Bauwelt

Architecture Matters!

Politik, Architekten und Immobilienbranche an den sprichwörtlichen einen großen Tisch bringen und über Stadt diskutieren – an diese nach wie vor heikle Konstellation wagt sich alljährlich eine Konferenz in München.

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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Wer ist wer? Speeddating von jungen Architekten und Developern bei Architecture Matters.
Foto: Tanja Kernweiss

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Wer ist wer? Speeddating von jungen Architekten und Developern bei Architecture Matters.

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Architecture Matters!

Politik, Architekten und Immobilienbranche an den sprichwörtlichen einen großen Tisch bringen und über Stadt diskutieren – an diese nach wie vor heikle Konstellation wagt sich alljährlich eine Konferenz in München.

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Architecture Matters. Ins Deutsche lässt sich das nuancenreich übertragen: von „Architektur ist von Belang“ über „Auf Architektur kommt es an“ bis hin zu „Architektur ist entscheidend“. Für Architekten ist jede dieser Deutungen eine Selbstverständlichkeit, in der Gesellschaft wird ihre Gültigkeit längst infrage gestellt. Dabei hat sich an der Tatsache, dass Architektur eine entscheidende Rolle spielt, wenn es um die Qualität des menschlichen Zusammenlebens geht, natürlich nicht das Geringste geändert.
Wenn nun eine Veranstaltung, die von den Organisatoren beschrieben wird als „Konferenz zur Zukunft von Architektur und Stadt, die alle maßgeblichen Akteure – Architekten, Immobilienbranche, Politik – zusammenbringt“, Architecture Matters heißt, ist das fraglos als Aufforderung an all diese Akteure zu verstehen, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Die Immobilienbranche, indem sie nie vergisst, dass sie ihre Renditen mit Lebensräumen erwirtschaftet. Die Politik, indem sie sich nicht scheut, zugunsten gesellschaftlicher Interessen Druck auf Erstere auszuüben. Die Architekten, indem sie sich in die Lage versetzen, mit den anderen Akteuren den Gesprächsfaden weiterzuspinnen, um ihren schwindenden Einfluss auf die gebaute Umwelt nicht vollständig zu verlieren.
Zum vierten Mal seit 2016 hat die Autorin und Kuratorin Nadin Heinich mit der von ihr gegründeten Kommunikationsagentur plan A in diesem Jahr Architecture Matters in München veranstaltet. Die Konferenz in der Alten Akademie stand unter dem Motto „Think Big! Great Ideas, Large Scale Projects and Disaster“. Die Frage, ob wir in Deutschland heute noch Willens und in der Lage sind, große Projekte zu realisieren, lag in der Luft. Christoph Ingenhoven, der mit Großpro­jek­ten im Ausland ebenso Erfahrung hat wie im Inland, sah der endlosen Planungsgeschichte seines neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs zum Trotz kein grundsätzliches Unvermögen, hierzulande große Lösungen umzusetzen.
Apropos „Think Big!“: Den Veranstaltern war der Coup gelungen, mit der Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, dem Hamburger Oberbaudirektor Franz-Josef Höing, der Münchner Stadtbaurätin Elisabeth Merk und ihrer Vorgängerin Christiane Thalgott die Chefstadtplaner der drei größten deutschen Städte aufs Podium zu bringen. So viel geballte Erfahrung ist ein kaum zu übertreffender Mehrwert für jedes Konferenzpublikum. Höing betonte, dass alle wachsenden Städte in Deutschland zurzeit ihr jeweiliges Großprojekt zu stemmen hätten. Hamburg etwa müsse 10.000 Wohnungen im Jahr bauen, doch: „Wenn es nur das wäre! Dieses Wachstum hat in Wahrheit den größten Stadtumbau seit dreißig, vierzig Jahren zur Folge.“
Der Einfluss privater Entwickler auf die Stadtentwicklung ist fraglos größer geworden. Gerne engagieren diese Firmen die immer gleichen Architekturbüros – Experimente liebt die Branche nicht. Als Anstoß, diese eingefahrenen Kooperationen möglicherweise zu überdenken, gab es bei Architecture Matters erstmals ein Speeddating für junge Architekten und Developer. Im strengen Takt von sieben Minuten konnten sie sich und ihre Arbeit einander vorstellen. Ein erstes Beschnuppern.
Stadtumbau ist nicht zuletzt ein großes Geschäft, und wo es Geld zu verdienen gibt, drängen immer neue Akteure aufs Feld. Zum Eröffnungsabend waren sogenannte Proptechs eingeladen, Start-up-Unternehmen, die digitale Lösungen für die Immobilienbranche entwickeln. Architekten sind selten in dieser Gründerszene, was nicht bedeutet, dass die neuen Technologien nicht auch Einfluss auf ihre Arbeit haben. Wenn etwa ein überaus selbstbewusster Jungunternehmer die Entwicklung einer Software verkündet, mit der sich Architekturqualität berechnen lasse, sollten Architekten die Angelegenheit keinesfalls aus den Augen verlieren.

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