Bauwelt

Ob Arthur H.Beal ein guter Müllmann war, da scheiden sich die Geister

Brigitte Schultz muß dringend einmal wieder ihren Großvetter A. in F. besuchen

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

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Ob Arthur H.Beal ein guter Müllmann war, da scheiden sich die Geister

Brigitte Schultz muß dringend einmal wieder ihren Großvetter A. in F. besuchen

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

Es hat eine besondere Magie, für sich selbst zu bauen. Bei Architekten läuft das im Wortsinne professionell ab und bietet alle Fallstricke des „Zuviel“: Zu viele Möglichkeiten, zu viele Vorstellungen, zu viel, was schief gehen kann, zu viele Ambitionen, zu viel Perfektionismus, zu viele Dinge, über die man sich ärgern kann. Dagegen steht: zu wenig Zeit, zu wenig Geld, zu wenig Muße. Mancher Laie geht da lockerer ran, man mag sagen: kontemplativ. In unserer Familie ist der Großvetter mütterlicherseits legendär, dessen Familie wiederum, seit man sich erinnern kann, auf einer Baustelle lebt. Genauer gesagt: auf einer Wanderbaustelle, denn immer wird an irgendeinem Teil ihres Hauses gerade gearbeitet, ohne dass das Ganze jemals fertig würde. Das geht anderen auch so, die allerdings dabei – pardon, lieber Vetter – faszinierendes schaffen. Mein Favorit in dieser Kategorie ist Arthur Harold Beal (1896–1992), ein Müllmann aus Cambria, USA. Ob er ein guter Müllmann war, da scheiden sich die Geister. Man mag ihn eher einen Vorreiter des Recycling nennen. Der Müll, den er abholte, kam jedenfalls nie auf der Deponie an, stattdessen baute Beal – oder Tinkerpaw, die Bastelpfote, wie ihn seine Freunde nannten – alles, was nur entfernt nutzbar war, in sein Haus ein. Auch wenn die Nachbarn das teilweise anders sehen, entstand so über ein halbes Jahrhundert ein beeindruckendes, verwinkeltes Anwesen, das sich gut als „reuse recycle“-Pavillon auf der Biennale machen würde. Besondere Merkmale sind ein Treppenabsatz, der als natürlicher Kühlschrank funktioniert, Wandverkleidungen aus Abalonenmuscheln und Handläufe aus dünnen Rohren, aus denen man Wasser zapfen kann, sollte einem ob all der Pracht einmal die Puste ausgehen. Tinkerpaw führte keine Statistik darüber, was die Bewohner des beschaulichen Städtchens am Pazifik am häufigsten wegwarfen. Aber seinem Haus nach zu schließen, müssen es Toiletten gewesen sein. Sie inspirierten den selbsternannten Baumeister zu Erfindungen wie aufklappbaren Bilderrahmen aus Toilettenbrillen, der Dachtoilette oder auch dem Paarsitzer-WC. Wenn das mal nicht der letzte Schrei auf der nächsten Messe wird.

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