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100 Jahre Deutsche Akademie Rom Villa Massimo 1910–2010

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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100 Jahre Deutsche Akademie Rom Villa Massimo 1910–2010

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Ganz am Ende des Buches, es kommen nur noch ein Personenregister und das Impressum, steht eine Danksagung an Eduard Arnold (1849–1925), dem Stifter der Villa Massimo, welche seit nun 101 Jahren – wenn auch mit Unterbrechungen – der Beherbergung deutscher Künstler in Rom dient.
„In diesem Haus“, heißt es da, „scheint noch ein vorindustrielles Denken herüber, das dem Künstler, der es betritt, konzediert, was er für sein Werk empfangen müsste, aber fast nie erhält: ein Zuviel, das in Wirklichkeit kein Zuviel ist und das sich hartnäckig gegen die Auffassung stellt, das Notwendige anzubieten, sei ausreichend.“ Jeder, der die parkartige Situation der Akademie in der Nähe der Piazza Bologna kennt, der einmal anlässlich der „Open Studios“ einen Eindruck gewinnen konnte von der Weitläufigkeit der aneinandergebauten Ateliers oder gar die Gelegenheit hatte, eines davon für eine Zeit zu bewohnen, weiß, wie zutreffend dieser Dank formuliert ist. „Auf dem 27.000 qm großen parkähnlichen Gelände der Villa Massimo wurde dem preußischen Staat sein eigenes Unvermögen und seine Unterlegenheit gegenüber den finanziellen Mitteln einzelner großbürgerlicher Mäzene gnadenlos vor Augen geführt“, konstatiert Michael Dorrmann in seiner Schilderung des Gründers in der Festschrift der Villa zu ihrem hundertsten Geburtstag.
Diese kann vor dem Hintergrund jener gepflegten Maßlosigkeit durchaus mithalten. Der voluminöse, in zitronengelbes Leinen gebundene Band (die italienische Ausgabe ziert ein kräftiges Orange) ist
jedenfalls alles andere als einer dieser meist etwas drögen Rückblicke samt generationenübergreifendem Schulterklopfen, sondern ein höchst lebendiger, vielschichtiger Katalog, der dem Leser eine große Bandbreite an Einstiegsmöglichkeiten bietet. Natürlich darf der Rückblick auf die wechselhafte Geschichte der deutschen Künstler in Rom nicht fehlen, darüber hinaus aber wirft das Buch ein helles Licht auf das heutige Dasein als deutscher Architekt, Künstler, Schriftsteller oder Komponist in der italienischen Kapitale. Joachim Blüher, seit 2002 Direktor der Villa Massimo und Herausgeber des Bandes, hat 18 Künstler und Architekten – von Georg Baselitz bis Thomas Schütte, von Bernd Bess (s. S. 32) bis Heike Schuppelius – gebeten, jeweils acht Seiten nach eigenem Gutdünken zu gestalten: mit dem, was sie von ihrem Aufenthalt mitgenommen, dort geschaffen oder dortgelassen haben. Und diese Dokumente künstlerischen Schaffens nehmen mitunter überraschenden Kontakt auf zu den historischen, empirischen, analytischen Beiträgen, die das Buch er­öffnen – etwa wenn Andrea Glauser über die Bedeutung und Besonderheiten des Arbeitens nicht nur in fremder Umgebung, sondern über diese Umgebung nachdenkt und ihre Schlüsse gleich anschließend von Anne Boissels Installationen am ehemaligen Busbahnhof in Olevano Romano (Heft 31.2008) anschaulich werden.
Im hinteren Teil der Publikation finden sich dann Texte und Gedichte von einstigen Stipendiaten, die noch eine poetische Reflexionsebene ins Thema einziehen. Andreas Maier, Terézia Mora, Ingo Schulze und Feridun Zaimoglu lassen die Ent-Rückung der „Verschickten“ und die damit einhergehenden Krisen spürbar werden. Vorsicht also: Wer dieses Buch aufschlägt, sollte Zeit haben– es aus der Hand zu legen, fällt schwer.
Fakten
Autor / Herausgeber Joachim Blüher (Hrsg.)
Verlag Wienand Verlag, Köln 2011
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aus Bauwelt 20.2011
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