Bauwelt

Balkon, Erker, Loggia

17. Dortmunder Architekturtage

Text: Rumpf, Peter, Berlin

Balkon, Erker, Loggia

17. Dortmunder Architekturtage

Text: Rumpf, Peter, Berlin

Der Schweizer Architekt Valerio Olgiati wusste es: „Balkone stellen eine große Herausforderung dar.“ Dies hat er einst dem Landsmann und Architekten Ingemar Vollenweider (TU Kaiserslautern) verraten. Der wiederum konnte die Warnung bei den diesjährigen Dortmunder Architekturtagen in den geschichtsträchtigen Räumen der Zeche Zollern einem interessierten Auditorium nur bestätigen, wie auch der Kollege Andreas Hild (Hild und K, München): „Der Balkon ist ein sehr problematisches Ding.“
Die TU Dortmund lädt jährlich vor Weihnachten dazu ein, die verschiedenen Problemfelder der Baukunst abzuarbeiten. Diesmal also Balkon, Erker und Loggia. Mit eigenen Projekten zum Thema stellten sich ferner die Frankfurter Architektin Claudia Meixner (Meixner-Schlueter- Wendt) und der Berliner Kollege Theo Brenner vor: gelungenen und – wie gesagt – problematischen.
Zur Einführung bot Wolfgang Sonne in seiner Profession als Architekturhistoriker – und Gastgeber – einen Ausflug in die Vergangenheit, indem er an die Geschichte des Bay-Windows von den Anfängen im 15. Jahrhundert im Elisabethanischen England erinnerte, dann in deren Verbreitung vor allem in Glasgow, Brighton oder Bath bis hin zum signifikanten Fassadenelement an Chicagoer Hochhäusern des beginnenden 20. Jahrhunderts. Diese typischen Erker mit ihren abgeschrägten Seitenfenstern sind verständlicherweise dort entstanden und haben sich durchgesetzt, wo ein raueres Klima gegen offene Balkone spricht. Diese wiederum erfreuen sich eher in unseren Breiten zunehmender Beliebtheit – zumindest wenn sie mit über zwei Metern Tiefe Platz für Tisch und Stühle bieten und nicht nur zum Wäschetrocknen oder zur Montage von Sattelitenschüsseln herhalten müssen. Ein Detailproblem stellen, wie gerade bei einigen Beispielen abzulesen war, Balkongitter dar, wo der entwerfenden Fantasie, wie auch zu sehen war, kaum Grenzen gesetzt sind. Abgerundet wurde das Thema mit einem eher literarischen Ausflug in die Faustische Welt Goethes und den gefährlichen Wunsch: „Verweile doch…“. Warum nicht bequem im Erker sitzen statt rat- und rastlos in der Studierstube oder an Mephistos Seite durch die Welt hasten. Entschleunigung sei angesagt, so Arno Lederer. Das Thema der 18. Architekturtage im nächsten Jahr wurde nicht verraten.
PS. Zur Zählweise muss man wissen, dass Christoph Mäckler, neben Wolfgang Sonne Kopf des Deutschen Instituts für Stadtbaukunst, in diesem Jahr sein 10-Jähriges feiern konnte. 2005 nahm er eine Tradition seines Vorgängers Josef Paul Kleihues auf, die dieser als Dortmunder Architekturtage 1975 erfand (übrigens mit dem „Prinzip Reihung“) und bis 1982 jährlich fortsetzte, also in einer Zeit, in der die Architekturlehre andernorts eher als soziologisch-linkspolitische Disziplin denn als Baukunst betrieben wurde. So konnte auch das 40-Jährige gefeiert werden, sogar an dem Ort, an dem alles seinen Anfang nahm: im Alten Museum an Ostwall. Das Gebäude stand seit einigen Jahren in Gefahr, verkauft und abgerissen zu werden. Allein der Hartnäckigkeit von Wolfgang Sonne ist es zu verdanken, dass der an Raumqualität reiche Bau nicht nur erhalten bleibt, sondern künftig, von einem Förderverein betrieben, das zentrale Baukunst-Archiv NRW aufnehmen wird. Die Kisten mit dem Nachlass von Josef Paul Kleihues sind bereits dort angekommen.

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