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Räumliche Absurditäten

Markus Schinwald im Kunstverein Hannover und auf der Biennale in Venedig

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

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VG Bild-Kunst, Bonn 2011

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VG Bild-Kunst, Bonn 2011


Räumliche Absurditäten

Markus Schinwald im Kunstverein Hannover und auf der Biennale in Venedig

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

Als die Tirolerin Eva Schlegel Anfang 2010 zur Komissärin des österreichischen Beitrags für die Kunstbiennale 2011 in Venedig ernannt wurde, kündigte sie an, mit oder in dem Josef-Hoffmann-Pavillon in den Giardini ein räumliches Zeichen setzen zu wollen. Zur Umsetzung berief sie Markus Schinwald.
Schinwald, 1973 in Salzburg geboren, in Wien und New York arbeitend und lebend, ist in unterschiedlichen künstlerischen Medien zu Haus. Seine Themen sind der menschliche Körper, die Psyche und ihre Analyse, die Prägung durch Rituale und die Verstrickung in Konventionen, die unversehens in Zwänge umschlagen können. Neben Grafiken, Objekten oder Filmarbeiten umfassen die Ausstellungen von Schinwald immer auch eine räumliche Installation, mitunter eine recht theatralische Inszenierung der gesamten Präsentationsräume. In Venedig hat er ein dichtes Labyrinth aus schwebenden Kuben in den Hoffmann-Pavillon gehängt; die Fluchten des Kunstvereins Hannover, der ihm augenblicklich eine Personale widmet, überführt er in einen atmosphärischen Parcours mit einem geradezu bombastischen, tiefroten Mittelteil. Da Schinwald diese räumlichen Interventionen als autonome Kunstwerke betrachtet, zeigt er sie gerne als Eigenzitate en miniature in Aquarien, die mit Fischschwärmen üppig bevölkert sind. Natürlich ist die Venedig-Installation in Hannover zu bestaunen, durch 800 Neonfische demon­strativ gut frequentiert.
Dieser selbstverliebte Altherrengestus verstellt ein wenig den Blick auf Schinwalds zweiteilige Filmarbeit „Orient“, die den Titel der Hannoveraner Ausstellung vorgab und zeitgleich in Venedig läuft. Eine wohlgesetzte Choreographie, die mit fünf Darstellern und Akrobaten in einer aufgelassenen Wiener Brauerei in Szene gesetzt wurde, bietet einen originellen Zugriff auf Schinwalds Generalthema, den mensch­lichen Körper in allerlei Zwangssituationen, aber auch deren magische Überwindung. Der Film vermeidet eine konventionelle Handlung, die Protagonisten agie­ren voneinander isoliert, selbst wenn sie zeitweise synchron oder miteinander operieren. Ruinöser Raum, rätselhafte Aktion, ruhige Kamerafahrt und die eindringliche musikalische Unterlegung schaffen eine schwebende Atmosphäre, wie in Trance. „Orient“ – als Bestandteil des Wortes „Orientierung“ – thematisiert die menschliche Leistung, physisch und mental in räumlichen Situationen zu bestehen, und seien sie noch so absurd, widrig und unerklärlich.

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