Bauwelt

Erinnern für die Zukunft

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Erinnern für die Zukunft

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Menschen ohne Rechte: Zwischen 1877 und 1950 sind in den USA mehr als 4400 Schwarze gelyncht worden, getötet aus einem willkürlichen Grund oder auch aus keinem. Die grausamen Taten waren lange vergessen. Nun widmet sich die Nationale Gedenkstätte für Frieden und Gerechtigkeit dieser dunklen Geschichte von Gewalt und Unrecht. Sie steht in Montgomery, der Hauptstadt des Bundesstaates Alabama. Viele stählerne Blöcke, am Boden und hängend, bilden ein Ensemble, das der Besucher durchwandert. Ein Vorbild für die Architekten Mass Design Group aus Boston war das Holocaust-Mahnmal in Berlin.
Mitten in Hongkong steht ein von wehrhaften Mauern umgebenes Quartier mit dem ehemaligen Regierungsgebäude, dem späteren Polizeipräsidium, und mehreren Gefängnisbauten als Relikt der Vergangenheit. Die britischen Kolonialherren errichteten es Mitte des 19. Jahrhunderts. Heute wird dieses Geviert der Stadtgeschichte auf engstem Raum von Hochhäusern regelrecht umringt. Herzog & de Meuron und Purcell Architects haben das Quartier zum Tai Kwun Centre for Hertiage & Arts „aufgebrochen“ und umgebaut. Zwei Neubauten mit Fassaden aus recycelten Aluminiummodulen kamen hinzu. In einem der Gefängnisbauten befinden sich die Bar und Lounge.
Eine ganz andere Neubetrachtung ihrer Geschichte erlebt Sélestat, eine kleine Stadt bei Straßburg. Seit der Renaissance werden dort kostbarste Bücher aufbewahrt. Die Bibliothek des Beatus Rhenanus war eher ein Ort der Forscher. Jetzt, nach Umbau und Erweiterung, wird sie bewusst wahrgenommen – und touristisch herausgestellt. Der Architekt des von kleinen Fachwerkhäusern umgebenen Projekts überrascht: Rudy Ricciotti.
118.160 Wirbel
Auch Kliniken haben ihre Geschichte, doch besonders dort ändern sich Nutzungsstrukturen stetig. Das erste deutsche Universitäts-Großklinikum wurde vor genau 50 Jahren im Berliner Südwesten eröffnet. Es nennt sich heute nach der Stiftung, die das Haus finanzierte, Benjamin Franklin und gehört zur Charité. Die Begeisterung war groß für das Haus, in dem unter einem Dach alle Bereiche einer Uniklinik ineinander greifen, eine Form des Klinikbaus, die 15 Jahre später beim Klinikum Aachen in der Gestalt einer „Maschine“ inszeniert wurde. Seit einiger Zeit wird die Berliner Klinik saniert und umgebaut. Es stellt sich heraus, welche Potenziale sie hinsichtlich der Anpassung an heutige Anforderungen besitzt. Die Baumaßnahmen werden allerdings etwas undurchsichtig in kleinen Schritten von mehreren Architekturbüros vorgenommen. Eine durchgehende Handschrift ist nicht zu erkennen. Der Generalplaner ist die Klinik. Der Denkmalpflegeplan sorgt intern für Diskussionen. Dies betrifft vor allem die „Wirbelsäulen“ der Fassaden. Die Architekten von 1968, Curtis & Davis aus New Orleans, hatten die Idee eines Screens, damals in Deutschland etwas neues. Viele der fragil wirkenden Betonteile sind brüchig und müssen repariert werden. Unser Autor hat in der Bauabteilung der Charité nachgefragt.

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