Bauwelt

Aus der Perspektive der Architekten

Bautätigkeit in Slowenien 2000–2012

Text: Štern, Špela, Ljubljana

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Quelle: Statistisches Amt der Republik Slowenien

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Quelle: Statistisches Amt der Republik Slowenien


Aus der Perspektive der Architekten

Bautätigkeit in Slowenien 2000–2012

Text: Štern, Špela, Ljubljana

Kein einfacher Start für das noch junge unabhängige Slowenien im neuen Jahrhundert. Während in den ersten Jahren die Bautätigkeit ein gleichmäßiges Wachstum verzeichnete, setzte ab 2006 ein Bauboom ein – hervorgerufen insbesondere durch den vermehrten Bau von Wohnhäusern und Ingenieursbauten –, der 2008 seinen Höhepunkt erreichte.
Der 2009 einsetzende Rückgang im Baugewerbe verstärkte sich in den folgenden zwei Jahren, sodass die Bauinvestitionen im Jahr 2011 schon um ungefähr 50 Prozent niedriger waren als vor der Wirtschaftskrise. Derzeit liegt die Anzahl abgeschlossener Bauvorhaben auf ähnlichem Niveau wie zu Beginn des Jahres 2000. Die Anzahl ausgestellter Baugenehmigungen ist im fünften Jahr in Folge, das heißt seit 2007, rückläufig.
Die Aussichten bleiben ungewiss. Die verfügbaren Angaben über neu abgeschlossene Verträge und ausgestellte Baugenehmigungen für die Jahre 2010 und 2011 zeigen, dass die Investitionen bei Wohn-gebäuden noch weiter zurückgehen werden, während sie bei Nicht-Wohnbauten auf ungefähr dem glei-chem Niveau bleiben werden. Die Auftragsbücher der Bauunternehmen sind für ungefähr drei Monate im Voraus gefüllt – früher waren es stets mehr als fünf Monate.
Verlust von Qualität
Auch die Architekturbüros leiden unter dem konstanten Rückgang des Geschäftsvolumens. Im erbitterten Kampf um Aufträge setzen die Architekten ihr Honorar herab – bis zu jener kritischen Grenze, ab der die Qualität von Projekten kaum mehr zu gewährleisten ist. Weil Kontrollinstrumente beziehungsweise entsprechende Richtlinien fehlen, ist auch die Architektenkammer nicht im Stande, diese illoyale Konkurrenz zu verhindern. In der Praxis können sich Honorarangebote von Architekten bis zum Faktor acht voneinander unterscheiden.
Zusätzlichen Druck üben die Ausschreibungen für Planungsleistungen aus, bei denen das niedrigste Honorar und der kürzeste Planungszeitraum die entscheidenden Kriterien für die Auftragsvergabe sind. Folglich werden auf der Grundlage von Planungen, die unterbezahlte Architekten in Fristen anfertigen,
in denen weder Integrität noch Qualität zu gewährleisten sind, Projekte gebaut, die dann eben auch nicht qualitätvoll umgesetzt sind. Dieses Arbeitsklima hat enormen Einfluss auf die Beschäftigten
in der Architekturbranche.
Die Architekturbüros waren gezwungen die Zahl ihrer Mitarbeiter drastisch zu senken, viele vormals angestellte Architekten arbeiten nun als Freiberufler. Sie nehmen den Verlust sozialer Rechte in Kauf und sind gezwungen, willkürlich bestimmte Kündigungsfristen und Regelungen zu Arbeitszeiten und Urlaub zu akzeptieren. Die Arbeitsdynamik variiert zwischen einem 16-Stunden-Tag und der Kündigung über Nacht. Unter dem Deckmantel von „Förderung des Unternehmertums“ und „Selbstständigkeit“ hat man der jüngeren Architekten-Generationen ihre sozialen Rechte erfolgreich weggenommen.
Zahlreiche Architekten orientieren sich von der Architektur weg und suchen in anderen Branchen und in anderen Ländern nach besseren Arbeits­ver­hält­nissen. Auf diese Weise verliert Slowenien hochqualifiziertes Fachpersonal – ohne Zweifel eine überaus schlechte Prognose für die Entwicklung von Architektur und des Städtebau in einem Staat, der die professionelle und kontinuierliche Facharbeit braucht. Die daraus resultierenden Folgen für den Raum werden für mehr als eine der kommenden Generationen deutlich sichtbar sein.
Eigene Erfahrungen
Zur besseren Veranschaulichung des Problems führen wir unsere Erfahrungen an. Wir, das Büro SADAR+VUGA, haben Anfang 2008 einen Vertrag über die Planung für ein Fußballstadion, eine Sporthalle und ein Parkhaus im Sportpark von Stožice sowie die Freiraumgestaltung abgeschlossen. 2009 erhielten wir einen erweiterten Vertrag für ein neues Einkaufszentrum und setzten die Planungen für die insgesamt 182.000 Quadratmeter Nutzfläche fort. Quasi aus dem Boden gestampft, wurden das Stadion für 16.000 Besucher und die Arena für 12.000 Personen in der zweiten Hälfte 2010 eröffnet. Doch im Zuge der Rezession ist die Realisierung des Gesamtkomplexes zum Stillstand gekommen. Die beiden Sportbauten mit den teilweise fertiggestellten Außenanlagen schweben über den halbfertigen Geschossen von Einkaufszentrum und Parkhaus. Eine äußerst schlechte Zahlungsdisziplin hat mehrere Ausführende an den Rand ihrer Existenz und andere in langfristige, ernste Schwierigkeiten gebracht.
Das Jahr 2011 haben wir optimistisch angefangen mit den Arbeiten am Projekt MAKS – Mariborsko kulturno središče (Kulturzentrum von Maribor), das eines der Schlüsselprojekte der Stadt Maribor als Europäische Kulturhauptstadt im Jahr 2012 werden sollte. Das Projekt mit einer Gesamtfläche von 17.600 Quadratmetern besteht aus einem Kunst- und Kulturzentrum, einem Kongresszentrum und vielfältigen öffentlichen Einrichtungen. In der zweiten Projektierungsphase kam ein weiterer Investor für eine Kunstgalerie hinzu. Das Projekt mit seinen teils dramatischen Veränderungen wurde in unserem Büro kontinuierlich über zwei Jahre bearbeitet, doch die Zahlungen blieben nach den ersten beiden Leistungsphasen völlig aus und konnten trotz aller Zusagen und Zahlungsversprechen bisher von uns nicht eingetrieben werden.

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