Editorial

Acht Quadratmeter zuviel

In Deutschland leben 75 Prozent aller Menschen in urbanen Strukturen. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren verstärken und ist dem demografischen Wandel und der Intention geschuldet, bald und möglichst viel Energie, die für Gebäude in diesen aufgewandt wird, einzusparen.
Gleichzeitig trägt ein Wohnungsförderungs-, Sanierungs- oder Entwicklungsprogramm nach dem anderen dem fehlenden innerstädtischen Wohnraum Rechnung und führt endlich zu sichtbaren Investitionen im Wohnungsbau.

Damit geht die politische Tendenz hin zu einer veränderten Mobilität einher, die vielleicht mit Elektroautos, vielleicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit Sharing-Modellen umgesetzt werden soll. Der politische Wille eilt dem gesellschaftlichen dabei weit voraus. Ganz sicher jedoch bleibt der Wunsch nach individueller Mobilität und deren Realisierung noch lange Bestandteil unseres Lebens.

Die innerstädtische Verdichtung des Wohnens korrespondiert deswegen, ob wir es wollen oder nicht, mit einer Erhöhung des Individualverkehrs, der in erster Linie mit Autos verwirklicht wird. Aus diesem Grund brauchen wir kreative Lösungen für Stellplätze außerhalb des öffentlichen Raums. Denn dieser sollte zukünftig eine viel größere Aufenthaltsqualität jenseits der parkraum-optimierten Stadt bieten. Autos – zumindest solange sie nicht fahren – gehören in den Keller, in die Tiefgarage oder in ein Parkhaus. Aber nicht in den öffentlichen Raum: Schließlich okkupiert jedes einzelne Auto mindestens acht Quadratmeter unseres gemeinsamen Platzes.

Boris Schade-Bünsow, Chefredakteur Bauwelt

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