Künstliche Intelligenz hat kein Verständnis von Lastfluss und Erdanziehungskraft
Alexander Hofbeck, Ljuba Tascheva und Ragunath Vasudevan über die Implementierung von KI in ihren Büros Bollinger+Grohmann und schneider+schumacher
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main; Friedrich, Jan, Berlin
Künstliche Intelligenz hat kein Verständnis von Lastfluss und Erdanziehungskraft
Alexander Hofbeck, Ljuba Tascheva und Ragunath Vasudevan über die Implementierung von KI in ihren Büros Bollinger+Grohmann und schneider+schumacher
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main; Friedrich, Jan, Berlin
Laut einer Umfrage haben besonders die großen Architekturbüros schon vielfältige Erfahrungen mit KI gemacht. Gilt das auch für Tragwerksplanerinnen und -planer?
Ljuba Tascheva Es gibt bei uns die Design-Technology-Gruppe, die sich seit rund 17 Jahren mit komplexen Geometrien und parametrischem Entwerfen beschäftigt. Wir modellieren in Rhino, programmieren in Grasshopper und berech-nen mit Karamba 3D. In unserem Expertenkreis nimmt auch die KI-Verwendung zu, beispielsweise um Tools mit KI-generiertem Code in ihren Funktionen zu erweitern. Etwas seltener nutzen wir KI-erzeugte Bilder als Inspiration für den Tragwerksentwurf im Wettbewerb, beispielsweise bei den Strommasten Bog Fox und Bog Crane in Estland. Unsere Expertise, die vor allem bei sehr spezialisierten Aufgaben und komplexen Projekten zum Einsatz kommt, wollen wir jetzt breiter streuen und für Nicht-Experten in unserem Büro zugänglich machen, auch bei regulären Hochbauprojekten. Darüber hinaus planen wir ja nicht nur Tragwerke, sondern auch Fassaden bzw. beraten in Bauphysik und Brandschutz. Für all diese Bereiche gibt es viele potenzielle Anwendungsfälle für Künstliche Intelligenz.
Ljuba Tascheva Es gibt bei uns die Design-Technology-Gruppe, die sich seit rund 17 Jahren mit komplexen Geometrien und parametrischem Entwerfen beschäftigt. Wir modellieren in Rhino, programmieren in Grasshopper und berech-nen mit Karamba 3D. In unserem Expertenkreis nimmt auch die KI-Verwendung zu, beispielsweise um Tools mit KI-generiertem Code in ihren Funktionen zu erweitern. Etwas seltener nutzen wir KI-erzeugte Bilder als Inspiration für den Tragwerksentwurf im Wettbewerb, beispielsweise bei den Strommasten Bog Fox und Bog Crane in Estland. Unsere Expertise, die vor allem bei sehr spezialisierten Aufgaben und komplexen Projekten zum Einsatz kommt, wollen wir jetzt breiter streuen und für Nicht-Experten in unserem Büro zugänglich machen, auch bei regulären Hochbauprojekten. Darüber hinaus planen wir ja nicht nur Tragwerke, sondern auch Fassaden bzw. beraten in Bauphysik und Brandschutz. Für all diese Bereiche gibt es viele potenzielle Anwendungsfälle für Künstliche Intelligenz.
Alexander Hofbeck Die erwähnte Abteilung ist das technologische Fundament für die Leistungen, die wir anbieten. Aber Karamba ist einfach sehr komplex, Grasshopper ebenso. Die Erfahrung, nicht nur unsere, hat gezeigt, dass sich diese Tools in Büros kaum implementieren lassen. Die Ausbildung der Bauingenieurinnen und Bauingenieure fokussiert zudem immer noch zu wenig auf digitale Methoden. Wenn man Glück hat, wird vielleicht eine Software für statische Berechnungen oder CAD-Software unterrichtet. Wenn wir die digitalen Tools nicht implementie-ren können, müssen wir zumindest kleine Anwendungsbausteine für unsere Mitarbeitenden entwickeln, um sie an einer digitalen Prozesskette und an deren Mehrwerten teilhaben lassen zu können. Auch hier werden technische Neuerungen wie KI-Agenten zunehmend an Bedeutung gewinnen, beispielsweise um die Kommunikation mit Software-Schnittstellen zu übernehmen.
Ljuba Tascheva Bei der Digitalisierung geht es ja nicht darum, ob man es tut, sondern wann man es tut.
Alexander Hofbeck Ein weiterer Schwerpunkt bei uns dreht sich ums Wissensmanagement. Wir wollen mit unserer Strategie Bürowissen zugänglicher machen, auch über Landesgrenzen, Sprachen und spezifische Leistungsbilder hinaus: Das, was wir in den Köpfen haben, was wir auf den Servern haben, gut aufbereiten und den Kolleginnen und Kollegen schnell und kompakt mittels KI-Chat-Assistenz zugänglich machen.
Ragunath Vasudevan Bei uns funktioniert das etwas anders. Wir haben mehrere Gesellschaften, die grob nach Aufgaben aufgeteilt sind: Architektur, Bau- und Projektmanagement, Städtebau, Weiterbauen usw. Am Ende machen sie aber alle Architektur, sie ist das Bindeglied zwischen allen Gesellschaften. Im Vergleich zu Bollinger+Groh-mann sind wir nicht so breit gefächert, wir haben flachere Hierarchien und auch keine fest gelegte Design Technology Group. Wir haben aber eine Gruppe von Leuten im Büro, die sich dafür interessieren. Diese Gruppe trifft sich zweiwöchentlich, der Termin wird komplett aufgezeichnet, die Präsentationen werden gespeichert. Da geht’s um KI-Themen, da geht’s auch um KI-Tools, die in Bildgeneratoren und in den Plangenerierungs-Werkzeugen enthalten sind.
Künstliche Intelligenz ist längst integriert in die gängigen Programme?
Ragunath Vasudevan In der Adobe Creative Suite beispielweise ist viel KI integriert, „Forma“ ist ein KI-unterstützter Gebäudegenerator von Autodesk. Das sind Programme, die erstmal kein urheberrechtliches Risiko darstellen. Die Kollegen probieren etwas aus, präsentieren es, es wird ein Protokoll erstellt, die Informationen werden gesammelt. Mal ein Skript schreiben, das dann viele von uns nutzen können – für irgendein spezifisches Problem. Das legt man dann an einem zentralen Ort ab, und jeder hat Zugriff darauf. Viele Skripte sind inzwischen KI-generiert, sie funktionieren aber für jeden, der damit arbeiten will. Und wenn ein Skript, das irgendeine Arbeit von zwei Tagen auf zwei Stunden reduziert, für jeden Kollegen zur Verfügung steht, steigert das natürlich die Effizienz. Insgesamt versuchen wir, dass alle zusammen auf dieselbe Ebene kommen.
Ragunath Vasudevan In der Adobe Creative Suite beispielweise ist viel KI integriert, „Forma“ ist ein KI-unterstützter Gebäudegenerator von Autodesk. Das sind Programme, die erstmal kein urheberrechtliches Risiko darstellen. Die Kollegen probieren etwas aus, präsentieren es, es wird ein Protokoll erstellt, die Informationen werden gesammelt. Mal ein Skript schreiben, das dann viele von uns nutzen können – für irgendein spezifisches Problem. Das legt man dann an einem zentralen Ort ab, und jeder hat Zugriff darauf. Viele Skripte sind inzwischen KI-generiert, sie funktionieren aber für jeden, der damit arbeiten will. Und wenn ein Skript, das irgendeine Arbeit von zwei Tagen auf zwei Stunden reduziert, für jeden Kollegen zur Verfügung steht, steigert das natürlich die Effizienz. Insgesamt versuchen wir, dass alle zusammen auf dieselbe Ebene kommen.
Wie wichtig ist das Thema KI-basierte Bildproduktion für Sie?
Ragunath Vasudevan Michael Schumacher hat, das ist schon länger her, Midjourney ausprobiert. Dann habe ich es ausprobiert. Weitere Kollegen haben das Programm getestet. Auch Stable Diffusion war ganz interessant. Aber ich bin bis heute im Zwiespalt. Eine simple Skizze zeichnen, daraus ein KI-Bild machen, vielleicht noch ein, zwei Korrekturen beim Material, und dann hat man ein perfektes Rendering – so einfach, wie sich das manche vorstellen, funktioniert es nicht. Natürlich können diese Programme bei entsprechender Rechnerkapazität sehr zeitsparend Bilder generieren. Aber diese Bilder könnten leere Versprechen sein. Wenn ich aus einem von mir konstruierten 3D-Modell mit Midjourney ein Bild generiere, dann weiß ich im Groben, dass ich dieses Bild auch bauen kann. Ich verspreche dem Bauherrn etwas, das ich liefern kann. Aber wenn man nur einfach ein Bild generiert, kriegt man daraus kein 3D-Modell – bislang kann die KI das nicht. Das sind alles sehr verführerische Bilder, aber komme ich vom Bild zum Gebäude? Man realisiert dann, dass man vielleicht die Bleche gar nicht so biegen kann, wie im Bild gezeigt, oder dass man das generierte Gebäude in Beton gießen muss – dann stehen unmögliche Kosten ins Haus. Solch ein mit Midjourney erzeugtes Gebäude muss man ja dann potenziell in 3D nachbauen. Das ist aber viel mehr Arbeit als ein herkömmlich in CAD gezeichnetes Gebäude.
Ragunath Vasudevan Michael Schumacher hat, das ist schon länger her, Midjourney ausprobiert. Dann habe ich es ausprobiert. Weitere Kollegen haben das Programm getestet. Auch Stable Diffusion war ganz interessant. Aber ich bin bis heute im Zwiespalt. Eine simple Skizze zeichnen, daraus ein KI-Bild machen, vielleicht noch ein, zwei Korrekturen beim Material, und dann hat man ein perfektes Rendering – so einfach, wie sich das manche vorstellen, funktioniert es nicht. Natürlich können diese Programme bei entsprechender Rechnerkapazität sehr zeitsparend Bilder generieren. Aber diese Bilder könnten leere Versprechen sein. Wenn ich aus einem von mir konstruierten 3D-Modell mit Midjourney ein Bild generiere, dann weiß ich im Groben, dass ich dieses Bild auch bauen kann. Ich verspreche dem Bauherrn etwas, das ich liefern kann. Aber wenn man nur einfach ein Bild generiert, kriegt man daraus kein 3D-Modell – bislang kann die KI das nicht. Das sind alles sehr verführerische Bilder, aber komme ich vom Bild zum Gebäude? Man realisiert dann, dass man vielleicht die Bleche gar nicht so biegen kann, wie im Bild gezeigt, oder dass man das generierte Gebäude in Beton gießen muss – dann stehen unmögliche Kosten ins Haus. Solch ein mit Midjourney erzeugtes Gebäude muss man ja dann potenziell in 3D nachbauen. Das ist aber viel mehr Arbeit als ein herkömmlich in CAD gezeichnetes Gebäude.
Man kennt solche KI-generierten Architekturbilder: Gebäude in traumhaften Landschaften. Das hat wenig mit Realität zu tun, aber schaut stets schick aus.
Ragunath Vasudevan Diese Bilder steigern die Erwartungshaltung des Bauherrn. Das Problem ist, dass man bei einem KI-generierten Bild nur eine begrenzte Steuerungsmöglichkeit hat: Wenn man irgendetwas ändern will, macht die KI das, aber gleichzeitig ändert sie an anderer Stelle noch etwas, das nicht geändert werden sollte.
Ragunath Vasudevan Diese Bilder steigern die Erwartungshaltung des Bauherrn. Das Problem ist, dass man bei einem KI-generierten Bild nur eine begrenzte Steuerungsmöglichkeit hat: Wenn man irgendetwas ändern will, macht die KI das, aber gleichzeitig ändert sie an anderer Stelle noch etwas, das nicht geändert werden sollte.
Ljuba Tascheva Man gibt Kontrolle ab. Man hat oft keinen Einblick welche Datensätze für das Training verwendet worden sind und kann – besonders bei der generativen KI – schwer nachvollziehen, welcher Logik sie folgt. Wenn die KI eine falsche Entscheidung getroffen hat, weiß man nicht, weshalb.
Das heißt, dass die Ergebnisse kaum zu verwenden sind?
Ragunath Vasudevan Nicht wirklich. Wir beschäftigen immer noch spezialisierte Büros, wenn wir am Ende das finale Wettbewerbsrendering machen wollen. Die KI-Bilder zwischendrin nehmen wir als Gedankenstütze.
Ragunath Vasudevan Nicht wirklich. Wir beschäftigen immer noch spezialisierte Büros, wenn wir am Ende das finale Wettbewerbsrendering machen wollen. Die KI-Bilder zwischendrin nehmen wir als Gedankenstütze.
Alexander Hofbeck KI hat kein räumliches Vorstellungsvermögen. KI hat auch kein Verständnis von Lastfluss und Erdanziehungskraft.
Ljuba Tascheva Sie hat kein Verständnis darüber, was die Erde überhaupt ist.
Ragunath Vasudevan Ein Beispiel: Ich habe mal mit ChatGPT eine Wendeltreppe generiert und wollte etwas ändern. Das hat Chat nicht verstanden, ich habe unzählige Varianten ausprobiert, aber es war einfach nicht möglich. Bei einer runden Treppe: Was ist vorne, was ist hinten? Wir Menschen haben eine visuelle Kraft und können entsprechend schlussfolgern. Die KI eben nicht – noch nicht. Wir brauchen eine Kombination aus eigener Intelligenz und künstlicher Intelligenz, um effektiver und zeitsparender zu arbeiten.
Alexander Hofbeck Um nochmal auf den Wettbewerb zurückzukommen: Man hat ein Problem mit dem Urheberrecht, Geheimhaltung und dem Datenschutz/DSGVO. Wenn man Midjourney verwendet, dann gibt man den Wettbewerbsentwurf in einen Datenpool, über den man keine aktive Kontrolle hat. Das sind Wettbewerbsinfos, und möglicherweise ist man zur Geheimhaltung verpflichtet. Man will ja nicht, dass der Konkurrent potenziell bei Anwenderfehlern bzw. Plattform-Bugs Zugriff darauf hat oder ein KI-Startup diese Daten weiter zum Training oder Fine-Tuning der eigenen Modelle heranzieht.
KI generiert Texte, Bilder – und Sicherheitslücken. Wie gehen Sie damit um?
Alexander Hofbeck Viele Büros haben Gratis- oder Business-Accounts bei den großen Anbietern wie OpenAI, Google und Co. im Einsatz. Manche Büros verwenden auch Datenschutz- und DSGVO-konforme europäische KI-Unternehmensanwendungen von Startups wie Ambersearch, Langdock, SANA und Zive. Bei manchen dieser Anbieter können auch große KI-Modelle (OpenAI GPT 5, Anthropic Claude) Datenschutz-konform verwendet werden. Manche Planer und Baufirmen entwickeln eigene KI-Anwendungen auf Basis von Open-Source-Komponenten und eigenen Wissenspools. Wir haben noch keinen festen Weg und tendieren zwischen Startup-Lösung und Eigenentwicklung. Eines ist allen Ansätzen gemein: Jede Web-Datenbank ist irgendwie angreifbar bzw. jede Anwendung kann bei mangelnder Sorgfalt von Entwicklerinnen und Anwendern zu einem Datenschutz-Debakel führen. Beispielsweise waren vor kurzem bei OpenAI private Chat-Konversationen auf Google in großem Stil auffindbar. Ein weniger großes und alltägliches Beispiel für ein Leck: Ein Kollege kopiert eine E-Mail in Chat- GPT, um sie zusammenzufassen oder zu übersetzen. Damit gibt er Projektinformationen, Namen und Zusammenhänge preis. Viele Büros geben sich Leitlinien zur KI und hoffen, dass sie eingehalten werden. Andere haben gar keine Leitlinien und hoffen vermutlich, dass sich das alles gut ausgeht.
Alexander Hofbeck Viele Büros haben Gratis- oder Business-Accounts bei den großen Anbietern wie OpenAI, Google und Co. im Einsatz. Manche Büros verwenden auch Datenschutz- und DSGVO-konforme europäische KI-Unternehmensanwendungen von Startups wie Ambersearch, Langdock, SANA und Zive. Bei manchen dieser Anbieter können auch große KI-Modelle (OpenAI GPT 5, Anthropic Claude) Datenschutz-konform verwendet werden. Manche Planer und Baufirmen entwickeln eigene KI-Anwendungen auf Basis von Open-Source-Komponenten und eigenen Wissenspools. Wir haben noch keinen festen Weg und tendieren zwischen Startup-Lösung und Eigenentwicklung. Eines ist allen Ansätzen gemein: Jede Web-Datenbank ist irgendwie angreifbar bzw. jede Anwendung kann bei mangelnder Sorgfalt von Entwicklerinnen und Anwendern zu einem Datenschutz-Debakel führen. Beispielsweise waren vor kurzem bei OpenAI private Chat-Konversationen auf Google in großem Stil auffindbar. Ein weniger großes und alltägliches Beispiel für ein Leck: Ein Kollege kopiert eine E-Mail in Chat- GPT, um sie zusammenzufassen oder zu übersetzen. Damit gibt er Projektinformationen, Namen und Zusammenhänge preis. Viele Büros geben sich Leitlinien zur KI und hoffen, dass sie eingehalten werden. Andere haben gar keine Leitlinien und hoffen vermutlich, dass sich das alles gut ausgeht.
Ljuba Tascheva Man muss das Bewusstsein wecken: Was kann die KI? Worin ist sie gut? Und was kann sie eben nicht? Dennoch darf man kein Spielverderber sein. Bei uns stellen Alexander und ich derzeit ein Framework auf, wie KI im Büro funktionieren soll bzw. wie sie funktionieren darf. Sodass unsere Kolleginnen und Kollegen die Tools unbedenklich anwenden können. Trotz hoher Risiken wollen wir den KI-Einsatz nicht verbieten, da die Chancen überwiegen. Im Gegensatz zu anderen digitalen Entwicklungen wie BIM-Tools und Computational Design ist KI eine massentaugliche Technologie. Die Mitarbeitenden können sie viel einfacher nutzen, brauchen keine aufwendige Schulung. Doch jeder, der ein KI-Tool bedient, der eine KI-Information übernimmt, hat eine Verantwortung. Das, was ich da rausgebe – ist das richtig? Verursache ich einen Schaden, weil ich die von ChatGPT vorgeschlagene Normzusammenfassung übernehme?
Wie gehen Sie denn mit den Halluzinationen der KI um?
Ragunath Vasudevan ChatGPT lügt ja nicht bewusst. Die KI findet Informationen an allen möglichen Orten und gibt die wahrscheinlichsten dann als „Wahrheit“ wieder.
Ragunath Vasudevan ChatGPT lügt ja nicht bewusst. Die KI findet Informationen an allen möglichen Orten und gibt die wahrscheinlichsten dann als „Wahrheit“ wieder.
Ljuba Tascheva Die Modelle saugen möglichst alles auf – legalen Content, illegalen Content und sehr viel generierten Content. Wenn ChatGPT etwas zusammenfasst, einem Nutzer eine Antwort gibt, dann kann der Output eventuell für Trainingsdaten gesammelt werden, um die Modelle zu verbessern. Die KI füttert sich letztlich selbst. Daher ist es umso wichtiger, die Ergebnisse immer zu hinterfragen.
Ragunath Vasudevan Möglichst viele Daten – das heißt möglichst viele Fehlerquellen. Wer steuert denn, was gut oder schlecht ist und in den Datenpool kommt? Es ist wichtig, was man der KI hineingibt, damit etwas Vernünftiges rauskommt. Es gibt ja den berühmten Spruch: „Shit in, Shit out.“ Ich lasse die KI programmieren. Das ist für mich ein schöner Weg – ohne irgendwelche Daten zu verlieren. Ich gebe der KI gar nichts, ich sage nur, was ich brauche, und dann wird ein Code erstellt, den ich in mein Grasshopper-Parametrik-System einfüge. Aber ich muss selbst programmieren, selbst Skripte schreiben können, um den generierten Code zu beurteilen.
Alexander Hofbeck Das hat wirklich ein großes Potenzial – auch in der Tragwerksplanung. Mit entsprechender Programmierung kann man die Schnittstellen einer Software auch für den Nicht-Spezialisten leichter zugänglich machen. Man kann schneller Daten von A nach B transportieren, von einer Software in die andere, von einem Format in das andere.
Aber wie kommt es, dass KI nicht räumlich denken kann?
Alexander Hofbeck Die Standard-KI-Modelle arbeiten durchaus mit Vektoren. Jedes Wort ist ein Vektor. In einer großen Datenbank wird dann nach ähnlichen Vektoren gesucht, um das richtige Wort bzw. den richtigen Satz für die Antwort zu „erraten“. Wir Architekten und Ingenieurinnen brauchen aber keine Wörter, sondern geometrische Zusammenhänge.
Alexander Hofbeck Die Standard-KI-Modelle arbeiten durchaus mit Vektoren. Jedes Wort ist ein Vektor. In einer großen Datenbank wird dann nach ähnlichen Vektoren gesucht, um das richtige Wort bzw. den richtigen Satz für die Antwort zu „erraten“. Wir Architekten und Ingenieurinnen brauchen aber keine Wörter, sondern geometrische Zusammenhänge.
Ragunath Vasudevan Geometrische Zusammenhänge sind Linien, Kanten, Flächen, Volumen. Sie bestehen aus Punkten, und diese haben Koordinaten. Das verstehen am Markt erhältliche Modelle noch nicht, solche KI-Tools befinden sich in kleinem Stil erst in der Entwicklung.
Um es zusammenzufassen: Ihre Erfahrungen mit KI sind, optimistisch ausgedrückt, eher wechselhaft.
Alexander Hofbeck Die Chatbots, auch die Bildgeneratoren sind Generalisten mit nur wenig Bauexpertise. Es gibt eine übersteigerte Erwartungshaltung gegenüber der KI, und irgendwann müssen sich die Billionen Dollar, die in KI-Modelle und -Infrastruktur investiert werden, auch rechnen. Derzeit wird sehr viel geforscht und entwickelt – in den Unis, in Startups, aber auch bei den BigTechs –, um aus KI seriöse Produkte zu entwickeln. Wir brauchen realistische Anwendungsfälle und glaubwürdigen Output bzw. müssen diese für uns erst entwickeln. Nur so kann es zu einer wirklichen Effizienzsteigerung kommen. KI-Agenten übernehmen derzeit noch profane Arbeiten, wie die Organisation von Terminen und Reisebuchungen oder die Erstellung von Rechercheberichten. Wie sich das fürs Bauwesen sinnvoll weiterentwickelt, bleibt spannend.
Alexander Hofbeck Die Chatbots, auch die Bildgeneratoren sind Generalisten mit nur wenig Bauexpertise. Es gibt eine übersteigerte Erwartungshaltung gegenüber der KI, und irgendwann müssen sich die Billionen Dollar, die in KI-Modelle und -Infrastruktur investiert werden, auch rechnen. Derzeit wird sehr viel geforscht und entwickelt – in den Unis, in Startups, aber auch bei den BigTechs –, um aus KI seriöse Produkte zu entwickeln. Wir brauchen realistische Anwendungsfälle und glaubwürdigen Output bzw. müssen diese für uns erst entwickeln. Nur so kann es zu einer wirklichen Effizienzsteigerung kommen. KI-Agenten übernehmen derzeit noch profane Arbeiten, wie die Organisation von Terminen und Reisebuchungen oder die Erstellung von Rechercheberichten. Wie sich das fürs Bauwesen sinnvoll weiterentwickelt, bleibt spannend.
Ragunath Vasudevan Die KI-Tools müssen belastbare Antworten geben oder belastbare Vorschläge machen. Sonst werden die Kunden dafür kein Geld ausgeben.
Alexander Hofbeck Und dann platzt die Hypeblase. Das ist dieses fragile Gleichgewicht, das wir momentan haben.
Ljuba Tascheva Ein bekanntes Beispiel für einen Spezialisten: Der große wissenschaftliche Durchbruch im Jahr 2021, als man der KI AlphaFold beigebracht hat, die dreidimensionale Struktur von Proteinen auf Basis ihrer Aminosäuresequenz mit hoher Präzision vorherzusagen. Das war aber eine Art „künstliche Inselbegabung“, da das KI-System nur für diese eine Aufgabe entwickelt und nur mit bestimmten Daten dafür trainiert worden ist. Mit einem anorganischen Molekül hätte AlphaFold schon nichts mehr anfangen können.
In der Immobilien-Branche steckt viel Geld. Es sollte eigentlich kein Problem sein, für die Planer- und Baubranche entsprechende Software zu entwickeln, die auf KI aufsetzt?
Ragunath Vasudevan Deren Fokus ist nicht die Ebene, die wir gerne hätten. Eine KI zu trainieren, die Erdanziehungskraft versteht, die ein räumliches Verständnis hat – das ist für Immobilienentwickler und Asset Manager nicht besonders wichtig. Man muss das vor dem Hintergrund sehen, dass alle Software, die wir Architekten nutzen, nicht für uns entwickelt wurde. Autodesk ist für Maschinen- und Industriebau geschaffen und aufs Bauwesen adaptiert worden, Rhino wurde für Produktdesigner entwickelt. CATIA, mit dem Frank Gehry gearbeitet hat, stammt von Dassault – also aus der Luftfahrtindustrie.
Ragunath Vasudevan Deren Fokus ist nicht die Ebene, die wir gerne hätten. Eine KI zu trainieren, die Erdanziehungskraft versteht, die ein räumliches Verständnis hat – das ist für Immobilienentwickler und Asset Manager nicht besonders wichtig. Man muss das vor dem Hintergrund sehen, dass alle Software, die wir Architekten nutzen, nicht für uns entwickelt wurde. Autodesk ist für Maschinen- und Industriebau geschaffen und aufs Bauwesen adaptiert worden, Rhino wurde für Produktdesigner entwickelt. CATIA, mit dem Frank Gehry gearbeitet hat, stammt von Dassault – also aus der Luftfahrtindustrie.
Das war das Programm, mit dem Anfang der 2000er Jahre die Blobs entstanden?
Ragunath Vasudevan Genau. Es war ein tolles Programm, aber in Architekturbüros überlebte es nicht lange, weil es viel zu viel Training erforderte. Die Baubranche ist oft die letzte, die technologische Entwicklungen für sich annimmt. Roboter werden in der Automobilindustrie seit den 60er Jahren eingesetzt – in der Architektur erst seit zehn Jahren, und das immer noch nicht massentauglich.
Ragunath Vasudevan Genau. Es war ein tolles Programm, aber in Architekturbüros überlebte es nicht lange, weil es viel zu viel Training erforderte. Die Baubranche ist oft die letzte, die technologische Entwicklungen für sich annimmt. Roboter werden in der Automobilindustrie seit den 60er Jahren eingesetzt – in der Architektur erst seit zehn Jahren, und das immer noch nicht massentauglich.
Alexander Hofbeck Wir, in der Architektur, in der Tragwerksplanung, sind eine kleine Zielgruppe mit wenig Gewinnmarge. Ist es überhaupt für Softwarefirmen rentabel, für uns etwas zu entwickeln? Die große Marge liegt in der Bauindustrie und der Immobilienentwicklung, und deren Ziele weichen von denen eines Planers ab.
Das heißt, ob es je ein Tool gibt, das die Bedürfnisse von Architekten und Tragwerksplanern perfekt erfüllt, hängt nicht davon ab, ob es technisch machbar ist, sondern davon, wie viel und wie lange Geld reingepumpt wird?
Alexander Hofbeck Genau. Wir stellen derzeit aber immer häufiger fest, dass auch Risiko-Kapitalgeber in Startups mit Planern als Zielgruppe investieren, weil sie großes Potenzial in unserem wenig digitalisierten Brachland sehen – was auch stimmt. Foundamental aus Berlin ist einer dieser Repräsentanten. Wir werden ein viel größeres und umfangreicheres Feld an Startups im Bauwesen sehen, als wir das in der Vergangenheit hatten. Veränderung geht immer auch mit Mut einher.
Alexander Hofbeck Genau. Wir stellen derzeit aber immer häufiger fest, dass auch Risiko-Kapitalgeber in Startups mit Planern als Zielgruppe investieren, weil sie großes Potenzial in unserem wenig digitalisierten Brachland sehen – was auch stimmt. Foundamental aus Berlin ist einer dieser Repräsentanten. Wir werden ein viel größeres und umfangreicheres Feld an Startups im Bauwesen sehen, als wir das in der Vergangenheit hatten. Veränderung geht immer auch mit Mut einher.







0 Kommentare