Bauwelt

Auskragen

Design und Architektur von Marcel Breuer im Bauhaus Dessau

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

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    1924 legt der geborene Ungar Marcel Lajos Breuer am Bauhaus in Weimar erfolgreich seine Gesellenprüfung zum Tischler ab.
    Portrait (1949), Homer Page (Bauhaus-Archiv, Berlin)

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    1924 legt der geborene Ungar Marcel Lajos Breuer am Bauhaus in Weimar erfolgreich seine Gesellenprüfung zum Tischler ab.

    Portrait (1949), Homer Page (Bauhaus-Archiv, Berlin)

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    Schon ein Jahr zuvor wurde Breuer Leiter der Bauhauswerkstatt und entwarf erste avantgardistische Holzmöbel (Lattenstuhl „ti 1a“; 1924).
    Daniel Niggemann, 2012, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Schon ein Jahr zuvor wurde Breuer Leiter der Bauhauswerkstatt und entwarf erste avantgardistische Holzmöbel (Lattenstuhl „ti 1a“; 1924).

    Daniel Niggemann, 2012, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Der Kinderstuhl „ti 3 b“ (1923) wurde ab 1929 in der Tischlereiwerkstatt des Bauhaus Dessau hergestellt.
    Kellerhoff, Kelly; Berlin, 1995, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Der Kinderstuhl „ti 3 b“ (1923) wurde ab 1929 in der Tischlereiwerkstatt des Bauhaus Dessau hergestellt.

    Kellerhoff, Kelly; Berlin, 1995, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Parallel zum Niederländer Mart Stam experimentiert Breuer mit Stahlrohren und entwarf diverse, von den Gebrüdern Thonet hergestellte Freischwinger (Armlehnstuhl „B 34“, 1929).
    Kellerhoff, Kelly; Berlin, 1995, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Parallel zum Niederländer Mart Stam experimentiert Breuer mit Stahlrohren und entwarf diverse, von den Gebrüdern Thonet hergestellte Freischwinger (Armlehnstuhl „B 34“, 1929).

    Kellerhoff, Kelly; Berlin, 1995, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Nach einem langwierigen Gerichtsverfahren (1929-32) zwischen Thonet und Mart Stam wurde die „künstlerische Urheberschaft“ am Freischwinger dem Holländer zugeschrieben (Armlehnstuhl „B 11“, 1926/27).
    Daniel Niggemann, 2012, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Nach einem langwierigen Gerichtsverfahren (1929-32) zwischen Thonet und Mart Stam wurde die „künstlerische Urheberschaft“ am Freischwinger dem Holländer zugeschrieben (Armlehnstuhl „B 11“, 1926/27).

    Daniel Niggemann, 2012, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Klassiker: Der ursprünglich für den Bauhaus-Kollegen Wassily Kandinsky entworfene und aus Stahlrohr und Eisengarnbespannung gebaute „Clubsessel“ (1925/26) wird immer noch produziert.
    Daniel Niggemann, 2012, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Klassiker: Der ursprünglich für den Bauhaus-Kollegen Wassily Kandinsky entworfene und aus Stahlrohr und Eisengarnbespannung gebaute „Clubsessel“ (1925/26) wird immer noch produziert.

    Daniel Niggemann, 2012, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Neben hinterbeinlosen Kragstühlen entwarf Breuer auch Teetische („B 9–9c“, 1925/26) mit Kufen aus gebogenen Stahlrohren.
    Sammlung Stiftung Bauhaus Dessau

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    Neben hinterbeinlosen Kragstühlen entwarf Breuer auch Teetische („B 9–9c“, 1925/26) mit Kufen aus gebogenen Stahlrohren.

    Sammlung Stiftung Bauhaus Dessau

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    Der Schlaufentisch „B 10“ (1927) wurde ebenfalls von der Gebr. Thonet A.G. hergestellt.
    Kellerhoff, Kelly; Berlin, 1996, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Der Schlaufentisch „B 10“ (1927) wurde ebenfalls von der Gebr. Thonet A.G. hergestellt.

    Kellerhoff, Kelly; Berlin, 1996, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Für das Meisterhaus von László Moholy Nagy, Leiter der Metallwerkstatt am Bauhaus Dessau, entwarf Marcel Breuer (1927/28) das Wohnzimmermobiliar.
    Lucia Moholy, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Für das Meisterhaus von László Moholy Nagy, Leiter der Metallwerkstatt am Bauhaus Dessau, entwarf Marcel Breuer (1927/28) das Wohnzimmermobiliar.

    Lucia Moholy, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Karg aber funktional: Das Mobiliar (1929) der Studierendenateliers im „Prellerhaus“ des Bauhausgebäudes stammt ebenfalls von Marcel Breuer.
    Walter Peterhans, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Karg aber funktional: Das Mobiliar (1929) der Studierendenateliers im „Prellerhaus“ des Bauhausgebäudes stammt ebenfalls von Marcel Breuer.

    Walter Peterhans, Stiftung Bauhaus Dessau

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    Studentenfeier in einem der Ateliers des Bauhauses Dessau (um 1928) mit Satztischen von Marcel Breuer
    Bauhaus-Archiv, Berlin

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    Studentenfeier in einem der Ateliers des Bauhauses Dessau (um 1928) mit Satztischen von Marcel Breuer

    Bauhaus-Archiv, Berlin

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    Die Musterwohnung der Werkbundsiedlung „Neubühl“ in Zürich ist mit einem Stuhl, einem Schreibtisch, einer Liege und einem Regal von Breuer ausgestattet (ca. 1934).
    Hans Finsler (Staatliche Galerie Moritzburg Halle, Landeskunstmuseum Sachsen-Anhalt, Hans Finsler-Nachlass)

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    Die Musterwohnung der Werkbundsiedlung „Neubühl“ in Zürich ist mit einem Stuhl, einem Schreibtisch, einer Liege und einem Regal von Breuer ausgestattet (ca. 1934).

    Hans Finsler (Staatliche Galerie Moritzburg Halle, Landeskunstmuseum Sachsen-Anhalt, Hans Finsler-Nachlass)

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    Noch bevor Breuer in Berlin ein Architekturbüro eröffnet (1929), gestaltet er im sachlich modernen Stil das Esszimmer (1927) in der Wohnung des Berliner Theaterregisseur Erwin Piscator.
    Cami Stone (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Noch bevor Breuer in Berlin ein Architekturbüro eröffnet (1929), gestaltet er im sachlich modernen Stil das Esszimmer (1927) in der Wohnung des Berliner Theaterregisseur Erwin Piscator.

    Cami Stone (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Basierend auf einer Kleinwohnhaustypologie entwickelt Breuer für die Erweiterung der Meisterhaussiedlung „BAMBOS 3“ (1927), ...
    Smithsonian Archives of American Art, Washington

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    Basierend auf einer Kleinwohnhaustypologie entwickelt Breuer für die Erweiterung der Meisterhaussiedlung „BAMBOS 3“ (1927), ...

    Smithsonian Archives of American Art, Washington

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    ... und das Einzelhaus „BAMBOS 1“ (Rekonstruktion von Henning Seilkopf, 2002). Die Entwürfe werden allerdings nicht realisiert.
    Uwe Jacobshagen, 2003, Stiftung Bauhaus Dessau

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    ... und das Einzelhaus „BAMBOS 1“ (Rekonstruktion von Henning Seilkopf, 2002). Die Entwürfe werden allerdings nicht realisiert.

    Uwe Jacobshagen, 2003, Stiftung Bauhaus Dessau

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    1937 emigriert Breuer aufgrund seiner jüdischen Herkunft in die USA und realisiert in New Canaan (Connecticut) „Haus Breuer II“ (1947-48).
    Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.

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    1937 emigriert Breuer aufgrund seiner jüdischen Herkunft in die USA und realisiert in New Canaan (Connecticut) „Haus Breuer II“ (1947-48).

    Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.

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    Neben der Realisierung von weiteren Wohnhäusern („Haus Robinson“, Williamstown in Massachusetts, 1947-48) arbeitet Breuer gemeinsam mit Walter Gropius ...
    David Sundberg ©Esto. All rights reserved

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    Neben der Realisierung von weiteren Wohnhäusern („Haus Robinson“, Williamstown in Massachusetts, 1947-48) arbeitet Breuer gemeinsam mit Walter Gropius ...

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    ... und lehrt als Professor an der „Graduated School of Design“ der Harvard University („Haus Staehelin“, Feldmeilen, Schweiz, 1957-58).
    Bernhard Moosbrugger (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    ... und lehrt als Professor an der „Graduated School of Design“ der Harvard University („Haus Staehelin“, Feldmeilen, Schweiz, 1957-58).

    Bernhard Moosbrugger (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Glockenturm „Annunciation Priory of the sisters of St.Benedict“ (Bismarck in North Dakota, 1961-63)
    Shin Koyama (University of Mary Archive)

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    Glockenturm „Annunciation Priory of the sisters of St.Benedict“ (Bismarck in North Dakota, 1961-63)

    Shin Koyama (University of Mary Archive)

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    Breuer vor der Baustelle der „Saint John`s Abtei“ der Universität Collegeville in Minnesota (ca. 1961).
    Minneapolis Star and Tribune Co. (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Breuer vor der Baustelle der „Saint John`s Abtei“ der Universität Collegeville in Minnesota (ca. 1961).

    Minneapolis Star and Tribune Co. (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Die aufgefächterte Stahlbetonstütze in der Univ-Bibliothek der „Saint John‘s Abbey“ (1964-66) erinnern an Konstruktionen von Pier Luigi Nervi, mit dem Breuer 1953-58 das Pariser UNESCO-Gebäude entwarf.
    Chicago Historical Society / Hedrich Blessing (HB-30955-03)

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    Die aufgefächterte Stahlbetonstütze in der Univ-Bibliothek der „Saint John‘s Abbey“ (1964-66) erinnern an Konstruktionen von Pier Luigi Nervi, mit dem Breuer 1953-58 das Pariser UNESCO-Gebäude entwarf.

    Chicago Historical Society / Hedrich Blessing (HB-30955-03)

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    Expressiver Kirchbau: „St.Francis de Sales“ (Muskegon in Michigan 1964-66)
    Chicago Historical Society / Hedrich Blessing (HB-30662-Z)

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    Expressiver Kirchbau: „St.Francis de Sales“ (Muskegon in Michigan 1964-66)

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    Das bekannteste Gebäude von Marcel Breuer mit abgetreppter Granitfassade, das „Whitney Museum of American Art“ (New York, 1964-66), wird derzeit von Renzo Piano saniert und erweitert.
    Ezra Stoller © Esto. All rights reserved

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    Das bekannteste Gebäude von Marcel Breuer mit abgetreppter Granitfassade, das „Whitney Museum of American Art“ (New York, 1964-66), wird derzeit von Renzo Piano saniert und erweitert.

    Ezra Stoller © Esto. All rights reserved

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    Leitmotiv Auskragen: auf dem Campus „University Heights“ der New York University realisiert Breuer 1967-70 die Betonskulptur „Begrisch Hall“.
    Ben Schnall (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Leitmotiv Auskragen: auf dem Campus „University Heights“ der New York University realisiert Breuer 1967-70 die Betonskulptur „Begrisch Hall“.

    Ben Schnall (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Kurz vor seinem Tod realisierte Marcel Breuer ebenfalls mit entwurfscharakteristischen Auskragungselementen die „Atlanta Central Public Library“ (Atlanta in Georgia, 1977-80).
    Architectural Photography of Atlanta (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Kurz vor seinem Tod realisierte Marcel Breuer ebenfalls mit entwurfscharakteristischen Auskragungselementen die „Atlanta Central Public Library“ (Atlanta in Georgia, 1977-80).

    Architectural Photography of Atlanta (Marcel Breuer Papers, Archives of American Art, Washington, D.C.)

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    Erst Designer dann Architekt: Marcel Breuer (1902-1981) im Sommer 1975
    Bauhaus-Archiv, Berlin

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    Erst Designer dann Architekt: Marcel Breuer (1902-1981) im Sommer 1975

    Bauhaus-Archiv, Berlin

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    Die Ausstellung „Marcel Breuer – Designer und Architekt“ ist bis 31. Oktober 2012 im Bauhaus Dessau zu sehen.
    www.bauhaus-dessau.de
    HORT, Berlin

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    Die Ausstellung „Marcel Breuer – Designer und Architekt“ ist bis 31. Oktober 2012 im Bauhaus Dessau zu sehen.
    www.bauhaus-dessau.de

    HORT, Berlin

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Ben Schnall

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Ben Schnall


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Constance L. Breuer

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Constance L. Breuer


Auskragen

Design und Architektur von Marcel Breuer im Bauhaus Dessau

Text: Schulz, Bernhard, Berlin

Die Schau, eine Übernahme aus dem Vitra Design Museum, lässt dem Architekten Breuer endlich einmal Gerechtigkeit widerfahren. In allen Ausstellungen über das Bauhaus kommt er allein als Möbelentwerfer vor. Doch erst beide zusammen, Design und Architektur, machen Breuers Lebenswerk aus.
Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Eine Fotografie der Möbelwerkstatt am Bauhaus Weimar aus dem Jahr 1923 zeigt viel Holz und noch mehr Späne. In dieser Werkstatt lernte der blutjunge Marcel Lajos Breuer aus dem ungarischen Pécs die Möbeltisch­lerei. Und verabschiedete sich zwei Jahre später vom Holz, um stattdessen Möbel aus Metall zu entwerfen. Da war er, gerade 23 Jahre alt, selbst Leiter der Werkstatt. 1926 zog das Bauhaus nach Dessau in das neue Gebäude von Walter Gropius; in Des­sau hatte Breuer schon zuvor seinen „Stahlclubsessel“ gezeigt, der heutzutage unter dem Namen „Wassily-Chair“ bekannt ist und immer noch pro­duziert wird – ein Klassiker.

Marcel Breuer (1902–81) hat mehrere solcher Klassiker entworfen. Um den klassischsten von allen, den „hinterbeinlosen“ Stuhl von 1929 für die mit Bugholzmöbeln zu Weltruhm gelangte Firma Thonet, musste Breuer mit dem Holländer Mart Stam einen langen Rechtsstreit führen. Auch Stam hatte mit Metall experimentiert, und zwar mit gewöhnlichem Gasrohr. Er wollte die Produktion so preiswert wie möglich machen, und so zeigte er seinen hinterbein­losen Stuhl – den in der Tat allerersten – in seinen Reihenhäuschen „für das Existenzminimum“ bei der Stuttgarter Weißenhofsiedlung 1927. Breuer hingegen bespannte sein Exemplar mit Korbgeflecht – das war eher für Besserverdiener erschwinglich.

Ein wenig vermisst man dann doch die Sozialgeschichte in der Ausstellung, die die Stiftung Bauhaus Dessau dem Designer und Architekten Marcel Breuer widmet. Doch dessen erstaunlichen Lebensweg zeichnet die Übernahme aus dem Vitra Design Museum mit vorzüglichen Objekten nach. Dafür musste ein Teil der Ausstellungsebene im Werkstattflügel des Bauhauses klimatisch hergerichtet wer­den – provisorisch, versteht sich, denn zur Klimatisierung ist ein Lüftungsaustritt durch die Fassade erforderlich. Die Schau lässt dem Architekten Breuer endlich einmal Gerechtigkeit widerfahren. In allen Ausstellungen über das Bauhaus kommt er allein als Möbelentwerfer vor. Das versteht sich insofern, als er erst in der Exilzeit in den USA ab 1937 als Architekt arbeitete, ist aber eben auch verzerrend, weil beide zusammen, Design und Architektur, Breuers Lebenswerk ausmachen.

Von Stahlrohrmöbeln zu Betonkirchen

Im Unterschied zu Zeitgenossen wie Ludwig Mies van der Rohe oder Alvar Aalto war Breuer nie zeitgleich Möbelgestalter und Architekt. Er war es nacheinander. So unterscheidet sich beides denn auch erheblich voneinander. Breuers technisch-industrielle Haltung der Bauhaus-Zeit macht in seiner Architektur einer kraftvollen und ausdrucksstarken Formensprache Platz. Dass er später einmal mit monumenta­len Kirchen aus Beton hervortreten würde, hätte er sich in seinen Dessauer Jahren wohl nicht träumen lassen.

Breuers Architektur stellt die Ausstellung in leuchtend weißen Modellen vor. Ob er nun „der wichtigste und großartigste Einfamilienhausbauer des 20. Jahrhunderts“ war, wie Kurator Matthias Remmele behauptet, sei dahingestellt, aber zweifellos sind seine Häuser von einer inneren Logik, die ihresgleichen sucht. Es sind, wie alle seine Bauten, Solitäre. So auch das Whitney Museum in New York von 1964–66, sein bekanntestes Bauwerk. Das meistbesuchte hingegen dürfte das Kaufhaus „De Bijenkorf“ von 1957 sein, aus Rotterdams Wiederaufbauphase, und sein spektakulärstes das über einen Felsen auskragende, postum vollendete Hotel „La Flaine“ in den französischen Alpen.

Auskragen – das ist das verbindende Motiv von Design und Architektur bei Breuer. Die Stühle und Sessel wippen, ganz auf die Elastizität des Stahls vertrauend, die Häuser weiten sich mit zunehmender Höhe oder balancieren, wie ein College-Gebäude in New York, auf schmalen Betonfüßen. Breuers In­teresse an der Konstruktion, auch am Ausreizen der technischen Möglichkeiten, ist allgegenwärtig. Und hat in der Möbelwerkstatt am Bauhaus begonnen.
Fakten
Architekten Breuer, Marcel (1902–81)
aus Bauwelt 30.2012
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