„Wir haben nicht vor, einen Baumarkt aufzumachen“
Interview mit Philipp Oswalt
Text: Schultz, Brigitte, Berlin
„Wir haben nicht vor, einen Baumarkt aufzumachen“
Interview mit Philipp Oswalt
Text: Schultz, Brigitte, Berlin
Wie kann es sein, dass die Markenrechte am Namen einer der bekanntesten deutschen Kulturinstitutionen bei einem Baumarkt liegen? Wir sprachen mit Philipp Oswalt, dem Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, über den Kampf um die Marke Bauhaus und die komplizierten Verhandlungen mit der Baumarktkette.
Das Bauhaus ist das Bauhaus ist das Bauhaus – oder?
Es gibt zwei Verständnisse von Bauhaus. Das eine ist die historische Institution, dieser Begriff ist klar abgrenzbar. Im anderen Begriffsverständnis steht Bauhaus für eine Epoche der Moderne, das hat mit Bauhaus oft fast gar nichts zu tun.
Es gibt zwei Verständnisse von Bauhaus. Das eine ist die historische Institution, dieser Begriff ist klar abgrenzbar. Im anderen Begriffsverständnis steht Bauhaus für eine Epoche der Moderne, das hat mit Bauhaus oft fast gar nichts zu tun.
Jeder kennt Fertighäuser „im Bauhausstil“ – können Sie verhindern, dass der Name so instrumentalisiert wird?
Gegen die Vertrashung und Banalisierung hat man keine wirkliche Handhabe. Ich habe letztes Jahr in China eine Modekette für Teenies entdeckt, namens „bauhaus“! Da irgendwie zu intervenieren, ist jenseits unserer Möglichkeiten.
Gegen die Vertrashung und Banalisierung hat man keine wirkliche Handhabe. Ich habe letztes Jahr in China eine Modekette für Teenies entdeckt, namens „bauhaus“! Da irgendwie zu intervenieren, ist jenseits unserer Möglichkeiten.
Immerhin gibt es eine Markeneintragung auf den Begriff „Bauhaus“ – die Markenrechte hält allerdings ausgerechnet eine Baumarktkette. Warum?
Es ist nicht ganz richtig, dass der Baumarkt alle Rechte innehat. Wir haben auch Einspruchsmöglichkeiten, die wir gelegentlich wahrnehmen, um Dinge zu unterbinden, die wir für schädlich halten. Aber die Baumarktkette hat 1960 als erste eine Markeneintragung in Deutschland gemacht. Das Bauhaus-Archiv wurde einige Monate danach gegründet und hat seine Marken noch deutlich später eingetragen.
Es ist nicht ganz richtig, dass der Baumarkt alle Rechte innehat. Wir haben auch Einspruchsmöglichkeiten, die wir gelegentlich wahrnehmen, um Dinge zu unterbinden, die wir für schädlich halten. Aber die Baumarktkette hat 1960 als erste eine Markeneintragung in Deutschland gemacht. Das Bauhaus-Archiv wurde einige Monate danach gegründet und hat seine Marken noch deutlich später eingetragen.
Gab es Versuche, das „falsche“ Bauhaus zu verhindern?
In den 70er Jahren hat das Bauhaus-Archiv gerichtlich versucht, dem Baumarkt den Namen zu entziehen. Ohne Erfolg. Auch weil das Gericht meinte, der Name sei inzwischen Allgemeingut. Und die Bauhaus-Institutionen der DDR waren eh außen vor. In der Stiftung Bauhaus Dessau bin ich der erste Direktor, der sich darum kümmert, dass die Institution auch Urheberrechte erhält und gezielter mit Marken umgeht.
In den 70er Jahren hat das Bauhaus-Archiv gerichtlich versucht, dem Baumarkt den Namen zu entziehen. Ohne Erfolg. Auch weil das Gericht meinte, der Name sei inzwischen Allgemeingut. Und die Bauhaus-Institutionen der DDR waren eh außen vor. In der Stiftung Bauhaus Dessau bin ich der erste Direktor, der sich darum kümmert, dass die Institution auch Urheberrechte erhält und gezielter mit Marken umgeht.
Welche Möglichkeiten haben Sie?
Wir versuchen gerade, uns zumindest die Rechte an Dingen, die als Ikonen des Bauhauses gelten, zu sichern. Ich habe z.B. den bekannten vertikalen Schriftzug am Haus als Bildmarke schützen lassen wollen. Aber auch hier meinte das deutsche Markenamt, das Bauhaus sei Allgemeingut, man könne es nicht mehr einklagen lassen. Man müsste mit einer Umfrage testen, ob in der Öffentlichkeit noch ein Verständnis dafür da ist, dass es auch eine Institution „Bauhaus“ gab. Aber das war für uns finanziell nicht möglich, also haben wir auf europäischer Ebene, wo das anders gesehen wird, eine Marke angemeldet. Aber da kam sofort Widerspruch vom Baumarkt.
Wir versuchen gerade, uns zumindest die Rechte an Dingen, die als Ikonen des Bauhauses gelten, zu sichern. Ich habe z.B. den bekannten vertikalen Schriftzug am Haus als Bildmarke schützen lassen wollen. Aber auch hier meinte das deutsche Markenamt, das Bauhaus sei Allgemeingut, man könne es nicht mehr einklagen lassen. Man müsste mit einer Umfrage testen, ob in der Öffentlichkeit noch ein Verständnis dafür da ist, dass es auch eine Institution „Bauhaus“ gab. Aber das war für uns finanziell nicht möglich, also haben wir auf europäischer Ebene, wo das anders gesehen wird, eine Marke angemeldet. Aber da kam sofort Widerspruch vom Baumarkt.
Sollte es nicht eine Selbstverständlichkeit sein, dass das Bauhaus die Rechte an seinem eigenen Schriftzug hat?
Gesunder Menschenverstand führt hier nicht weit. Wir sind jetzt in der Verhandlung um eine Abgrenzungsvereinbarung.
Gesunder Menschenverstand führt hier nicht weit. Wir sind jetzt in der Verhandlung um eine Abgrenzungsvereinbarung.
Was sind die Streitpunkte?
Die Bauhaus AG ist kompromissbereit, solange wir ihre Geschäftsinteressen nicht tangieren. Wenn uns nur historische Bauhaus-Produkte interessieren würden, wäre das unproblematisch, aber sobald wir im Museumsshop irgendwas vertreiben wollen, das der Baumarkt auch verkauft, gibt es Schwierigkeiten. Da geht es dann um „Warengruppen“, „Objektklassen“ usw. Wir haben nicht vor, einen Baumarkt aufzumachen, aber die Abgrenzung ist rechtlich nicht ganz einfach.
Hat irgendjemand die Rechte am Wort Bauhaus?Die Bauhaus AG ist kompromissbereit, solange wir ihre Geschäftsinteressen nicht tangieren. Wenn uns nur historische Bauhaus-Produkte interessieren würden, wäre das unproblematisch, aber sobald wir im Museumsshop irgendwas vertreiben wollen, das der Baumarkt auch verkauft, gibt es Schwierigkeiten. Da geht es dann um „Warengruppen“, „Objektklassen“ usw. Wir haben nicht vor, einen Baumarkt aufzumachen, aber die Abgrenzung ist rechtlich nicht ganz einfach.
Das Wort „Bauhaus“ als Textmarke kann sich keiner mehr sichern. Wir haben inzwischen das Wort „Bauhaus Dessau“.
Hätten die Gründungsväter mehr aufpassen müssen?
Sie hatten durchaus Sinn dafür. Gropius und Mies hatten vertraglich geregelt, dass der Name an den Direktor fällt, wenn das Bauhaus geschlossen wird. Das wird heute nicht mehr anerkannt, aber es zeigt, dass man sich des Werts des Namens bewusst war. In den Bauhaus-Katalogen wurden Produkte unter dem Label „Bauhaus“ verkauft, ohne die Gestalter zu nennen – ein klares Markenbildungskonzept. Aber es gab damals keine eigentliche Markenanmeldung für den Namen.
Haben die fehlenden Rechte auch finanzielle Auswirkungen?
Sicher. Aber letztlich finanzieren sich die Institutionen anders. Keines der drei Häuser würde das wirtschaftlich so aggressiv vermarkten, wie das manch andere Kulturinstitution tut. Es gibt immer wieder Anträge von Firmen, die sich mit dem Namen schmücken wollen, vom Farbhersteller bis zum Kaffeeröster ... Aber mit dem Bauhaus geht auch ein gewisser gesellschaftlicher Anspruch einher, eine radikale, kapitalistische Auswertung wäre nicht adäquat. Außerdem würde man schnell Gefahr laufen, dass man die Marke verschrottet.
Sicher. Aber letztlich finanzieren sich die Institutionen anders. Keines der drei Häuser würde das wirtschaftlich so aggressiv vermarkten, wie das manch andere Kulturinstitution tut. Es gibt immer wieder Anträge von Firmen, die sich mit dem Namen schmücken wollen, vom Farbhersteller bis zum Kaffeeröster ... Aber mit dem Bauhaus geht auch ein gewisser gesellschaftlicher Anspruch einher, eine radikale, kapitalistische Auswertung wäre nicht adäquat. Außerdem würde man schnell Gefahr laufen, dass man die Marke verschrottet.
Gehen die verschiedenen Bauhaus-Institutionen in Dessau, Weimar und Berlin unterschiedlich mit der Situation um?
Das Bauhaus-Archiv in Berlin befasst sich seit den 70ern gezielt damit, hat Marken angemeldet und nutzt sie auch. Das Bauhaus-Museum in Weimar hat sich meines Wissens darum bislang nicht gekümmert. Bei uns wurden erst nach der Wende punktuell Marken angemeldet. Wir versuchen das jetzt zu konsolidieren, auch in Hinsicht auf das 100-jährige Jubiläum 2019, um uns erkennbar abzugrenzen von dem Nebel aus anderen Dingen, die es dann geben wird.
Das Bauhaus-Archiv in Berlin befasst sich seit den 70ern gezielt damit, hat Marken angemeldet und nutzt sie auch. Das Bauhaus-Museum in Weimar hat sich meines Wissens darum bislang nicht gekümmert. Bei uns wurden erst nach der Wende punktuell Marken angemeldet. Wir versuchen das jetzt zu konsolidieren, auch in Hinsicht auf das 100-jährige Jubiläum 2019, um uns erkennbar abzugrenzen von dem Nebel aus anderen Dingen, die es dann geben wird.
Der Sprecher der Baumarktkette hat behauptet, in 50 oder 100 Jahren wird niemand mehr den Unterschied kennen zwischen seinem Bauhaus und dem Bauhaus. Hat er Recht?
Natürlich gibt es diesen Prozess der Verwässerung, des vulgären Gebrauchs. Aber das Interesse für den historischen Sachverhalt wächst genauso. Das Original wird ja heute extrem fetischisiert. Zum 100-jährigen Jubiläum werden wir eine Flut von Vereinnahmungen finden, allen möglichen Quatsch, aber auch hochinteressante Dinge, bis vielen das Wort Bauhaus zum Hals raushängt. Aber ich denke, der historische, der kulturelle Kern wird sich damit nicht auflösen.
Natürlich gibt es diesen Prozess der Verwässerung, des vulgären Gebrauchs. Aber das Interesse für den historischen Sachverhalt wächst genauso. Das Original wird ja heute extrem fetischisiert. Zum 100-jährigen Jubiläum werden wir eine Flut von Vereinnahmungen finden, allen möglichen Quatsch, aber auch hochinteressante Dinge, bis vielen das Wort Bauhaus zum Hals raushängt. Aber ich denke, der historische, der kulturelle Kern wird sich damit nicht auflösen.
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