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51N4E, Brüssel | l’AUC,Paris | Jaspers-Eyers Architects, Brüssel

Text: Pohl, Dennis, Brüssel

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    Neben der Transformation des Bestands, lag der Fokus darauf, das Gebäude besser mit seinem Umfeld zu verknüpfen – wozu auch die Verlegung des Haupteingangs zu den Büros an den Boulevard Simon Bolivar beitragen soll. Die Straße verbindet den Nordbahnhof mit dem neugestalteten Tour & Taxis-Areal auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals.
    Foto: Luc Roymans

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    Neben der Transformation des Bestands, lag der Fokus darauf, das Gebäude besser mit seinem Umfeld zu verknüpfen – wozu auch die Verlegung des Haupteingangs zu den Büros an den Boulevard Simon Bolivar beitragen soll. Die Straße verbindet den Nordbahnhof mit dem neugestalteten Tour & Taxis-Areal auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals.

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    Aus WTC I + II wird ZIN: Geschossdecken und Fassaden wurden abgetragen; der Bestand wurde als Materialbank genutzt. Das strukturelle Raster der Fundamente und die Kerne blieben erhalten und wurden mit Baukörpern ergänzt.
    Foto: Filip Dujardin

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    Aus WTC I + II wird ZIN: Geschossdecken und Fassaden wurden abgetragen; der Bestand wurde als Materialbank genutzt. Das strukturelle Raster der Fundamente und die Kerne blieben erhalten und wurden mit Baukörpern ergänzt.

    Foto: Filip Dujardin

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    Dank des gemischten Raumprogramms stehen viele Räumlichkeiten auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. Der Verbindungsbau mit den doppelgeschossigen Ebenen – im ersten Geschoss sind es sogar ein paar Meter mehr – entstanden Räume mit einer beeindruckenden Großzügigkeit.
    Foto: Luc Roymans

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    Dank des gemischten Raumprogramms stehen viele Räumlichkeiten auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. Der Verbindungsbau mit den doppelgeschossigen Ebenen – im ersten Geschoss sind es sogar ein paar Meter mehr – entstanden Räume mit einer beeindruckenden Großzügigkeit.

    Foto: Luc Roymans

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    Grünes Büro: Die bereits in der Planung in ungewöhnlich hoher Zahl vorgesehenen Pflanzkübel ...
    Foto: Luc Roymans

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    Grünes Büro: Die bereits in der Planung in ungewöhnlich hoher Zahl vorgesehenen Pflanzkübel ...

    Foto: Luc Roymans

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    ... sind mit großen Pflanzen bestückt.
    Foto: Luc Roymans

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ZIN in No(o)rd

51N4E, Brüssel | l’AUC,Paris | Jaspers-Eyers Architects, Brüssel

Text: Pohl, Dennis, Brüssel

Zwei Bürotürme der 1970er Jahre wurden von den drei Büros 51N4E, l’AUC und Jaspers-Eyers zu einem Mixed-Use-Gebäude um­ge­baut. Unser Autor Dennis Pohl sprach mit Freek Persyn von 51N4E über Wiederverwertung im großen Maßstab und den Umgang mit einem ungeliebten Bestand.
Seit den 1970er Jahren entstanden in Brüssels Innenstadt große Bürobauten – insbesondere während der Ära des Investors Charly de Pauw und des Ministers für öffentliche Arbeiten Victor Bure. Pauw und Bure initiierten den Manhattan-Plan, der das World Trade Center als Herzstück hatte. Die Periode war von Politiken wie dem Organischen Städtebaugesetz von 1962 geprägt, das städtische Transformationen erleichterte, aber zu kontroversen Ergebnissen führte, wie der Neugestaltung des Nordviertels. Das Gesetz gab Grundstückseigentümern, die mehr als 50 Prozent der Parzellen in einem Baublock besaßen, das Recht, alle anderen Eigentümerinnen zu enteignen und die Parzellen zu einer Einheit zu vereinen. Worin sehen Sie die Hindernisse im Umgang mit diesem Erbe?
Das Hauptproblem ist der enorme Anteil grauer Energie in diesen Strukturen, was ihre Wiederverwendung nicht nur zu einer architektonischen Herausforderung, sondern auch zu einem Umweltanliegen macht. Da diese Gebäude in einem rasenden Tempo produziert wurden, werden sie zusammen mit sich ändernden Erwartungen und Vorschriften zunehmend entbehrlich. Anders als Gebäude des 19. Jahrhunderts, die in das städtische Gefüge integriert wurden, ähneln diese modernen Strukturen oft Wegwerfprodukten. Gesetzliche Anforderungen, wie etwa Gebäude- und Raumhöhen, erschweren die Wiederverwendung zusätzlich und machen Umnutzungen kompliziert. Wir stehen vor einer Landschaft voller Hindernisse, die die Wiederverwendung von Gebäuden zu einer entmutigenden Aufgabe machen. Unser Büro plädiert für eine grundlegende Neubewertung und Wertschätzung der Umgebung, was einen entscheidenden ersten Schritt in Richtung Veränderung bedeuten würde.
51N4E hat zusammen mit l’AUC und Jaspers-Eyers Architects ein Konzept für die Nachnutzung zweier WTC-Türme im Central Business District erarbeitet, deren Realisierung gerade zum Abschluss kommt und aufzeigt, wie man diesen Bauten eine neue Prägung geben kann. Welche Faktoren haben das Projekt ermöglicht?
Unser Engagement nahm seinen Anfang nicht in der Architektur oder der physischen Umgestaltung, sondern in einem Lernprozess und dem buchstäblichen Bezug des Gebäudes. Die Transformation begann mit einer temporären Nutzung durch das Lab-North-Projekt, welches das WTC I in einen lebendigen Raum für über fünfzig Organisationen verwandelte und ein neues Gemeinschafts- und Innovationsgefühl förderte. Während dieser Zeit wurde das WTC I zu einem hybriden 1:1-Experimentiermodell, das das Potenzial des Turms für eine Mehrmieter-Nutzung demonstrierte.
Als der Wettbewerb für den Umgang mit den Türmen 2017 ausgeschrieben wurde, war die Idee einer Umnutzung nicht auf dem Tisch, was einen Mangel an Visionen für die Gegend widerspiegelte. Ein Wandel trat durch die Zusammenarbeit mit dem Bouwmeester Maître Architecte Kristiaan Borret und den Befimmo-Investoren ein, die das Potenzial in der Wiederverwendung erkannten. Der BMA leitete den Wettbewerb, der zunächst den Ersatz der Türme forderte. Das Hauptproblem war das Sockelgeschoss. Ursprünglich als Einkaufszentrum realisiert, fehlte jede sinnvolle Verbindung zur Umgebung. Außerdem waren die Büroflächen nicht auf moderne Arbeitsumgebungen ausgerichtet. Investoren glaubten damals, nur ein völlig neues Projekt könne die Qualität bieten, die sie suchten. Unser Vorschlag war entscheidend dabei, den Investoren das Potenzial der Wiederverwendung aufzuzeigen.
In der zweiten Phase des ZIN-Gebäudeprojekts wurde die Anpassungsfähigkeit verschiedener Räume untersucht, um vielfältige Funktionen zu erfüllen – vom Wohnen über Büros bis zu Gemeinschaftsnutzungen, was den langfristigen Wert des Gebäudes unterstrich. Diese Phase zeigte auch die entscheidende Rolle auf, die die Flämische Regierung bei der Festlegung der Ziele spielte. Hätten die Behörden nicht klare Ziele definiert, die nachhaltige Entwicklung über bloße finanzielle Interessen stellten, hätten weder die Investoren noch unser Team sich so weit vorgewagt. Ein Projekt wird somit zu einem Experimentierfeld, nicht weil der Architekt das so will, sondern weil die Auftraggeberin – in diesem Fall eine Institution, die die Gesellschaft vertritt – es verlangt und umsetzt.
Auf welche Hürden treffen Architekten und Planerinnen in einer Stadt wie Brüssel, die durch ihre komplexe Verwaltungsstruktur mit mehrsprachigen Gemeinschaften gekennzeichnet ist?
Die Situation im Nordviertel verkörpert die Herausforderungen dieser Diversität. Dort überschneiden sich drei Gemeindegrenzen, es mangelt an koordinierter Planung, und die Aufmerksamkeit von Behörden fehlt. Die Dominanz des privaten Grundbesitzes, untermauert durch sichere, langfristige Pachtverträge, trug zu Leerständen bei und zog Aufmerksamkeit von bestimmten Interessengruppen auf sich. Aufgabe ist es, ein inklusives Modell zu schaffen, das die vielfältigen Interessen von privatem und öffentlichem Sektor harmonisiert. Die Frage bleibt, wie dieses Modell in realisierbare Pläne und Projekte übersetzt werden kann.
Wir plädierten dafür, den Fokus nicht nur auf die makellosesten Lösungen zu legen, sondern auf jene mit dem größten Einfluss. Das Gebäude demonstriert eindrucksvoll, wie Architektur die lokale Gemeinschaft beleben und einbinden kann – und wie wichtig es ist, dass Einrichtungen wie das CIVA oder der BMA eine führende Rolle bei der Förderung dieser Diskussionen übernehmen und die Unterstützung für benachteiligte Gruppen sicherstellen.
Brüssel bietet mit seiner Komplexität eine einzigartige Landschaft für urbane Experimente. Durch die vielfältige Stadtstruktur wirkt schon eine kurze Distanz wie der Eintritt in eine völlig andere Umgebung. Diese Diversität erfordert eine Haltung, wie Architektinnen mit der Stadt interagieren, was mit einer Neubewertung unserer Rollen und Ansätze als Planer einhergeht. An der ETH Zürich sind wir mit dieser Neubewertung beschäftigt und befürworten „Design im Dialog“ – ein Ansatz, der die Notwendigkeit betont, dass Architekten mit ihrer Expertise zu proaktiven Teilnehmerinnen bei der Gestaltung der städtischen Umgebung werden und Gespräche initiieren, die städtische Transformationen anregen.
Wo liegt noch verdecktes Potenzial für die nachhaltige Stadtentwicklung?
Die Stadt birgt beispielsweise Potenzial in ihrer Eisenbahninfrastruktur, die wir mit dem TRACK-Projekt am Brüsseler Nordbahnhof aktivieren wollen. Die Initiative wird finanziert durch das Programm „Community Infrastructure as Incubator in Brussels,“ vom Flämischen Brüssel-Fonds. Es ist ein Stadtlabor, um Kooperationen zu fördern und eine soziale, zirkuläre und finanziell nachhaltige Kreativwirtschaft voranzutreiben. Auch hier: Die aktuelle regulatorische Umgebung verhindert die Wiederverwendung eines Großteils dieser Infrastruktur, trotz ihres Potenzials. Frühere Studien, wie die umfassende Analyse von Bürogebäudepachtverträgen im Nordviertel, haben neue Möglichkeiten aufgezeigt. Oder die städtebauliche Studie Brüssel 2040, die die strategische Position von Brüssel innerhalb des Eurodeltas, einem Netzwerk von Städten, untersucht hat, um Brüssel besser zu vernetzen und eine signifikante Veränderung in der Stadt zu provozieren. In Anlehnung an Studien wie die der Shibuya Universität in Tokio, die das Konzept „die ganze Stadt als Klassenzimmer“ vertritt, sehen wir einen immensen Wert darin, Bildungseinrichtungen in städtischen Räumen zu integrieren und so ein Modell der Campus-Metropole voranzutreiben. All diesen Projekten immanent ist die Koordination verschiedener Stakeholder, einschließlich Bildungseinrichtungen, Regierungsstellen und der breiten Öffentlichkeit.
Ihre Arbeit verläuft entlang eines schmalen Grads zwischen Struktur und Spontanität, Ordnung und Chaos.
Architektur geht einher mit einer Vorstellung von Ordnung. Wir haben den Fokus auf das verschoben, was ich als „unkoordinierte Konstellation“ beschreiben würde. Für uns bedeutet es, Veränderung zu fördern, indem Ordnung, Unordnung, Organisation und Interaktion in Einklang gebracht werden. Dieser Ansatz ist nichts, was man einfach von Projekt zu Projekt replizieren kann, aber Unordnung einzuführen, wie wir es mit der temporären Besetzung des WTC getan haben, kann paradoxerweise zu einer neuen Form von Stabi­lität führen. Es ist herausfordernd, Investoren und Behörden den Mehrwert von Unordnung als strategische Komponente der Planung zu vermitteln. Mit dieser Perspektive besteht ein signifikantes finanzielles Risiko, die aber grundlegend ist für diese Praxis.
Die architektonische Klarheit und Qualität, die beispielsweise beim ZIN-Gebäude erreicht wurden, durch das, was anfangs wie Chaos erschien, war letztendlich sowohl für Behörden als auch Investoren überzeugend. Es geht darum, eine Vision zu gestalten mit der sich Nutzerinnen und Investoren identifizieren können, und die es uns erlaubt, auf Bedingungen, statt auf vorgeschriebene Lösungen zu konzentrieren.
Hat der urbane Kontext Brüssels diesen adaptiven Ansatz Ihrer Projekte beeinflusst?
Unsere Praxis wäre ohne die Heterogenität der Stadt kaum denkbar. Die Komplexität hat eine flexible Herangehensweise an das Design notwendig gemacht, die es uns erlaubt hat, unsere Methoden zu verfeinern.
Fakten
Architekten Persyn, Freek, Brüssel; 51N4E, Brüssel; l’AUC,Paris; Jaspers-Eyers Architects, Brüssel
Adresse Bd Roi Albert II 28, 1000 Bruxelles, Belgien


aus Bauwelt 7.2024
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