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Von Jubel bis Protest

Kleines Mipim-2014-Glossar

Text: Brensing, Christian, Berlin

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Protest aus Frankreich
Reiner Nagel

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Protest aus Frankreich

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Von Jubel bis Protest

Kleines Mipim-2014-Glossar

Text: Brensing, Christian, Berlin

Christian Brensing hat die französische Immobilienmesse Mipim besucht und ein Glossar zusammengestellt
Jubiläum | 2014 feierte der, laut Veranstalter Reed Midem, „bedeutendste Branchentreff der Welt“ sein 25. Jubiläum. Und man legte sich vertraglich fest, auch in den nächsten zehn Jahren die Immobilienmesse in Cannes steigen zu lassen. Seit der ersten Mipim, 1990, hat die Messe für den deutschen Markt fortwährend an Bedeutung gewonnen; erst durch die Vergrößerung des europäischen Markts nach dem Mauerfall hat eine „German Real Estate Industry“ überhaupt entstehen können. Ihr Treiber: die Mipim.
Everybody’s darling: Wohnen | Wohnimmobilien in Deutschland, aber auch in London und Paris, erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Laut BNP Paribas Real Estate waren 2013 auf dem deutschen Wohnungsbausektor Transaktionen im Wert von 14,72 Milliarden Euro zu verzeichnen. Auch aus britischer Perspektive sieht der Markt so verheißungsvoll aus wie seit 2007 – als die Finanzkrise ihren Anfang nahm – nicht mehr. Wenig erinnerte dieses Jahr auf der Messe an den credit crunch. Abgesehen von Südeuropa und einigen vom Reformstau gebremsten Ländern wie Frankreich, feiert die Branche fröhliche Urstände: 36 Milliarden Euro von außereuropäischen Anlegern flossen 2013 nach Europa; nur 2007 war mit 46 Milliarden Euro noch erfolgreicher.
Baukultur | Schon zum siebten Mal in Cannes da­bei: der German Pavilion, ein Gemeinschaftsstand, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert und das Netzwerk Architekturexport NAX der Bundesarchitektenkammer betreibt. Neben 20 Dienstleistern aller Art, u.a. Architekten, war erstmals die Bundesstiftung Baukultur vertreten. Der neue Vorsitzende Reiner Nagel nutzte die Gelegenheit, um Investoren und Projektentwicklern seine hier noch etwas gewöhnungsbedürftige Kost „Baukultur“ vorzustellen.
From Russia with Love | Gemessen an der visuellen und akustischen Auffälligkeit, war Russland, „Ehrenland“ der Mipim 2014, die am stärksten vertretene Nation. Wohingegen arabische und fernöstliche Nationen, Städte und Projektentwickler ihre Präsenz stark reduziert hatten. Glaubt man den zahllosen Ständen, ist die russische Föderation für Investoren ein Paradies auf Erden. Vom Moskauer Hochhauscluster über das in zehn Jahren zu errichtende russische „Silicon Valley“ in Skolkowo bis zu Einkaufstempeln und Wohnpalästen findet sich alles in den Portfolios. Die beiden anderen Ehrenländer, Brasilien (zum ersten Mal auf der Mipim dabei) und die Türkei, verblassten im russischen Gegenlicht.
Innovationsforum | Dass die Mipim nicht gänzlich vom Profitstreben dominiert wird, sollte schon zum zweiten Mal das an den Yachthafen ausgelagerte Mipim Innovation Forum demonstrieren. Dort versammelten sich im Schein großer Namen wie 3XN, Dominique Perrault oder Winy Maas diejenigen Teilnehmer, die man vielleicht als innovativ-kritisch-konstruktives Potenzial der Messe bezeichnen kann. Internationale Firmen waren auch mit von der Partie. Die BASG z.B. möchte mit dem europäischen Passivhausprojekt BuildTog (Building Together) den energetischen Standard von Wohnhäusern verbessern. Das Pilotgebäude ist gerade in Darmstadt fertiggestellt worden, weitere folgen in Frankreich und Schweden. Der Entwurf des französischen Architekten Nicolas Michelin mag der x-te Aufguss des „zero-energy“ Hauses sein, aber auf der Mipim kann durch so ein Projekt durchaus die nötige Diskussion über Investitions- und Folgekosten in Gang kommen.
Le Mietpreisbremse | Seit der Finanzkrise ist Deutschland der viel gepriesene sichere Hafen für Anleger. Jedes Jahr fahren deutsche Projekte verlässlich Mipim Awards ein – 2014 wurden die „Tanzenden Türme“ in Hamburg und der Kö-Bogen in Düsseldorf (siehe Betrag auf Seite 8) prämiert. Mit ähnlicher Verlässlichkeit schaffen es – vom Ausland mit Kopfschütteln bedacht – aber auch Begriffe wie Mietpreisbremse ans obere Ende der Aufmerksamkeitsskala. Solch politisches Störfeuer irritiert die Branche naturgemäß. Trotzdem wird Deutschland auf Jahre begehrter Investitionsstandort bleiben – auch wenn London nach der überstandenen Wirtschaftskrise wieder Europas Investorenliebling ist.
Protestpotenzial | Bei aller Jubelstimmung an der Côte d’Azur waren erstmals – zugegeben schwache – Proteststimmen zu hören. Eine kleine Gruppe protestierte abseits des Palais des Festivals, unterstützt von Musik und einem einzigen Transparent, ge­gen die maßlosen Immobilienpreise in Cannes und Paris. 

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