Bauwelt

Mit dem Körper denken

Das Archiv der Architekten AFF

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    Vor der Ausstellung: weiße Wände im Berliner DAZ.

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    Vor der Ausstellung: weiße Wände im Berliner DAZ.

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    660 Fotos.

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    350 Gegenstände.

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    Ein großer Tisch.

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Mit dem Körper denken

Das Archiv der Architekten AFF

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Digitale Speichermedien machen es einfach, persönliche Archive zu führen. Klar ist aber auch: es handelt sich meist um umstandslos erzeugte Abbilder. Das Architekturbüro AFF ging mit der Ausstellung seines Archivs im Berliner DAZ einen Schritt weiter und stellte den gesampelten Bildern eigener Reisen materielle Fundstücke der Industriekultur gegenüber.
Mit einem besonderen Gegenstand fängt es meist an. Es kann ein abgestoßenes Stück Metall auf vier Rädern sein, auffällig allein durch seine Raketenform. Der Grund für die Faszination des ersten Sammelns mag viele Gründe haben. Sigmund Freud, ein leidenschaftlicher Sammler, der in seinem Arbeits- und Behandlungszimmer eine große Kollektion von Gipsab­drücken antiker Figürchen um sich stehen hatte, bezeichnete das Sammeln als triebgesteuert und sprach von Wiederholungszwang.
Weltarchiv und Denklabor
Eine Architekturausstellung zielt üblicherweise auf das Gegenteil einer Sammlung, die darauf angelegt ist, Dinge nebeneinander zu legen und miteinander vergleichbar zu machen. Wenn Architekten sich selbst präsentieren, wählen sie lieber ein Format, das aufs Ganze zielt: Abbilder einer möglichst komplexen – nicht selten durch entsprechende Fotos künstlerisch überhöhten – Sicht auf die eigenen Bauten werden dargestellt. Entwurfsskizzen bleiben in der Regel außen vor, diese Frühphasen mit Variantenbildung und dem Nebeneinanderstellen von Lösungen sollen im Dunkeln bleiben.
Es gab allerdings in den letzten Jahren eine Reihe von Ausstellungen in Form von Materialsammlungen, die den rohen Blick ins Werkarchiv erlaubt haben. Eine der auffälligsten Ausstellungen dieser Art war OMAs Schau in der Nationalgalerie (Bauwelt 47.2003): Die Masse der auf vielen Tischen ausgebreiteten Werkstücke wurde zu einer Dokumentation des ständig reisenden Architekten Rem Koolhaas, der weltweit urbane Entwicklungen analysiert, nebenbei für die Europäische Union eine Flagge entwirft und für die eigenen Architekturprojekte Spezialisten aus allen Ländern um sich schart. Das ausgestellte OMA-Archiv stand für die Potenz eines Büros, das längst zum globalen Think-Tank mutiert war, in jedem Zipfel der Welt seine Zelte aufschlug, während die kaum kaschierten Umzugskisten im Hintergrund bereits auf den nächsten Ausstellungsort verwiesen.
Die Berliner Architekten AFF haben Anfang des Jahres für das Berliner DAZ eine Ausstellung mit einer in ihrer Intention bescheideneren, gleichwohl umfangreichen Sammlung zu­sammengetragen – mehr Denkraum denn Weltarchiv. Keine Entwurfsproben werden gezeigt, sondern in ehemaligen Fabriken, auf Flohmärkten und Reisen gesammelte Werkzeuge und Rohlinge, Schraubenschlüssel, Spindeln, Getreideschütten, Isolatoren, Bügeleisen, Stanzeisen, Gummipuffer, Fettpressen etc. der Industriekultur der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre. Sie werden ergänzt von Fotos, die Ausschnitte gewöhnlicher Architektur aus der damaligen und heutigen Zeit ins Visier nehmen. Dieses Archiv unbeachteter und teils verloren gegangener Formen gehorcht der Formel, dass der Akt des Sammelns ein konservativer ist. Gegen die Ökonomie des Verschwindens setzen die Architekten eine Ästhetik des Bewahrens. Die Ausstellung, von Kristien Ring ku­ratiert (Bauwelt 10.2011), besteht aus einer 45 Meter langen Wand mit 660 in Gruppen sortierten Fotos, Postkarten, Plattencovern. Und in der Mitte gibt es einen 5 auf 6 Meter großen Tisch mit 350 Gegenständen, die in einem weiten Sinn Objekte einer industriellen oder alltagspraktischen Nutzung sind.
Die Gegenwart heutiger Gebrauchsformen ist längst in einem informellen Bereich angelangt, in dem die Formen selbst so gut wie nichts mehr preisgeben über den Zusammenhang zwischen ihrer inneren Mechanik und ihrer Verwendung. Blättert man durch einen Katalog neuer elektronisch gesteuerter Heimwerker-Maschinen, wird man oft nicht mal mehr die Funktionen erraten können. Was bedeutet dann eine Sammlung von Gegenständen, in der die sukzessive „Verbesserung“ von Typologien sichtbar wird, die die industrielle Fertigung und die Architektur der Nachkriegsmoderne gekennzeichnet hat? Auf den ersten Blick sind da rätselhafte Gegenstände auf dem Tisch ausgebreitet und an die Wand geheftet: kurios, aber was, bitte, haben sie mit Architektur zu tun? – Gerade in den minimalen Maßstabssprüngen ähnlicher Gegenstände gelingt es dieser Sammlung, die Frage nach der Architektur aufzuwerfen. So wie die ausgestellten Werkzeuge und Rohlinge, von denen viele aus leerstehenden Fabrikanlagen der DDR stammen, alle eine insofern vergleichbare Größe haben, als sie mit den Händen bedient wurden, so ist die Architektur untrennbar mit der Proportion und dem Körper ihrer Nutzer verbunden.
Der Anthropologe André Leroi-Gourhan hat es in Bezug auf die Geschichte der Werkzeuge „mit der Hand denken“ genannt. Für die Architektur könnte man analog sagen, sie wird in alle bisher vorhersehbare Zukunft mit dem Körper denken müssen. Die Ausstellung macht deutlich, dass sich gerade durch den Rückgriff auf fremd gewordene Typologien solche Zusammenhänge wieder offenlegen und für neue Entwurfskonzepte nutzen lassen. Das Archiv als Denklabor. Beim Entwurf der Schutzhütte Tellerhäuser bei Oberwiesenthal (Bauwelt 11.2010) zum Beispiel gab eine abgerissene Minimalhütte den Anstoß, ihre Fassade wie ein Werkstück als Abguss in den neuen Sichtbetonbau zu integrieren: ein proportionales Déjà-vu, das sich im Vis-à-vis der kleinen „Originalfenster“ zu den großen neuen Schwingflügeln aus Glas äußert.
In der Ausstellung wandert die Aufmerksamkeit von den fotografierten Themen zu den Werkzeugen auf dem Tisch und wieder zurück. So findet sich unter den Fotografien an der Wand eine systematische Dokumentation von kleineren Einbauten in Fabrikhallen, sogenannte „infills“, die als meist temporäre Ad-hoc-Werkstattbauten realisiert wurden. Diese Infills finden ihr Pendant in der Sammlung materieller Formen auf dem Tisch, den Holzkästen für Feinmechanik etwa mit ihrer Negativform für die Werkzeuge. Anhand solcher Maßstabswechsel wird der Besucher aufgefordert, sich vorzustellen, welche Räume aus dem Gegenüber von Positiv- und Negativform entstehen. Bei der Sanierung der Berliner Freiligrath-Schule – ein hermetischer Ziegelbau aus dem frühen 20. Jahrhundert mit einem eindrucksvollen Dach, in das neue Ateliers gebaut werden – probieren die Architekten solche Infills gerade aus.
Lesen Sie dazu auch im Baunetz:
AFF Architekten im Crystal Talk
Fakten
Architekten AFF Architekten, Berlin
aus Bauwelt 14.2011
Artikel als pdf

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