Bauwelt

Wer so baut, wie er fühlt, wird überall verstanden

Carme Pigem, Partnerin von RCR Arquitectes – den ziemlich überraschenden Pritzkerpreis­trägern aus Katalonien –, im Gespräch

Text: Macher, Julia, Bacelona

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    RCR Arquitectes: Rafael Aranda, Carme Pigem, Ramon Vilalta (v.l.n.r.)
    Foto: Javier Lorenzo Domínguez

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    RCR Arquitectes: Rafael Aranda, Carme Pigem, Ramon Vilalta (v.l.n.r.)

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    Der überdachte Platz am Ufer des Ter, mit Mehrzweckraum im Sockelgeschoss, ersetzt ein bau­fäl­liges ­Theater an selber Stelle. Zusammen mit der Fußgängerbrücke, die auch von den Architekten stammt, bildet er ein neues Tor in die Altstadt von Ripoll (2011)

    Foto: Hisao Suzuki

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    Der überdachte Platz am Ufer des Ter, mit Mehrzweckraum im Sockelgeschoss, ersetzt ein bau­fäl­liges ­Theater an selber Stelle. Zusammen mit der Fußgängerbrücke, die auch von den Architekten stammt, bildet er ein neues Tor in die Altstadt von Ripoll (2011)

    Foto: Hisao Suzuki

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    Kindergarten in Besalú (2010)
    Foto: Hisao Suzuki

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    Kindergarten in Besalú (2010)

    Foto: Hisao Suzuki

Wer so baut, wie er fühlt, wird überall verstanden

Carme Pigem, Partnerin von RCR Arquitectes – den ziemlich überraschenden Pritzkerpreis­trägern aus Katalonien –, im Gespräch

Text: Macher, Julia, Bacelona

Über die diesjährigen Pritzkerpreisträger waren viele erstaunt (Kommentar aus Heft 6). Das in der Kleinstadt Olot ansässige Büro RCR Arquitectes hat bisher vor allem in seiner Heimat Katalonien gebaut: Für geschickt in die Umgebung eingefügte Bauten wie die Bibliothek Joan Oliver in Barcelona oder den schaukastenarti­gen Theaterplatz in Ripoll gab es höchstes Lob von Kollegen. Zu den bedeutendsten internationalen Projekten zählt das Pierre-Soulages-Museum im fran­zösischen Rodez (Bauwelt 28.2014), ein Ensemble aus flachen Kortenstahl­boxen, das dem Garten genauso viel Bedeutung zumisst wie der präsentierten Kunst. Unsere Autorin traf Carme Pigem, Partnerin von RCR, im Büro des Trios.

In der Begründung des Pritzkerpreises heißt es, die Gebäude von RCR Arquitectes wirkten „sowohl ortsgebunden als auch universell“. Was bedeuten Ihnen Wurzeln?
Carme Pigem Sehr viel! Wir kommen alle aus der Garrotxa und fühlen uns in unserer Heimat sehr verwurzelt. Die Umgebung prägt unsere Art zu denken, wir sind stolz auf diese Verbundenheit. Aber das darf uns nicht den Blick versperren auf die Wirklichkeit andernorts. Insofern haben wir Wurzeln, aber auch Flügel: Wir bemühen uns um eine architektonische Sprache, die zwar von hier stammt, aber trotzdem überall verstanden wird.
Wie setzen Sie das um?
Das ist wie beim Propfen: Wenn auf einen Zweig ein Reis aufgesetzt wird, dann entsteht daraus etwas Neues, weil beide zusammenarbeiten. Wir wollen so bauen, dass man den Ort nicht mehr ohne unsere Architektur und die Architektur nicht ohne den Ort versteht.
Geht es dabei um eine bestimmte Art, den Raum zu verstehen? Um bestimmte Materialien, die Sie verwenden?
Es geht um Emotion. Wir haben eine enge Beziehung zur Natur. Wir lieben die außergewöhnliche Vulkanlandschaft der Garrotxa. Die Gefühle, die sie in uns auslöst, wollen wir in Architektur übersetzen – damit diese Gebäude beim Nutzer dann die gleichen Emotionen wecken. Wenn man etwas so macht, wie man es fühlt, wird man überall verstanden.
Die Tendenz, den konkreten Ort, das Regionale als Ausgangspunkt zu nehmen, gibt es
auch in anderen Ländern. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Wir waren 2010 gemeinsam mit sechs anderen Büros an einer Ausstellung in der Toto Galerie MA in Tokio beteiligt. Die Ausstellung hieß „Global Ends“: Es ging es um das Ende des Globalen. An dieser These ist etwas dran. Als die Kommunikationsmöglichkeiten noch begrenzter waren, brauchte man bestimmte Charakteristika, einen bestimmten globalen Stil, der bewies, dass man „auf der Welt“, dass man zeitgenössisch war. Inzwischen sind wir alle so gut miteinander vernetzt, dass man jetzt wieder das Singuläre, das Besondere jedes Ortes betonen kann.
Es geht also um Zeitgeist?
Es geht um zeitgenössische Gedanken in der Architektur. In der globalen Welt sind alle unterwegs, jeder ist mobil, auf der Suche nach dem Ort, der ihm die besten Chancen bietet. So, als passierte das Gute immer woanders, nur nicht da, wo man sich gerade befindet. Es wirkte lange Zeit so, als hätte man nur die Chance, zu gehen und seine Wurzeln zu kappen oder zu bleiben und sich selbst einzuschließen. Dass dieser Dualismus in Frage gestellt wird, finde ich sehr gut; gerade hier in Spanien, wo so viele Leute krisen­bedingt gehen mussten – und so viele Menschen von anderswo herkommen.
Als Sie nach dem Studium an der Escola Tèc­nica Superior d’Arquitectura del Vallès ins 34.000-Einwohner-Städtchen Olot zurückkehrten, haben Ihre Kommilitonen sicher verwundert den Kopf geschüttelt.
Als ob wir uns damit von der Weltkarte ausradiert hätten! Aber uns kam einfach nie etwas anderes in den Sinn.
RCR, der Name Ihres Büros, ist aus den Anfangsbuchstaben Ihrer Vornamen gebildet. Rafael Aranda, Ramon Vilalta und Sie arbeiten seit 1988 zusammen. Das wirkt alles sehr symbiotisch. Wie sieht der Arbeitsalltag aus?
Ein Kritiker hat einmal über uns gesagt, wir seien ein Jazz-Trio. Das Bild passt. Wir improvisieren auf einer Idee, einer nimmt den Gedanken des anderen auf und entwickelt ihn weiter.
Gibt es keine Spezialisierung in Ihrem Büro?
Einer von Ihnen kann vielleicht besser verhandeln als die anderen. Oder ein anderer ist
besser bei der Durchführung eines Projekts.
Den ersten Vor-Ort-Besuch machen wir immer alle drei gemeinsam. Danach geschieht alles Wichtige hier in diesem Raum, an diesem großen Tisch. Den teilen wir drei uns ganz bewusst. Unsere zwölf Mitarbeiter sitzen nebenan. Wir werden häufig gefragt, wer diese oder jene Skizze, wer diese oder jene Projektbeschreibung gemacht hat. Wir antworten dann immer, dass das nicht wichtig ist – und manchmal wissen wir das tatsächlich selbst nicht mehr.
Der Pritzkerpreis verschafft immer auch jede Menge Rampenlicht: Gibt es ein Projekt, von dem Sie träumen – oder umgekehrt, etwas das Sie nie tun würden?
Nein, wir sind da ganz offen: Jedes Projekt hat seine eigene Magie. Das Preisgeld kommt unse­-rer Stiftung zugute. An unserer Arbeit selbst wird sich wenig ändern: Wir sind, was wir sind – auch mit Pritzkerpreis.

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