Bauwelt

Cycle Space

Architecture & Urban Design in the Age of the Bicycle

Text: Landes, Josepha, Dresden

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Cycle Space

Architecture & Urban Design in the Age of the Bicycle

Text: Landes, Josepha, Dresden

Steven Fleming, der an der University of Newcastle lehrt, legt mit „Cycle Space“ ein Buch vor, dessen Struktur dem Fahrradfahren gleicht: „You never really plan a route before heading out“. Fleming liebt das Fahrradfahren, und er ist Architekt.
Seine Herzensangelegenheiten liefern ihm die idealen Schlagworte für einen Titel, dem, würde man ihn mit „Fahrrad Raum“ übersetzen, einiges an Charme verloren ginge.
Cycle Space ist nach Fleming zum einen die persönliche Mindmap jedes Radfahrers, zum anderen, und darauf konzentriert er sich, die Fahrradstadt. Und die ist im Begriff, die maschinisierte Autostadt und die gemächliche Flanierstadt abzulösen. Zur Fahrradstadt eignen sich laut Fleming bereits heute viele Städte, deren Struktur der Geschwin­digkeit und der Unabhängigkeit des Radfahrers entgegenkommen.
Die grobe Routenplanung seines Buches sieht acht Stadtausflüge vor, die thematische Schwerpunkte für angeschlossene Essays vorgeben, die dann aber doch eher als ein Tour entier lesbar sind. Amsterdam und Kopenhagen stehen, als populäre Beispiele von Fahrradfahrer-Städten, gleich vorn. Doch Fleming geht es nicht darum, fahrradintegrative Verkehrsmodelle auszuzeichnen. Mit Blick auf New York, Chicago, Paris u.a. plädiert er vielmehr für alternative Verkehrsnetze für Radfahrer, die industrielle Brachflächen nutzen und aufwerten würden. Er entwirft die Utopie einer nahezu in sich geschlossenen Fahrradstadt in der Stadt. „From Brownfields to Bikefields“ ist das repetitive Credo. Unter Bemühung großer Namen, Le Corbusier, Venturi, Kahn, Koolhaas etc., erklärt er divergente architek­tonische Ansätze im Umgang mit Stadtbild und -verkehr. Die Bedeutung des Fahrrads innerhalb städtischer Systeme untersucht er durch Betrachtung von Verkehrsführungsstrategien – die große Frage lautet: Braucht die Welt Radfahrstreifen? –, der Gestaltung und Nutzung von Fahrradinfrastrukturen und radaffinen Gebäudekomplexen. Die Stärke des Buches jedoch findet sich abseits aller planerischen Diszi­plin in Abschnitten blanken Deliriums. Fleming postuliert sein Fahrrad-Utopia mit einer Kompromisslosigkeit zwischen Genie und Wahnsinn. Seine Beobachtungen aus Fahrradfahrerperspektive sind beißend komisch.
Fleming polarisiert, nicht nur zwischen Radfahrern und „den anderen“, Autofahrern und Fußgängern inklusive Benutzern öffentlicher Verkehrsmittel, sondern auch innerhalb der Radfahrer. Fahrradfahren sei keine Möglichkeit der Fortbewegung, sondern, ohne Wenn und Aber, das A und O im Leben eines Fahrradfahrers. Es ist gesundheitsfördernd, klimaschonend, unterm Strich haushaltsverträglich.
Dennoch ist nicht Überzeugen sondern das Widerwort Flemings Strategie. Für ihn gilt es nicht, den Radverkehr besser ins aktuelle Wegenetz einzubetten, vielmehr sollten alternative Radwege durch ihre Vorzüge bestechen. Nicht „die anderen“ aufs Fahrrad zu setzen sei der Weg zu Fahrradtopia, sondern die „alten Radfahrerhasen“ für wirklich jeden Weg aufsteigen zu lassen.
„Cycle Space“ ist ein Manifest für die Stadt im „Zeitalter des Fahrrads“. Manifeste versöhnen nicht, sie provozieren. Im Cyber Space ist Cycle Space schon Kern hitziger Debatten.
Fakten
Autor / Herausgeber Steven Fleming
Verlag Nai010 publishers, Rotterdam 2012
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aus Bauwelt 48.2013
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