit der Flut wieder verschwinden.
    Foto: Walter Herfst

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    Keilehaven An verschiedenen Ufern in Rotterdam entstanden in den vergangenen Jahren sogenannte Gezeitenparks, die mit der Ebbe aus dem Wasser auftauchen und mit der Flut wieder verschwinden.

    Foto: Walter Herfst

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    Der „Getijdenpark Keilehaven“, geplant vom Büro De Urbanisten, wurde 2024 fertiggestellt.
    Foto: Walter Herfst

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    Der „Getijdenpark Keilehaven“, geplant vom Büro De Urbanisten, wurde 2024 fertiggestellt.

    Foto: Walter Herfst

Graue Stadt wird grüne Stadt

Selbst Rotterdam, einst Inbegriff autogerechter Stadtplanung, hat begonnen umzusteuern: Innerhalb von vier Jahren sollen 20 Hektar öffentlichen Raums entsiegelt werden.

Text: Bokern, Anneke, Amsterdam

Kaum eine Stadt hat in den letzten Jahrzehnten einen solchen Imagewandel durchgemacht wie Rotterdam. Die ruppige Hafenstadt, der früher nur hartgesottene Architekturfans etwas abgewinnen konnten, hat sich zum Publikumsmagneten gemausert. Architekturikonen wie die Markthalle (Bauwelt 44.2014), das Depot des Boijmans Museums (Bauwelt 7.2022) und – ganz aktuell – das FENIX Museum of Migration mit seiner gezwirbelten Edelstahltreppe auf dem Dach spielen dabei eine große Rolle. Aber in den letzten Jahren macht Rotterdam auch mit ambitionierten Plänen zur Begrünung und Aufwertung städtischer Freiräume von sich reden.
Dabei begann alles ganz anders. Als das zerbombte Stadtzentrum nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut wurde, wollte Rotterdam die modernste Stadt Europas sein: mit einer autogerechten Downtown, in der nicht gewohnt, sondern vor allem gearbeitet werden sollte. Cornelis van Traas Basisplan für den Wiederaufbau lag ein Raster aus großen Autostraßen zugrunde, darunter der 80 Meter breite Boulevard Coolsingel und ein fünfspuriger Kreisel am Hofplein. „Die Verkehrswege sind das erste Skelett, das der Stadt ihre Form verleiht“, schrieb van Traa in seiner Erläuterung zum Plan. Autos erhielten Vorrang, es entstanden Lieferhöfe und Parkplätze, Grünraum tauchte nur an den Rändern des Gebiets auf. Auch in den steinernen Arbeiterwohnvierteln rund um das Stadtzentrum spielt Grün seit jeher eine untergeordnete Rolle – mit der Folge, dass heute fast 42 Prozent der Freiräume im gesamten Stadtgebiet versiegelt sind; in den Wohngebieten sind es sogar 66,5 Prozent.
Die wenigen größeren Grünflächen im Zentrum – einige begrünte Kanäle, der Museumpark und der Stadtpark – konnten diesen Mangel nie ausgleichen. Auch die Hochhausentwicklung seit den 1970er Jahren trug wenig zur Aufenthaltsqualität im Straßenraum bei. Noch in den 1990er Jahren wurde das Hafentransformationsgebiet Kop van Zuid weitgehend grünfrei geplant. Der Kurswechsel begann 2008 mit dem Programm Innenstadt als City Lounge, dessen Ziel es war, Einwohner an die Stadt zu binden. Die Innenstadt, in der bislang nach Geschäftsschluss die Gehsteige hoch­geklappt wurden, sollte wieder als Aufenthaltsort begriffen werden. „Und wann will man sich länger in einer Stadt aufhalten? Wenn der öffentliche Raum attraktiv ist“, sagt Mattijs van Ruijven, Leiter des Stadtplanungsamts. „In Kop van Zuid haben wir im Nachhinein kleine Grünflächen zwischen den Gebäuden angelegt und eine doppelte Baumreihe am Kai gepflanzt. Inzwischen würden wir so ein Projekt von vornherein anders angehen: erst das Grün, dann das Pflaster.“
Das ist auch notwendig, denn Rotterdam wächst um etwa 7000 Einwohner pro Jahr, und die Wohnungsnot ist groß. Bis 2040 will die Stadt 50.000 neue Wohnungen bauen, viele davon an der Nord-Süd-Achse von Hofplein bis Zuidplein, die bislang besonders verkehrsreich und steinern ist. 2020 veröffentlichte die Stadt den Rotterdamer Mobilitätsansatz: eine Langzeit­strategie für den Stadtverkehr, die Fußgängern und Radfahrern erstmals Vorrang gewährte. Als erste Maßnahme wurde 2021 der Coolsingel neu eingerichtet. Inspiriert von der Rambla in Barcelona, transformierte West 8 die vierspurige Durchgangsstraße in einen Boulevard mit nur noch zwei Autospuren, zweispurigem Radweg, neuem Mobiliar und 38 zusätzlichen Platanen (Bauwelt 13.2021).
Wie zu erwarten, stieß das Projekt in Rotterdam, das in den Niederlanden als Autostadt bekannt ist und wo in der Innenstadt noch immer 25 Prozent der Wege mit dem Auto zurückgelegt werden, nicht nur auf Begeisterung. Derk Loorbach, Professor für Sozialökonomische Transition an der Erasmus Universität, spricht gar von einem „stillen Kulturkampf um das Auto, zwischen alteingesessenen Rotterdamern und (häufig besserverdienenden) Zugezogenen.“ Mattijs van Ruijven findet dagegen, dass das Projekt einen enormen Qualitätssprung bewirkt hat: „Das Auto ist nicht mehr so dominant, es gibt mehr Leben auf der Straße, und sie ist viel grüner geworden. Wir haben mit der Neueinrichtung viel Durchgangsverkehr aus der Stadt verbannt, der dort nie etwas zu suchen hatte. Das ist üb­rigens auch ein Hauptziel des Verkeerscirculatieplan, den wir dieses Jahr veröffentlicht haben.“
Nach der Fertigstellung des Coolsingel kam der eigentliche Durchbruch mit einer strategischen Neuausrichtung. Der Koalitionsvertrag des Gemeinderats von 2022 formulierte das Ziel, Rotterdam von einer „grauen“ zu einer „grünen“ Stadt zu transformieren. Innerhalb von vier Jahren sollen 20 Hektar entsiegelt und begrünt werden – nicht nur als Aufenthaltsraum für die Bewohner, sondern auch als Maßnahme zur Klimaanpassung. Hitzebelastung und Starkregenereignisse machen der dicht bebauten, größtenteils unter dem Meeresspiegel gelegenen Stadt zu schaffen; eine bessere Durchlässigkeit des Bodens und mehr Grün gelten als zentrale Bausteine der Resilienzstrategie. Vereinzelte erste Projekte hatte es bereits zuvor gegeben, darunter als prominentestes Beispiel der multikodierte Wasserplatz Benthemplein, den das Stadt- und Landschaftsplanungsbüro De Urbanisten 2014 realisierte.
Das Planungsamt verfolgt seither einen doppelten Ansatz: Großmaßstäbliche Projekte werden ergänzt durch kleinere Interventionen „bis in die Kapillaren der Stadt“. Dazu zählen Fassadengärten und Dachbegrünungen, aber auch Bürgeraktionen wie der jährliche Wettbewerb Tegelwippen, bei dem Rotterdam gegen andere Städte antritt, um möglichst viele Pflastersteine durch Grün zu ersetzen. „Das sorgt für sozialen Zusammenhalt im Quartier, denn die Bewohner werden gemeinsam aktiv“, sagt van Ruijven. Die Einbindung von Bewohnern stand auch im Zentrum der Stadsinitiatief – ein Wettbewerb, bei dem man für eine Bürgerinitiative stimmen konnte, die finanzielle Unterstützung von der Gemeinde erhalten sollte. Daraus ging 2011 die hölzerne Fußgängerbrücke Luchtsingel von ZUS architecten hervor, später die Surfwelle Rif010 in einem Hafenbecken hinter der Markthalle. „In diesem Maßstab würden wir das jetzt aber nicht mehr machen“, schränkt van Ruijven ein. „Wir stecken nicht mehr viel Geld in ein einzelnes Projekt, sondern verteilen es lieber über viele kleine Initiativen.“
Dieser urbanen Akupunktur im Quartier stehen aber auch Projekte von stadtweiter Bedeutung und beeindruckendem Umfang gegenüber. Das größte Investitionspaket läuft derzeit unter dem Titel Stadsprojecten: 223 Millionen Euro fließen in neue Parks und Platzgestaltungen. Südlich der Maas entstehen gleich drei neue Parkanlagen auf Flächen, die dem Wasser abgewonnen werden. Denn in Rotterdam gibt es zahlreiche ungenutzte Hafenbecken, die die Stadt aktivieren will. So verwandelt der Rijnhavenpark, entworfen von den amerikanischen Landschaftsplanern Michael Van Valkenburgh Associates, ein Drittel des gleichnamigen Hafenbeckens in eine öffentliche Grünfläche. Das Neuland wurde letztes Jahr aufgespült und muss nun sacken, ehe nächstes Jahr mit der Anlage des Parks begonnen werden kann. Rentabel wird die neue Grünanlage, indem man sie mit einer Reihe bis zu 250 Meter hoher Hochhäuser mit 3000 Wohnungen säumt. Im benachbarten Maashafen soll mit dem Nelson Mandela Park, entworfen von SWA/Balsley, ein vergleichbares Konzept umgesetzt werden, ebenfalls auf neu geschaffenem Land. Der Gezeitenpark Feyenoord wiederum bindet den Rhythmus von Ebbe und Flut in eine naturnahe Ufergestaltung ein. Die erste Ausführungsphase beginnt Mitte 2026 und soll Ende 2027 fertiggestellt sein.
Fünf weitere Stadsprojecten entstehen im Stadtzentrum und im Stadtteil Prins Alexander nördlich der Maas. Bereits seit einigen Monaten ist der Hofplein, ein Verkehrskreisel aus der Nachkriegszeit östlich des Bahnhofs, teilweise für den Autoverkehr gesperrt, denn er wird nach Entwurf von Juurling + Geluk radikal begrünt. Als der von einem modernistischen Springbrunnen gekrönte Kreisel 1955 eröffnet wurde, schwärmte die Zeitung Het Vrije Volk noch: „Langsam schoben sich die Silhouetten des endlosen Stroms von Autos und Straßenbahnen vorbei, dunkel abgesetzt gegen das funkelnde Licht des Brunnens. Und die Rotterdamer staunten über so viel strahlende Schönheit im Herzen der nüchternen Handelsstadt.“ Jahrzehnte später war der Kreisel vor allem für lange Staus in der Hauptverkehrszeit bekannt. Ironischerweise diente er noch 2017 als Motiv einer Wahlkampfanzeige der marktliberalen Partei VVD, begleitet von dem Text: „Autos schikanieren, da machen wir nicht mit! In Rotterdam muss man überall mit dem Auto hinkommen können, und dafür werden wir sorgen.“
Nun ermöglicht dieselbe Partei im Stadtrat, dass die Fahrbahnen auf zwei 30 km/h-Spuren reduziert, breite Gehwege und ein neuer Radweg angelegt und 150 neue Bäume um den Brunnen gepflanzt werden. Auch unsichtbare Maßnahmen gehören zum Projekt: 30 Meter unter der Erde wird in einer Sandschicht eine Million Liter Regenwasser aufgefangen und im Sommer zur Bewässerung der Bäume genutzt. Schätzungen zufolge soll es auf dem Hofplein in Zukunft sieben Grad kühler sein als zuvor und das Verkehrsaufkommen von 40.000 auf 18.000 Autos pro Tag sinken. „Raum für neues Grün und Klimamaßnahmen findet man in Rotterdam vor allem bei Fahrbahnen und Parkplätzen“, sagt van Ruiven. „Wenn man damit geschickt umgeht, kann man viel bewirken. Wir opfern Asphalt, um die Begrünung zu ermöglichen“.
Zwei andere Projekte in der Innenstadt liegen aus logistischen Gründen vorerst auf Eis: die Begrünung der West-Ost-Verkehrsachse Westblaak, wo ebenfalls zwei Fahrbahnen verschwinden sollen, sowie die Umgestaltung des Schouwburgplein. Letzteren dürfte mancher noch aus Publi­ka­tionen der neunziger Jahre kennen (Bauwelt 43–44.1997), denn die Platzgestaltung von West 8 mit beweglichen roten Leuchtobjekten, die an Hafenkräne erinnern, war einst ein Vorzeigeprojekt der Superdutch-Ära. Vor Ort gab es aber schon früh Kritik an der geringen Aufenthaltsqualität des Platzes. Als Teil der Stadsprojecten soll er nun mit Grüninseln gespickt werden. Die Straßen rund um den Platz werden autofrei, und die Tiefgarageneinfahrt wird an eine weiter nördlich gelegene Hauptstraße verlegt.
Ein weiteres Ziel der Stadsprojecten ist die Schaffung von Kontinuität im öffentlichen Raum. Rotterdam ist, auch aufgrund der Kriegszerstörung, eine stark fragmentierte Stadt. „Es gibt Orte in der Stadt, wo man um eine Ecke geht und sich plötzlich in einer anderen Welt wiederfindet. Oft ist das eine Welt, in der Menschen sich nicht wohlfühlen. Dort können wir mit Verdichtung und Begrünung die Stadtstruktur verbessern, Viertel miteinander verbinden, Laufrouten schaffen“, sagt van Ruijven. Ein solcher Ort ist der Hofbogen: ein 1,9 Kilometer langes Viadukt, auf dem von 1904 bis 2006 die Zugstrecke nach Scheveningen verlief. Der Zug fährt inzwischen unterirdisch, und das Viadukt wird in einen Stadtpark nach Entwurf von De Urbanisten umgewandelt. Die ersten 130 Meter befinden sich auf dem Dach eines Bahnhofs und wurden bereits parallel zum Bau des Luchtsingel begrünt.
Wer dort jedoch gepflegte Pflanzbeete erwartet, wundert sich: An eine Picknickwiese grenzt ein etwas struppiger Gemüsegarten, der von Anwohnern gepflegt wird. Auch im weiteren Verlauf soll der nur acht Meter breite Hofbogenpark, dessen Anlage dieses Jahr beginnt, nicht etwa im Stil der Highline in New York hochglanzpoliert werden, sondern vor allem viel Raum für lokale Flora und Fauna bieten. Dreizehn Treppen und vier Aufzüge bieten von den Wohnvierteln aus Zugang zum Viadukt, und die angrenzenden Straßenräume sollen gleich mitbegrünt werden. Mit der etwas wilden Bepflanzung will der Hofbogenpark auch dem rauhen Charakter der Hafenstadt Rechnung tragen.
Angesichts all der Begrünungsbestrebungen kann man sich durchaus fragen, ob Rotterdam auf Dauer nicht allzu aufgeputzt wird und dadurch einen Teil seiner Identität einbüßt. „Wir sind uns sehr bewusst, dass wir nicht alles zu sehr aufhübschen sollten“, sagt van Ruijven. „Das lässt sich steuern. Wenn wir Uferzonen im Hafengebiet einrichten, benutzen wir noch immer Stelconplatten als Bodenbelag. Man muss den Freiraum auch immer gemeinsam mit der Bebauung betrachten, die in Rotterdam oft einen effektvollen Kontrast bildet. Das sieht man zum Beispiel beim FENIX-Museum: Dank der schrundigen alten Lagerhäuser kann man den Kai begrünen, ohne dass ein spießiges Gesamtbild entsteht.“
Schließlich weist er noch auf eine sehr ortsspezifische Grünraum-Typologie hin: Gezeitenparks. Im Rahmen des Programms Der Fluss als Gezeitenpark XL sind inzwischen an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet solche terrassierte Parks entstanden, die mit dem Wasserstand auftauchen und verschwinden. „Das sind sowieso keine gepflegten Grünanlagen, denn sie sind matschig und auch nicht immer ganz sauber. Trotzdem wissen die Bewohner sie zu schätzen, denn man kann dort über Holzdecks laufen und kommt dem Fluss und den Gezeiten ganz nah. Auch das ist die Identität der Stadt.“

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