Hannover nach dem Auto
Thomas Vielhaber ist Stadtbaurat von Hannover. In der autogerechten Planung, die die Stadt einst bestimmte, sieht er Möglichkeiten für ihre Transformation zur klimagerechten Stadt.
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Klingbeil, Kirsten, Berlin
Hannover nach dem Auto
Thomas Vielhaber ist Stadtbaurat von Hannover. In der autogerechten Planung, die die Stadt einst bestimmte, sieht er Möglichkeiten für ihre Transformation zur klimagerechten Stadt.
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Klingbeil, Kirsten, Berlin
Dem Wiederaufbau Hannovers liegt das Leitbild der autogerechten Stadt unter Stadtbaurat Hillebrecht zugrunde. Wie blicken Sie auf dieses Erbe? Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie in diesen Stadträumen?
Meine Haltung dazu ist ambivalent. Einerseits war das Leitbild aus der Zeit des Wiederaufbaus eines, das wir heute so nicht mehr umsetzen würden. Hillebrecht hat im Wesentlichen dazu beigetragen, die großen Magistralen, die von der Autobahn kommend in die Stadt führen, auszubauen und um den Cityring zu ergänzen und hat damit gewachsene Raumstrukturen zerschnitten. Das hat zu einer deutlichen Trennung geführt, die wir bis heute an vielen Stellen der Stadt erleben. Die Innenstadt ist wie eine Insel, weil sie durch den breiten Cityring von den angrenzenden Gebieten abgetrennt ist.
Meine Haltung dazu ist ambivalent. Einerseits war das Leitbild aus der Zeit des Wiederaufbaus eines, das wir heute so nicht mehr umsetzen würden. Hillebrecht hat im Wesentlichen dazu beigetragen, die großen Magistralen, die von der Autobahn kommend in die Stadt führen, auszubauen und um den Cityring zu ergänzen und hat damit gewachsene Raumstrukturen zerschnitten. Das hat zu einer deutlichen Trennung geführt, die wir bis heute an vielen Stellen der Stadt erleben. Die Innenstadt ist wie eine Insel, weil sie durch den breiten Cityring von den angrenzenden Gebieten abgetrennt ist.
Andererseits aber – das muss man auch sehen – hat Hillebrecht erreicht, dass die Innenstadt in weiten Teilen als Fußgängerbereich und damit verkehrsfrei gestaltet werden konnte. Der Kröpcke als zentraler Platz war bis dahin einer der verkehrsstärksten Knotenpunkte in der Stadt und ist heute Teil einer Fußgängerzone mit gut 23 Millionen Passant:innen jährlich. Er hat ermöglicht, die Innenstadt über Jahrzehnte als erfolgreiche Einkaufsstadt zu etablieren.
Zudem wurde in seiner Zeit auch die Freiraumstruktur der Stadt angelegt, dazu gehören die Leine im innerstädtischen Verlauf oder der Maschpark am Neuen Rathaus. Gehen wir bis auf Laves zurück, gehören die großen Parkanlagen, wie Georgengarten, Herrenhäuser Gärten und der Stadtwald Eilenriede sowie die verbindenden Grünachsen im Stadtgrundriss herausgestellt. Mit Blick auf die Entwicklungsmöglichkeiten hat die Landeshauptstadt mit ihren großen Verkehrsflächen jetzt aber auch Spielräume in der Gestaltung und Weiterentwicklung der Stadt als Lebensraum, die andere Städte so nicht haben.
Statt über die autogerechte Stadt wird über die 15-Minuten-Stadt in vielen Städten diskutiert. Außerhalb Deutschlands lässt sich dieser Prozess des Stadtumbaus schon an vielen Beispielen beobachten. Was sind hierzulande aus Ihrer Perspektive Hürden, die diesen Umbau noch bremsen?
Die Stadt der kurzen Wege ist in meiner Anschauung das konsequente Weiterdenken der Europäischen Stadt, in der gemischte Strukturen ein wesentliches Qualitätsmerkmal sind – mit Nahversorgungsangeboten, Nachbarschaften und einer stadtverträglichen Mobilität als Grundlage der Teilhabe der Menschen. Der Stadtentwicklung in Hannover lagen diese Prinzipien kontinuierlich zu Grunde, sodass wir heute günstige Strukturen im Sinne der 15-Minuten-Stadt vorfinden. Die jüngsten Zahlen zur Mobilität der Hannoveraner:innen bestätigen dies: fast siebzig Prozent aller Wege werden zu Fuß, mit dem Rad oder im Umweltverbund zurückgelegt.
Die notwendige Klimaanpassung, also mehr Grün, mehr Schatten und mehr Wasser in die Stadt zu bringen, mehr zu entsiegeln – das hat aufgrund von Nutzungsüberlagerungen im öffentlichen Raum auch immer Auswirkungen auf andere Bereiche. In der Mitte einer Stadt mit über fünfhunderttausend Einwohnern und vielen oberzentralen Einrichtungen lassen sich nicht ganze Straßen oder Plätze komplett entsiegeln, weil diese auch Funktionen als Marktstandorte oder als Veranstaltungs- und Demonstrationsplätze haben. Ein anderer Punkt ist, dass in den Straßen erhebliche unterirdische Infrastrukturen verbaut wurden, und zwar nicht nur Wasser und Abwasser, Telekommunikation, Strom und Gas. Es kommt aktuell das Thema Fernwärme dazu, also ein zusätzliches Leitungssystem mit Hin- und Rücklauf. Das macht es schwierig, dort Bäume mit adäquatem Wurzelraum zu pflanzen. So etwas erfordert oft größere Maßnahmen, bei denen ganze Leitungsstränge aufwendig umgelegt werden müssen.
Mit Blick auf diese Herausforderungen: Wie kann die Umgestaltung von Straßen gelingen?
Ich erkläre es gerne an folgendem Beispiel: Wir haben mit der Baumaßnahme Prinzenstraße begonnen. Sie war bis vor Kurzem noch eine normal befahrbare Straße, die zukünftig autofrei wird, aber mit Zufahrt für Anlieger:innen und Versorgungsfahrzeuge. Die Idee ist, sie nicht nur zur guten Adresse des anliegenden Staatstheaters zu machen, sondern zum ersten Mal in Hannover das Thema „Grün-blaue Infrastruktur“ umfassend anzugehen, auch dank finanzieller Förderung. In der Straße führten früher Gleise der Straßenbahn, was den Vorteil hat, dass hier größere Bereiche frei von unterirdischen Leitungen vorzufinden sind. Nun sollen dort Zisternen mit einem Fassungsvermögen von vierhundert Kubikmetern unter der Straße eingebaut werden, die das Regenwasser aufnehmen und Retentionsraum bei Starkregen bieten. Gleichzeitig wird den neu gepflanzten Bäumen zukünftig gezielt Wasser zugeführt, wenn die verbauten Sensoren Bedarf melden. Zusätzlich wird eine Wassertankstelle angelegt. Damit kann der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün das Wasser auch nutzen, um Grünanlagen auf dem nahegelegenen Opernplatz zu bewässern.
Was wir aber auch sehen: Es gibt viele Fragen zu beantworten! Wo liegen die Schnittstellen, z.B. die Zuständigkeits- und damit Finanzierungsgrenze zwischen Tiefbau und Stadtentwässerung bei solchen Anlagen? Wer baut, wer bewirtschaftet? Das muss geklärt werden, auch für die Zukunft. Und wir sehen, dass die Anlagen nicht nur technisch anspruchsvoll sind, sondern auch teurer als zunächst erhofft. Aber wenn das Projekt Prinzenstraße erfolgreich ist, führt aufgrund der Wirkungen des Klimawandels doch kein Weg an solchen Umbauten vorbei.
Geschieht der Umbau der Prinzenstraße denn unter Federführung des Stadtplanungsamts, und die anderen Ämter sind eingebunden?
Es ist tatsächlich eine Projektgruppe aus Stadtplanung, Stadtwerken, Umwelt und Stadtgrün sowie dem Tiefbau, die dieses Projekt schultert. Dazu kommt der Kulturbereich, weil die Maßnahme im sogenannten Kulturdreieck aus Staatsoper, Schauspiel und Künstlerhaus liegt und auch zur Aufwertung des Areals beitragen soll.
In Hannover gibt es die Stelle des Stadtgestalters. Welche Aufgaben sind mit dieser Stelle verbunden?
Einen Stadtgestalter hat wirklich nicht jede Stadt – das ist eine große Qualität hier in Hannover! Der Stadtgestalter hat unterschiedliche Aufgaben, eine davon ist, erste Ideen zu entwickeln, Entwürfe zu erstellen, Beteiligungsformate durchzuführen, die Ergebnisse intern abzustimmen, mit der Politik zu diskutieren und die Realisierung auf den Weg zu bringen. Das gilt für besondere Plätze und Orte, aber auch für sogenannte Alltagsplätze in der Innenstadt oder in den Stadtquartieren. Hierbei ist das erfolgreiche Stadtplatzprogramm hervorzuheben. Derzeit sind Konzepte für vier kleine Stadtplätze in der politischen Beratung, die in diesem Jahr geplant und anschließend umgesetzt werden sollen. Auch die andernorts oft schwierige Abstimmung zwischen Stadtplanung und Tiefbau läuft in Hannover beispielhaft gut. Der Stadtgestalter nimmt dabei eine entscheidende Rolle ein, weil er zwischen den Professionen und Vorstellungen vermittelt. Er versteht es, die technischen Anforderungen mit den gestalterischen Prinzipien in Einklang zu bringen.
Ist der Stadtgestalter für Sie auch eine Hilfe, um Vorhaben des Stadtplanungsamts in die Öffentlichkeit zu vermitteln, indem er etwa Schaubilder erstellt, die dann bei Bürgerversammlungen gezeigt werden?
Genau! Er geht da sogar noch ein Stück weiter, indem er Skizzen und Ansichten erstellt. Wir haben draußen am sechzig Jahre alten Gebäude der Bauverwaltung einen Bauzaun stehen, weil das Gebäude saniert werden muss. Dort zeigen wir großformatig Ideen aus dem Innenstadtkonzept – ein Foto des heutigen Zustands und eine fast fotorealistische Darstellung der möglichen oder geplanten Umgestaltung. Die Ideen stammen hauptsächlich aus seiner Feder.
Hannover hat sehr große Straßenräume wie den Aegidientorplatz. Gleichzeitig schneidet das Radfahren im Modal Split gut ab. Welchen Ansatz verfolgen Sie bei der Gestaltung der Radweg-Infrastruktur?
Unsere Strategie zur Förderung des Radfahrens baut auf drei Säulen auf: Eine sichere, komfortable Infrastruktur zum Radfahren, ein gutes Angebot zum sicheren Abstellen des Fahrrades und eine wertschätzende Kommunikation für eine fahrradfreundliche Verkehrskultur.
Konkret zum Aegidientorplatz: Aus der Vogelperspektive wirkt er erst einmal verwirrend, aber wer vor Ort an der Kreuzung steht, kommt sehr gut klar. Dort wurden breite, farblich markierte Radwege angelegt, die in einigen Bereichen sogar in beide Fahrtrichtungen geöffnet sind. Überall dort, wo es nicht überquerbare bauliche Trennungen zwischen den Fahrspuren gibt, erlauben wir das Radfahren in beide Richtungen.
Ein anderes Beispiel sind die Unterführungen unter der die City in der +1-Ebene querenden DB-Strecke. An verschiedenen Stellen konnten wir hier die zweite Fahrspur für den Radverkehr umwandeln, so dass breite, abgetrennte Radspuren entstanden.
Und wir haben die Vélo-Routen, die von der Innenstadt sternförmig in alle zwölf, teils peripher liegenden Stadtbezirke führen. Sechs der zwölf Vélo-Routen sind mittlerweile komplett oder fast fertiggestellt. Die Route 6 beispielsweise verläuft in Richtung Kronsberg zum ehemaligen Expo-Wohngebiet mit seinen aktuellen Erweiterungen für zusätzlich einige tausend Bewohner:innen. Diese Route hat eine Länge von gut acht Kilometern, die nach konkreten Standards ausgebaut werden: 2,50 Meter Breite bei Einrichtungswegen, mindestens drei Meter Breite bei Zweirichtungsverkehr. So entsteht eine zeitgemäße Radverkehrsinfrastruktur. Auch das hat dazu beigetragen, dass Hannover beim jüngsten Fahrradklimatest Zweitplatzierte geworden ist, hinter Frankfurt. Trotzdem bleibt die Fahrradinfrastruktur ausbaufähig, keine Frage!
Ist der Autoverkehr in Hannover zu einem großen Teil durch Pendler bestimmt?
Ein großer Teil sind Pendler:innen, etwa 200.000 Menschen pendeln täglich in die Stadt ein, allerdings nicht alle mit dem Auto und nicht alle in die City. In der Innenstadt gibt es die besondere Situation, dass dort ein komfortables Angebot an Parkmöglichkeiten in den Parkhäusern besteht. Diese sind fast nie voll belegt, außer an den besucherstarken Wochenenden vor Weihnachten.
Trotzdem arbeiten wir daran, die Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur und den ÖPNV auszubauen – letzteres organisiert die Region Hannover, die für das Stadtbahnnetz oder den Busverkehr zuständig ist. Derzeit wird der Masterplan Stadtbahn erstellt – auch, um über neue Taktungen und Verbindungen nachzudenken. Dabei ist der ÖPNV stark auf die Innenstadt ausgerichtet, was fehlt, sind tangentiale Verbindungen zwischen den Stadtteilen, welche eine Fahrt über die Mitte entbehrlich machen. Die planerische Auseinandersetzung damit hat begonnen, und auch über zusätzliche tangentiale Radverkehrsverbindungen wird bereits diskutiert, sodass sich beide radial auf die Mitte ausgerichteten Verkehrssystem stärker in die Fläche der Stadt entwickeln würden.
Im Zuge der Verkehrswende sind Parkplätze Flächen, über deren Umwandlung man nachdenken kann. In den nächsten Jahrzehnten lassen sich die Flächen für parkende Autos dank anderer Mobilitätsangebote vermutlich reduzieren und werden offen für andere Nutzungen. Wird darüber in Hannover schon nachgedacht?
Diese Themen und zugleich Elemente einer gelingenden lokalen Verkehrswende sind in Hannover angekommen und vielfach bereits integriert oder planerische Praxis. Das Mobilitätsangebot für den Fuß-, Rad- oder Öffentlichen Verkehr ist mit diversen Sharing-, Pooling- und Haling-Angeboten kombiniert und damit umfassend.
Bei einem größeren Parkplatz, dem Köbelinger Markt, wird bereits seit einiger Zeit politisch intensiv über diese Frage debattiert. Im Rahmen des Innenstadtdialogs wurde hier ein sogenannter Experimentierraum eingerichtet, der zeigte, welche Nutzungsvielfalt dieser Platz jenseits des Parkens haben könnte. Ich denke, dass diese Frage auch in Abhängigkeit von der noch unklaren Nachnutzung eines angrenzenden stadteigenen Gebäudeensembles noch einmal neu bewertet werden muss.
Darüber hinaus befinden sich verschiedene Straßen und Plätze in der Innenstadt in der Bearbeitung, die wir umgestalten wollen, wie die Schillerstraße, Goethestraße, Prinzenstraße, Joachimstraße oder der Steintorplatz. Hier geht es immer um eine Aufwertung des öffentlichen Raums und seiner Aufenthaltsqualität in Verbindung mit Maßnahmen zur Minderung der Folgen des Klimawandels sowie eine gute barrierefreie Erreichbarkeit.
Beziehen sich die meisten Maßnahmen hauptsächlich auf die Innenstadt, oder gibt es auch Umgestaltungen in den Randbezirken?
Natürlich arbeiten wir stadtweit an diesen Themen. Die Innenstadt ist dabei auch Proberaum, denn hier schaffen wir die Grundlagen und sammeln Erfahrungen für die angepasste Übertragung und Skalierung von Maßnahmen auf die ganze Stadt. Die dicht bebaute Innenstadt als Herz der Stadt ist dabei natürlich besonders
herausfordernd, quasi ein Härtetest, denn hier überlagern sich vielfältige Handlungsbedarfe und Anforderungen.
herausfordernd, quasi ein Härtetest, denn hier überlagern sich vielfältige Handlungsbedarfe und Anforderungen.
Sieht Hannover für seine großen Straßen – darunter auch die Hochstraße nordöstlich des Bahnhofs – gar nicht unbedingt einen Handlungsbedarf?
Nördlich des Hauptbahnhofs ist der Cityring als Hochstraße ausgebildet, und es gab die Überlegung, diese Brücke wegzunehmen. Sie wurde 1970 erbaut und war um 2010 erneuerungsbedürftig. Es wurde dann entschieden, sie zu sanieren, weil das kostengünstiger war als ein Abriss.
Ich sehe das heute als eine große Chance: Denn wir können den Verkehr weiterhin in +1-Lage führen und die Null-Ebene weitgehend vom Autoverkehr freimachen. Das hat Auswirkungen auf das Zusammenwachsen der bislang geteilten Räume und rückt die Oststadt näher an die City heran, ein Schritt der Stadtreparatur der autogerechten Stadt von Hillebrecht. Daher haben wir uns entschieden, für das nördliche Bahnhofsviertel eine Vision, eine neue Denkrichtung auszuarbeiten, die eine umfassende Bürgerbeteiligung vor Ort beinhaltete. Hintergrund sind auch die Planungen der DB, den Bahnhof in diesem dicht bebauten, urbanen Bereich um zwei Gleise – 15 und 16 – zu erweitern. Das ist in vielfacher Hinsicht eine besondere Herausforderung, zumal verschiedenste Verkehrsträger an dieser Stelle auf mehreren Ebenen miteinander verbunden werden. Gleichzeitig treffen auf der Seite am Raschplatz soziale und gesellschaftliche Problemstellungen mit Nutzungen und Raumansprüchen aufeinander, die städtebaulich nicht adäquat abgebildet werden. Der Ernst-August-Platz mit dem historischen Bahnhofsgebäude auf der Südseite stellt dagegen ein sehr ansehnliches Innenstadt-Entree dar.
Ein Ergebnis der Masterplanung ist es nun, den Raschplatz auf die Erdgeschossebene anzuheben und den Bereich unter der Hochstraße weitgehend verkehrsfrei zu machen, um so eine direkte Anbindung an den Weißekreuzplatz zu schaffen. Dabei akzeptieren wir den Bestand aus der Zeit des Wiederaufbaus mit dem denkmalgeschützten „Telemoritz“ von Fritz Leonhardt und den Hochhäusern im Umfeld. Wir möchten das nutzen, um eine eigene Adresse auszubilden und den Großstadtcharakter an dieser Stelle weiter auszubauen, auch mit zusätzlichen gezielt verorteten Hochpunkten.
Der Raschplatz ist ein interessantes Beispiel, weil hier die Verkehrsinfrastruktur der Nachkriegszeit in Gestalt dieser Hochstraße es jetzt möglich macht, auf Nullebene eine zwar nicht verkehrsfreie, aber doch fußgängerfreundlichere und radverkehrsfreundlichere Stadt zu schaffen. Was machen Sie an Orten, wo Sie diese Hochstraße nicht haben? Gibt es Räume in der Stadt, wo Sie darüber nachdenken, diese Straßenräume wieder zu verengen, in Teilen zu bebauen, um die Quartiere wieder miteinander zu verbinden?
Bebauen werden wir diese weiten Räume eher nicht, aber wir haben das Ziel, diese den Menschen wieder verfügbar zu machen. Am Leibniz-ufer bestehen Überlegungen, Räume neu aufzuteilen, Fahrspuren zu reduzieren und den Grünflächen mehr Platz zu geben, sie als nutzbaren Freiraum zu gestalten. Es geht um Klimawandelfolgenanpassung und mögliche städtebaulich-freiräumliche Aufwertungen.
Unweit von dort befindet sich die Culemannstraße, die den Maschsee über den Maschpark mit dem Cityring und der Innenstadt verbindet. Für den vom Stadtrat beschlossenen weitgehenden Rückbau dieser Straße sind zwischenzeitlich Bundesmittel zugesagt worden. Dieses große Entsiegelungsprojekt dient dem Klimaschutz, verfolgt aber auch weitere Ziele wie die Zusammenführung der getrennten Parkabschnitte und die stärkere Ausrichtung zu einem „Kulturpark“.
Es ist oft zu hören, dass die Funktionalität der Stadt zusammenbricht, sobald hundert Meter Straße gesperrt werden. Wird das dann gemacht, wissen die Menschen sich neu zu orientieren, andere Routen zu nehmen oder, im besten Fall, auch mal das Auto stehen zu lassen.
Ja, und wie das funktioniert, sieht man bei großen Veranstaltungen wie zum Beispiel dem Maschseefest oder dem Hannover Marathon. Das Maschseefest beansprucht über mehrere Wochen Verkehrsflächen und verändert die Routen in der Stadt. Dennoch kann der Verkehr in unserem leistungsfähigen Gesamtsystem mit hinreichender Qualität abgewickelt werden. Der Start- und Zielbereich des Laufevents befindet sich direkt vor dem Neuen Rathaus am Friedrichswall. Dann wird alles für zwei, drei Tage gesperrt und die Stadt funktioniert trotzdem. Zugegeben: am Wochenende ist das einfacher als an Werktagen. Als beliebter Ort für Großveranstaltungen beweist Hannover aber regelmäßig seine verkehrlichen Standortqualitäten.
Wenn Sie eine Zukunftsprognose wagen: Was ist Ihr Bild von Hannover 2040 mit Blick auf Verkehr und Straße? Was denken Sie, lässt sich in den nächsten fünfzehn Jahren verändern?
In Kürze geht der neue Masterplan Mobilität zur Beratung in die politischen Gremien. Dort sind die großen Ziele beschrieben, etwa die weitere Veränderung des Modal Split. Es wird spannend zu sehen, welche verkehrspolitischen Schwerpunkte zwischen angebotsorientierten und restriktiven Maßnahmen, wie beim Rückbau der Culemannstraße im Maschpark, in der Neuordnung des Hauptverkehrsstraßennetzes, der Entwicklung des ÖV oder der zukunftsfähigen Gestaltung von Straßenräumen in der Auseinandersetzung gefunden werden. Ich setze auf eine gute Zusammenarbeit, sodass sich die großen Linien und verkehrs- und klimapolitischen Ziele gemeinsam realisieren lassen. Ich kann mir vorstellen, dass es funktioniert, die Voraussetzungen sind da: wir haben die Räume und wir haben mit den großen Straßenräumen auch das Potenzial, Flächen neu zu verteilen und anders zu gestalten und zu nutzen.







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