Bauwelt

Ideen für Investoren

Parkhaus Coulinstraße in Wiesbaden

Text: Bodenbach, Christof, Wiesbaden

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1. Preis: BHSF Architekten, Zürich; Claus en Kaan Architekten, Amsterdam

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Ideen für Investoren

Parkhaus Coulinstraße in Wiesbaden

Text: Bodenbach, Christof, Wiesbaden

Die Stadt Wiesbaden plant, das 70er-Jahre-Parkhaus an der Coulinstraße abzureißen und durch ein neues zu ersetzen. Für den Bau sucht sie einen Investor, der auch als Betreiber auftritt. Das Ergebnis eines Wettbewerbs soll ihr dabei helfen und zugleich die gestal­terische Qualität sichern.
Parkhäuser fristen, was die Architektur angeht, häufig ein Schattendasein. In den meisten Fällen handelt es sich um gestapelte Bodenplatten, die möglichst viele Stellplätze bieten, effizient erschlossen und mit einer anspruchslosen Hülle verkleidet sind. Wenn der architektonischen Gestaltung dieser großen, oft den Maßstab der Umgebung sprengenden „Häuser für Autos“ dennoch Beachtung geschenkt wird, lassen sich zwei extreme Ansätze erkennen. Entweder die Architekten greifen zu spektakulären Formen, wie etwa Herzog & de Meuron beim Parkhaus in Miami (Bauwelt 21.10), oder es geht ihnen darum, die großen Parkpaletten zu „verstecken“ bzw. ihnen den Anschein von „Häusern für Menschen“ zu geben. Beim jüngst entschiedenen Wettbewerb für ein Parkhaus in der Wiesbadener Innenstadt ging es vor allem da­rum, ein riesiges Gebäudevolumen in eine städtische Struktur einzuordnen, die eigentlich nach Kleinteiligkeit verlangt.
Das Grundstück, auf dem das neue „Parkhaus Coulinstraße“ gebaut werden soll, liegt in unmittelbarer Nähe zur wichtigsten Einkaufsstraße der hessischen Landeshauptstadt an einem Geländeversprung von rund 12 Metern; schräg gegenüber wurde vor ein paar Wochen der ebenfalls aus einem Wettbewerb hervorgegangene „Gedenkort Ehemalige Synagoge“ (Bauwelt 44.06) fertiggestellt. Das rund 30 Jahre alte Parkhaus, das dort heute noch steht und das demnächst abgerissen werden soll, ist ein unverkennbares Kind der Doktrin von der „autogerechten Stadt“. Zum Glück, möchte man sagen, ist es so marode, dass es nur noch bis Ende 2011 betrieben werden darf; 125 der 420 Stellplätze sind bereits aus Sicherheitsgründen gesperrt.
Für den geplanten Neubau sucht die Stadt einen Investor, der das Haus nachher auch betreibt. Das Wettbewerbsergebnis soll ihr bei der Suche helfen – eine legitime Strategie, die vor allem eine Diskussion über die gestalterische Qualität ermöglicht. Weil die Ausloberin voraussichtlich nicht auch Auftraggeberin sein wird und weil die ungewisse Realisierung des Ergebnisses die Bezeichnung Ideenwettbewerb verlangen würde, die Aufgabenstellung aber der ei­nes Realisierungswettbewerbs gleichkam, hatte man sich für einen etwas sperrigen Titel entschieden: „Nicht offener Wettbewerb unter Ausschluss eines Dienstleistungsauftrages nach RPW 2008 mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren“. 96 Büros hatten sich beworben, 20 wurden ausgewählt, 18 gaben am Ende ab. Laut Auslobung hatte die Jury (Vorsitz: Ferdinand Heide) die Aufgabe, fünf Entwürfe auszuwählen, die im Anschluss zur Diskussion gestellt und potenziell interessierten Investoren vorgelegt werden können.
Den ersten Preis vergab sie an BHSF Architekten, Zürich, mit Claus en Kaan Architecten, Amsterdam. Ausschlaggebend dafür war vor allem die städtebaulich überzeugende Gliederung, die das große Volumen einigermaßen stadtverträglich auf dem verhältnismäßig kleinen Hanggrundstück unterbringt und „den hohen Qualitäten des Standorts am besten gerecht“ wird. Ob die vorgeschlagene Streckmetallfassade allerdings „dem historischen Kontext gerecht werden kann“, war auch im Preisgericht umstritten.
Der zweite Preis ging an Meyer & Partner aus Bayreuth, deren gestalterisch indifferenter Beitrag schlicht die meisten Stellplätze zur Verfügung stellt. Platz drei ging an die ortsansässigen Architekten Kissler + Effgen, die die Fassaden zur Einkaufsstraße hin als „Haus für Menschen“ gestalteten. Zur Coulinstraße hingegen ist die Parkhaus-Nutzung klar erkennbar, hier geriet der Entwurf eher etwas zu schnittig. Wittfoht Architekten aus Stuttgart erhielten den vierten Preis; sie gliedern die Fassade in einen oberen Teil, die „Hängenden Gärten“, und einen unteren mit einer Art Flechtoptik. Den fünften Preis erhielt der Münchner Architekt Peter Haimerl, der eine Art vergoldetes Guggenheim-Museum vorschlägt.
Ob sich ein Investor findet, ist noch völlig offen. Zunächst wird nun, wie in der Auslobung festgeschrieben, die Wirtschaftlichkeit aller fünf prämierten Entwürfe geprüft. Einen klaren Favoriten sollen dann die Ende März neu gewählten Stadtverordneten küren, vermutlich in ihrer Sitzung am 16. Juni.
Fakten
Architekten BHSF Architekten, Zürich, mit Claus en Kaan Architekten, Amsterdam; Meyer & Partner, Bayreuth; Kissler + Effgen, Wiesbaden; Wittfoht Architekten, Stuttgart; Peter Haimerl Architektur, München
aus Bauwelt 13.2011
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