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DIE LINKE macht in Immobilien

Mit einer Genossenschaft bietet die Partei bei der Versteigerung des TLG-Wohnungsbestands mit

Text: Weckherlin, Gernot, Berlin

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DIE LINKE macht in Immobilien

Mit einer Genossenschaft bietet die Partei bei der Versteigerung des TLG-Wohnungsbestands mit

Text: Weckherlin, Gernot, Berlin

Es kommt nicht häufig vor, dass Politiker auf privates finanzielles Risiko politisch handeln. Genau dies konnte die Hauptstadtpresse am 16. April beobachten – im Rahmen eines Pressegesprächs, zu dem die bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE Heidrun Bluhm und der Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi geladen hatten.
Am 16. April endete die Frist zur Registrierung von Bietern um den Verkauf der beiden Teilgesellschaften der staatlichen Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft, TLG Immobilien und TLG Wohnen. Auf Betreiben des Bundesfinanzministeriums sollen diese meistbietend veräußert werden. Ein erster Anlauf zur Privatisierung war 2008 wegen der Turbulenzen nach der Lehman-Pleite gescheitert. Vor allem der Verkauf der verbliebenen ca. 11.500 Wohnungen an rund vierzig ostdeutschen Standorten empört die Genossen nicht ganz zu Unrecht. Es handelt sich da­bei um weitgehend sanierte Wohnungen in Mittel- und Großstädten, darunter Potsdam, Rostock, Dresden, Halle und Stralsund, meist frühere Betriebs- und NVA-Wohnungen. Diese erfreuen sich wegen des hohen Anlagebedarfs vor allem institutioneller Investoren inzwischen wieder größeren Interesses. Für diese Anleger sind die bisher bevorzugten Großstädte für Portfolioerweiterungen schlicht zu teuer geworden. Das Finanzministerium erhofft sich mit der Aufspaltung in zwei Verkaufspakete einen höheren Verkaufserlös. Im Fall des Wohnungsteils wird er auf mindestens 569 Millionen Euro taxiert, das Einzelhandels- und Gewerbeimmobilienpaket dürfte einen Wert von ca. 1,1 Milliarden Euro haben. Die beiden Gesellschaften sollen an einen oder höchstens zwei Bieter verkauft werden. Bis Ende 2012 soll das Verfahren abgeschlossen sein.
Dreißig Mitglieder der Bundestagsfraktion DIE LINKE haben nun – 2012 ist Internationales Jahr der Genossenschaften – die „TreuhandliegenschaftsGenossenschaft FairWohnen i.G.“ gegründet und wollen mit dieser am Bieterverfahren teilnehmen. Die „FairWohnen“ wird, soweit bisher bekannt, gegen Finanz­investoren wie die Patrizia Immobilien GmbH, die Schweizer Corestate Capital AG und die Deut­-sche Wohnen AG sowie die Conwert Immobilien Invest GmbH antreten.
Laut Bluhm gehe es der Partei keinesfalls da­rum, unterstützt durch ein nicht näher benanntes Bankenkonsortium, „am großen Finanzrad“ zu drehen, das hier mit dem „letzten Vermögen des Volkes der ehemaligen DDR“ in Schwung gehalten werden solle, nein: Einerseits wolle man die Mieter zur Zeichnung von Genossenschaftsanteilen bewegen und damit deren Mitspracherecht sichern, andererseits solle die überregionale Genossenschaft später in regionale Einheiten aufgeteilt werden. Nachdem ein Antrag der Linken im Bundestag auf Aussetzung des Privatisierungsverfahrens erwartungsgemäß folgenlos blieb, beteiligen sich die Genossen nun als Genossenschaftler. Gysi und Bluhm kritisierten, dass es der Bund, indem er die Wohnimmobilien zu einem überregionalen Gesamtpaket gebündelt hat, den Kommunen bzw. deren lokalen Wohnungsbaugesellschaften unmöglich gemacht habe, Teile des Bestands zu sichern. Der Paketverkauf sei eine einzige Einladung an „Heuschrecken“, und die Sozialcharta, die zugunsten der Mieter abgeschlossen würde, erfahrungsgemäß nicht das Papier wert, auf dem sie stünde, so Gysi. Nun kommt auf die Linken vor Ort die Aufgabe zu, Wohnungsmieter, aber auch andere Interessierte von der Zeichnung von Genossenschaftsanteilen zu überzeugen. Der Mindestanteil, den Gysi öffentlich zeichnete, beträgt 513 Euro – wo­mit, selbst wenn sich alle Wohnungsmieter betei­ligten, nicht einmal ein Prozent des zu erwartenden Mindestkaufpreises zusammenkommen würde.
Wie wahrscheinlich der Zuschlag an die „TreuhandliegenschaftsGenossenschaft FairWohnen i.G.“ ist, hängt so vermutlich maßgeblich von der Höhe des Preisgebots ab, den das Bundesfinanzministerium unter dem Posten „Privatisierungserlöse“ verbuchen möchte. Der finanzpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion Michael Meister jedenfalls gab der Berliner Zeitung am 17. April launig zu Pro­tokoll: „Privatinitiative ist doch toll, insbesondere, wenn sie von staatsgläubigen Menschen kommt... Die sollen das mal machen.“

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