Bauwelt

„Geist bewegen statt Masse, das ist der Wettbewerbsvorteil“

Text: Aicher, Florian, Leutkirch

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„Geist bewegen statt Masse, das ist der Wettbewerbsvorteil“

Text: Aicher, Florian, Leutkirch

Hubert Rhomberg ist Geschäftsführer der Rhomberg Holding und der Tochterfirma Cree GmbH – Bauherrin und ausführende Baufirma des „LifeCyle Tower“ in Dornbirn. Ein Interview
Bei Art, Umfang und Geschichte Ihres Unternehmens – vier Generationen Baumeister, heute eines der führenden Unternehmen im Lande mit Engagements über Europa hinaus, Herkunft aus Eisenbahn-, Straßen- und Tunnelbau, tief verwurzelt im Bauen mit Stein –, bei alldem nimmt Ihr Investment in ein Holzhochhaus wunder.
Was hat Sie bewegt, stofflich ganz neue Wege zu beschreiten?

Hubert Rhomberg
| Gerade für uns ist die Frage nach den Ressourcen naheliegend. Die Zunahme der Weltbevölkerung und des Wohlstands werfen die Frage nach der Verknappung auf, die bei ganzheitlicher Betrachtung noch verschärft wird. Friedrich Schmidt-Bleek, einst führend am Wuppertal-Institut und heute Freund des Hauses, verdanke ich, Stoffe ganzheitlich zu bewerten, ihren ökologischen Rucksack ins Kalkül zu ziehen. Und dann beansprucht eine Einheit Stahl das acht- bis zehnfache, eine Einheit Kupfer das 300- bis 500-fache an Ressourcen. Für einen Unternehmer, der Bauleistungen, gerade komplexer Art, schlüsselfertig anbietet, entsteht da eine brisante Situation, die zunehmend unkalkulierbar wird. Es war nur logisch, da anzusetzen und das Ziel anzustreben: dasselbe Bauwerk mit halbierten Ressourcen. Daraus ergab sich schlüssig die Frage nach dem Stoff mit dem geringsten ökologischen Rucksack – und das ist Holz. Da ist der Faktor das 0,6-fache je Einheit.  

Sie haben umfangreich recherchiert – wie werten Sie den Rucksack eines Stahlbetonbaus im Vergleich zu dem eines Holzbaus?

Das ist schwer zu quantifizieren, doch mit dem Faktor 10 liegt man eher zu niedrig – Beschaffung, Zurichtung, Transport, Verarbeitung in Rechnung gestellt. Legen Sie beim Stahl nochmals 10 drauf. Da wird ein Bau, der maßgeblich aus Holz besteht, zwingend.

Ist das nicht sehr einseitig gesehen und somit eine Einschränkung?


Das wäre es, wenn wir mit Gewalt den einen Stoff mit dem andern austreiben wollten. Maßgeblich aus Holz heißt aber: nicht schwarz oder weiß, nicht Beton oder Holz, sondern die Stoffe so einzusetzen, dass sie optimal genutzt werden unter der Maßgabe der Ressourcenersparnis. Ein Hybrid mit hohem Holzanteil, bereits bei den Bauteilen: Das ist unsere Antwort darauf.

Holz-Beton in Verbund – aber wieso so hoch?

Wir müssen den Deckel heben! Zeigen was geht, was Holz kann, was wir leisten können! Innovationen brauchen Bilder. Wir wissen schon, dass sich die Masse derartiger Bauten um drei bis  fünf Geschosse bewegen wird. Aber wenn wir die weltweite Urbanisierung vor Augen haben, heißt Ressourcen schonend auch: nachhaltiger Hochbau, dicht und hoch.

Das ist die stoffliche Seite. Wie sieht für einen Unternehmer die Angebotsseite aus?


Holzbau ermöglicht seit jeher hohe Systematisierung, damit Vorfertigung, damit Sicherstellung von Bauabläufen und Qualität – und zwar der ganzen Produktkette. Wir können schnell bauen, überall. Damit können wir skalieren, multi­-plizieren und exportieren. Wir bringen die hohe Qualität des nördlichen Alpenraums nach ganz Europa. Systematisierung wird zur Voraussetzung, um anderswo Partner zu finden. Das heißt: weniger Produkte exportieren, stattdessen Know-how, Fertigkeiten, um Partner für lokale Fertigung anderswo zu finden. Wir konnten
hier mit dem LifeCycle Tower ein intelligentes und komplexes Gebäude entwickeln aus vergleichsweise einfachen Komponenten; das tragen wir hinaus, und dann gelingt dort die lo­kale Fertigung. Wir bewegen Geist statt Masse – das ist unser Wettbewerbsvorteil.

Wie hat man sich Ihre Partner vorzustellen?

Wir greifen vor allem auf kleine Betriebe mit fünf bis zehn Leuten zurück, die qualifiziert sind, und unterstützen so regionale Wertschöpfung am Ort des Geschehens.

Man kennt das anders: Unternehmen, die möglichst alles an sich ziehen, einverleiben, die industrielle Dominanz gegen das Handwerk in Stellung bringen.


Ich bin überzeugt: Die Wirtschaft wird sich von der Konkurrenz zur Kooperation entwickeln – anders, als wir es in den letzten Jahrzehnten beigebracht bekommen haben. Konkurrenz fördert Innovation, sicher; doch es ist keineswegs gesagt, dass Kooperation nicht mehr vermag. Die Idee ist: offen sein, Partner finden, kooperieren – etwas selbst herstellen, das ist nur die Rückfall­ebene. Unternehmer sein heißt heute: weniger selbermachen, mehr planen, entwickeln. Systematisieren eben – weniger von Dingen als von Prozessen.

Stichworte, die den Bau umreißen, beschreiben Ihr Verständnis von Unternehmenskultur?

Sicher – wir wollen weg davon, Auftragnehmer auszuquetschen. Partnerschaftliches Wirtschaften ist unser Ziel. Vertrauen, Ehrlichkeit, Authentizität: Das kommt wieder!

Und damit verdient man Geld?

Wir haben gute Erfahrung mit partnerschaft­li­chen Modellen. Bauherr, Architekt, Ausführende sitzen von Anfang an gemeinsam am Tisch, gestalten das Projekt, optimieren, unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen und Stärken – das sind Partner, keine subalternen Zulieferer. Ein so transparenter Prozess erfordert am Anfang erhöhtes Engagement, erspart aber am Ende Reibungsverluste. Die Optimierung des Projekts ist die Sache aller Beteiligten. Das setzt Energie frei, erlaubt Gewinne. Ich kenne heutige Bauabwicklung zu gut – da wird die halbe Energie im Streit verbrannt ...

Und das konnten Sie beim Holzhochhaus in Dornbirn umsetzen?

Partnerschaftlich ja, lokal noch nicht ganz. Beim zweiten, bereits begonnenen Projekt werden die wesentlichen Elemente von Partnern im Land hergestellt – mittelständische, hoch qualifizierte Handwerksbetriebe. Und von denen lernen wir, von denen profitiert unsere Entwicklung. Vorarlberg ist ein Mikrokosmos, in dem wir lernen, Zusammenarbeit üben, neue Aufgaben formulieren. Etwa: Wie machen wir es anderswo?

Konkret?

Amerika. Da steht ein Projekt vor dem Abschluss. Kalifornien ist an unseren bauökologischen Standards interessiert – Stichwort: green jobs. Dorthin exportieren wir keine Sachen, sondern Kompetenz. Das Know-how muss rüber! Und wenn wir kopiert werden, nehmen wir das als Anerkennung.   

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