Bauwelt

Architekturpavillons auf der Gartenschau im Remstal


Aussichtsturm, Kaminhaus, Freiheitsstatue: Anlässlich der Remstal Gartenschau haben sich 16 Gemeinden kleine, aber die Landschaft prägende Follies bauen lassen. Zwei Redakteure der Bauwelt sind die Stationen abgelaufen – mit zuverlässiger Unterstützung des öffentlichen Nahverkehrs.


Text: Crone, Benedikt; Flagner, Beatrix, Berlin


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    Station 8, Prisma in Schorndorf von Schneider+Schumacher und Bollinger+Grohmann Ingenieure, Frankfurt am Main
    Foto: Remstal Gartenschau/ Potthoff

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    Station 8, Prisma in Schorndorf von Schneider+Schumacher und Bollinger+Grohmann Ingenieure, Frankfurt am Main

    Foto: Remstal Gartenschau/ Potthoff

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    Erreichbarkeit: 25 Minuten Fußweg vom Bahnhof Schorndorf
    Foto: Benedikt Crone

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    Erreichbarkeit: 25 Minuten Fußweg vom Bahnhof Schorndorf

    Foto: Benedikt Crone

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    Station 7, Turm an der Birke, in Urbach, vom ICD – Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung und dem ITKE – Institut für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart
    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Station 7, Turm an der Birke, in Urbach, vom ICD – Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung und dem ITKE – Institut für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart

    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Für den Turm wurden Holzelemente verwendet, die sich bei einer kalkulierten Trocknung in die gewünschte Form biegen.
    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Für den Turm wurden Holzelemente verwendet, die sich bei einer kalkulierten Trocknung in die gewünschte Form biegen.

    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Erreichbarkeit des Turms: 12 Minuten Fußweg vom Bahnhof Urbach.
    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Erreichbarkeit des Turms: 12 Minuten Fußweg vom Bahnhof Urbach.

    Foto: ©ICD/ITKE University of Stuttgart

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    Station 6, Hochzeitsturm in Plüderhausen von Uwe Schröder, Bonn. Erreichbarkeit: 18 Minuten Fußweg vom Bahnhof Plüderhausen
    Foto: Stefan Müller

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    Station 6, Hochzeitsturm in Plüderhausen von Uwe Schröder, Bonn. Erreichbarkeit: 18 Minuten Fußweg vom Bahnhof Plüderhausen

    Foto: Stefan Müller

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    Foto: Stefan Müller

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    Station 16, Badehäuser in Remseck am Neckar, von Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt am Main. Erreichbarkeit: Von Stuttgart aus mit der U2 bis Remseck.
    Foto: Benedikt Crone

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    Station 16, Badehäuser in Remseck am Neckar, von Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt am Main. Erreichbarkeit: Von Stuttgart aus mit der U2 bis Remseck.

    Foto: Benedikt Crone

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    Station 14, das „Weiße Haus“, eine Skulptur von Jürgen Mayer H, Berlin, auf einer Flussinsel in Waiblingen. Erreichbarkeit: Ab Bahnhof Waiblingen mit dem Bus 201 bis "Galerie"
    Foto: Remstal Gartenschau

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    Station 14, das „Weiße Haus“, eine Skulptur von Jürgen Mayer H, Berlin, auf einer Flussinsel in Waiblingen. Erreichbarkeit: Ab Bahnhof Waiblingen mit dem Bus 201 bis "Galerie"

    Foto: Remstal Gartenschau

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    Station 12, Fernsehen in Korb, Architekten, von Studio Rauch, München
    Foto: Beatrix Flagner

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    Station 12, Fernsehen in Korb, Architekten, von Studio Rauch, München

    Foto: Beatrix Flagner

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    Foto: Beatrix Flagner

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    Für den Turm in Korb stülpte Studio Rauch eine Kons­truktion aus Brettsperrholzscheiben über einen Trinkwasserspeicher der 1960er Jahre.
    Foto: Beatrix Flagner

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    Für den Turm in Korb stülpte Studio Rauch eine Kons­truktion aus Brettsperrholzscheiben über einen Trinkwasserspeicher der 1960er Jahre.

    Foto: Beatrix Flagner

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    Erreichbarkeit: Vom Bahnhof Waiblingen mit dem Bus 209 bis zur Haltestelle „Korber Straße“, dann 15 Minuten Fußweg
    Foto: Beatrix Flagner

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    Erreichbarkeit: Vom Bahnhof Waiblingen mit dem Bus 209 bis zur Haltestelle „Korber Straße“, dann 15 Minuten Fußweg

    Foto: Beatrix Flagner

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    Station 11, Kaminhaus in Weinstadt, von su und z Architekten, München
    Foto: Remstal Gartenschau

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    Station 11, Kaminhaus in Weinstadt, von su und z Architekten, München

    Foto: Remstal Gartenschau

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    Erreichbarkeit: 10 Minuten Fußweg wom S-Bahnhof Endersbach
    Foto: su und z Architekten

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    Erreichbarkeit: 10 Minuten Fußweg wom S-Bahnhof Endersbach

    Foto: su und z Architekten

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    Station 15, Belvedere in Fellbach von Barkow Leibinger, Berlin, und Werner Sobek, Stuttgart.
    Foto: Stefan Müller

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    Station 15, Belvedere in Fellbach von Barkow Leibinger, Berlin, und Werner Sobek, Stuttgart.

    Foto: Stefan Müller

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    Erreichbarkeit: Vom S-Bahnhof Fellbach mit dem Bus 215 bis „Altenheim“, dann 20 Minuten Fußweg
    Foto: Stefan Müller

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    Erreichbarkeit: Vom S-Bahnhof Fellbach mit dem Bus 215 bis „Altenheim“, dann 20 Minuten Fußweg

    Foto: Stefan Müller

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    Station 3, Weißes Fenster in Böbingen von Staab Architekten, Berlin. Erreichbarkeit: Mit der Remsbahn bis Böbingen Bahnhof, dann 16 Minuten Fußweg
    Foto: Arno Lederer

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    Station 3, Weißes Fenster in Böbingen von Staab Architekten, Berlin. Erreichbarkeit: Mit der Remsbahn bis Böbingen Bahnhof, dann 16 Minuten Fußweg

    Foto: Arno Lederer

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    Station 4, Lindenturm in Schwäbisch Gmünd, von Florian Nagler Architekten, München
    Foto: Beatrix Flagner

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    Station 4, Lindenturm in Schwäbisch Gmünd, von Florian Nagler Architekten, München

    Foto: Beatrix Flagner

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    Erreichbarkeit: Vom Bahnhof Schwäbisch Gmünd 30 Minuten Wanderung durch den Wald
    Foto: Remstal Gartenschau/Mario Klaiber

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    Erreichbarkeit: Vom Bahnhof Schwäbisch Gmünd 30 Minuten Wanderung durch den Wald

    Foto: Remstal Gartenschau/Mario Klaiber

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    Station 5, Gehäkeltes Haus, von Hild und K Architekten, München. Dem "Luginsland", einem kleinen Bau ...
    Foto: Remstal Gartenschau/Mario Klaiber

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    Station 5, Gehäkeltes Haus, von Hild und K Architekten, München. Dem "Luginsland", einem kleinen Bau ...

    Foto: Remstal Gartenschau/Mario Klaiber

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    ... auf dem Kloster Lorch, oberhalb des Städtchens Lorch, haben die Architekten ein Häkelkleid übergeworfen. Es ist das einzige Projekt in der Pavillon-Reihe, das nach 165 Tagen Remstal Gartenschau wieder abgebaut wird.
    Foto: Remstal Gartenschau/Mario Klaiber

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    ... auf dem Kloster Lorch, oberhalb des Städtchens Lorch, haben die Architekten ein Häkelkleid übergeworfen. Es ist das einzige Projekt in der Pavillon-Reihe, das nach 165 Tagen Remstal Gartenschau wieder abgebaut wird.

    Foto: Remstal Gartenschau/Mario Klaiber

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    Station 1, Markante Treppe in Essingen, von Harris und Kurrle Architekten, Stuttgart
    Foto: Peter Schlipf

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    Station 1, Markante Treppe in Essingen, von Harris und Kurrle Architekten, Stuttgart

    Foto: Peter Schlipf

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    Station 2, Freiheitsstatue in Mögglingen, von Brandlhuber+, Berlin
    Foto: Marta Dyachenko

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    Station 2, Freiheitsstatue in Mögglingen, von Brandlhuber+, Berlin

    Foto: Marta Dyachenko

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    Station 9, Monopteros in Winterbach, von Burger Rudacs Architekten, München
    Foto: Authentic Studios

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    Station 9, Monopteros in Winterbach, von Burger Rudacs Architekten, München

    Foto: Authentic Studios

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    Station 10, Rosenpavillon in Remshalden, von Schulz und Schulz, Leipzig
    Foto: Gemeinde Remshalden

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    Station 10, Rosenpavillon in Remshalden, von Schulz und Schulz, Leipzig

    Foto: Gemeinde Remshalden

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    Station 13, Wengerter Häuschen in Kernen im Remstal, von Kuehn Malvezzi, Berlin Foto: Gemeinde Kernen

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    Station 13, Wengerter Häuschen in Kernen im Remstal, von Kuehn Malvezzi, Berlin

    Foto: Gemeinde Kernen

Elektroräder sind unter Süddeutschen nicht ohne Grund ein beliebtes Freizeitverkehrsmittel. Zwar klobig im Design, dafür praktisch auf bergigen Strecken, teuer in der Anschaffung, dafür nicht allzu anstrengend – und natürlich im Vergleich zum Auto umweltfreundlich. Wenn man als Norddeutscher über die zur Schau gestellte Unsportlichkeit einer Pedelec-Gang üblicherweise die Nase rümpfen würde, ändert sich dieses Verhalten schlagartig, sobald man selbst 80 Kilometer durch eine hügelige Gegend wie das schöne Remstal kommen möchte.

Diese kleine Reise beginnt daher auch an einer Leihstation für Elektroräder in der beschaulichen Stadt Schorndorf, östlich von Stuttgart – und scheitert sogleich an der Technik. Weder lässt sich die App des Leihrad-Anbieters RegioRadStuttgart reibungslos installieren, noch motivieren ihre vielen negativen Bewertungen zur Nutzung. Das favorisierte Fortbewegungsmittel für diesen Ausflug ist damit gestrichen, bevor er richtig begonnen hat. Was bleibt sind die Füße. Sowie Bus und Bahn. Diese fahren allerdings im entschleunigten Verkehrstakt des ländlichen Raums. Sogleich weicht die Entspanntheit einer inneren Unruhe, nicht den strengen Zeitplänen des ÖPNV gerecht werden zu können und an Bushaltestellen irgendeines Gewerbegebiets stundenlang ausharren zu müssen.

Schließlich gilt es möglichst viele der 16 Stationen abzulaufen, die 16 Architekturbüros anlässlich der Remstal Gartenschau entworfen haben. Ein Glück, dass die Besichtigung dieser Türme, Skulpturen und Pavillons unter zwei Redakteuren aufgeteilt wurden. Das vereinfacht die Logistik und gibt Raum für die Wertschätzung der Objekte. Vom Bahnhof Schorndorf geht es also zu Fuß durch schwäbische Kleinstadtarchitektur, vorbei an Autohändlern und glattrasierten Vorgärten, steil hinauf in die Weinberge. Dort oben steht das Prisma, ein zum Hügel spitz zulaufendes Aussichtsgebäude der Frankfurter Architekten Schneider+Schumacher. Wie ein Keil wirkt es in den Hang geschoben. Vor den sattgrünen Weinbergen leuchtet das Innere des tetrae­der­för­migen Holzbaus in einem lockenden Rot. Im „Prisma“ angekommen, erhält der Besucher einen weiten Blick über das Remstal und die Schorndorfer Kirche, ermöglicht durch eine breite, schlitzartige Öffnung.

Es ist wie bei jeder Wanderung: Der Weg ist das Ziel. Doch bei dieser Wanderung wird der Architekturinteressierte neben Ausblicken durch individuell entworfene und handwerklich solide gebaute Stationen belohnt. Das gilt auch für den bereits vom Tal aus sichtbaren Turm an der Birke, entworfen vom Stuttgarter Architekten Achim Menges und von dem Tragwerksplaner Jan Knippers. Er steht nebenan, im Nachbarort Urbach. Will man ihn vom Bahnhof Urbach erreichen, zeigt sich der 14 Meter hohe Turm aus vorgefertigten Sperrholzstreifen hinter einem Maisfeld schon bald wie ein Streichholz am Horizont. Überraschenderweise bricht der gedrehte, dynamische Bau nicht mit der Landschaft aus Hügeln, Wiesen, Birken und Strommasten. Eher ergänzt der Turm die architektonische Bandbreite der Gegend, die sonst vorwiegend mit schlichten Einfamilienhäusern übersät ist.

Ein neues Selbstformungsverhalten

Die Konstruktion des Turms wurde an zwei Ins­tituten der Universität Stuttgart, dem ICD und dem ITKE, entwickelt und anhand eines Prototyps im kanadischen Vancouver erprobt. Die Neuheit besteht im Herstellungsprozess der langen, flachen Fichtenhölzer. Diese biegen sich während der Trocknung in einer Kammer in die für den Turm gewünschte Form. Vor Ort müssen die dünnen, leichten und aufeinander abgestimmten Paneele nur noch zusammengesetzt werden. Ein „Selbstformungsverhalten“, so die Planer, das neue Möglichkeiten für dünne Schalenstrukturen ermögliche. Der Hintergrund zur Konstruktion bleibt dem Pärchen, das sich an diesem Nachmittag vor dem Turm Arm in Arm fotografiert, weitgehend vorenthalten – seine Wirkung als Landmark verfehlt der Bau dennoch nicht.

Der Hochzeitsturm in Plüderhausen, eine S-Bahnstation weiter, bedarf dagegen vor allem einer historischen Erläuterung. Wer den steilen, dafür gut ausgeschilderten Weg auf sich nimmt und am Wegesende die buttermilchgelbe Villa im Toskanastil eines vermutlich neureichen Schwaben passiert, findet ein gemauertes Türmchen mit zwei spitzbogenförmigen Öffnungen als Eingänge, entworfen vom Bonner Architekten Uwe Schröder. Ein alter Brauch der Gemeinde besagt: Wenn sich ein Paar im Plüderhausener Rathaus das Jawort gibt, hat es anschließend auf dem Hügel einen Obstbaum zu pflanzen. Entsprechend ist der Weg von Äpfel- und Birnbäumen gesäumt. Der Turm ergänzt diese Tradition. Ihn kann das Brautpaar getrennt betreten, im Innern zusammenfinden – und über die Weite des Tals wie in seine gemeinsame Zukunft blicken.

Badehäuser mit Durchblick

Der zweite Reisetag beginnt, entgegen den Spielregeln, an der Endstation der Wanderroute in Remseck am Neckar, wo die Rems in den Neckar fließt (der Ursprung der Rems und Start der Route ist nahe Essingen). Zur Endstation, die von Stuttgart leicht erreichbar ist, locken drei (geplant waren einst fünf) Badehäuser von Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt. Die Ähnlichkeit der spitz zulaufenden Satteldächer zu Projekten des Büros wie der Ausstellungshalle Portikus in Frankfurt sind nicht zu verkennen – und die Selbstironie verdient Respekt. Auch ziehen die Häuser mit ihrer Form und Farbe die Blicke von den umliegenden Brücken schnell auf sich. Leider fehlt ihnen nur ein Vorhang, als dass sie tatsächlich als Umkleiden dienen könnten. Vom Remseck, wo neben der Baustelle eines Rathauses wenig zu besichtigen ist, geht es nach Waiblingen. Kurze Rast auf einer Skulptur, die Jürgen Mayer H. auf die Schwaneninsel der Fachwerkstadt gesetzt hat. Die ausgeschnittenen Elemente erinnern nicht von ungefähr an Überreste einer Laubsägearbeit: Gegenüber der Insel befindet sich die Galerie Stihl (die Firma mit den Motorsägen). Ist man in Waiblingen, darf ein Abstecher nach Korb nicht fehlen, wo ein Aussichtsturm vom Münchner Studio Rauch über den Weinbergen thront. Sicher ein Höhepunkt der Gartenschau – mit Escher-artigem Treppenhaus und breiten Panoramafenstern. Der Ausblick verleiht dem Projekt seinen Namen: Fernsehen in Korb. BC

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Das Holz im Innern des Aussichtsturms hat den Geruch seiner Umgebung angenommen, es riecht nach süßen Trauben. Über zwei gegenläufige, Escher-artige Treppen gelangt man nach oben, während man die an den Setzstufen angebrachten schmalen Schilder liest, auf denen die Namen der örtlichen Unterstützer geschrieben stehen. Nach der Serpentine hoch zum Weinberg „Pfefferle“ ist der Wind, der durch den Pavillon zieht, angenehm frisch. Die Öffnungen sind gezielt gesetzt und rahmen unterschiedliche Ausblicke: ins Tal, in die Nachbargemeinde und auf die Weinbergspitze. Je größer die Fenster, desto tiefer sind auch ihre Laibungen. Das Panoramafenster oben im Aussichtsraum nimmt die gesamte Turmbreite ein. Die Grundfläche des Turms orientiert sich an den Maßen des kleinen Zugangsbaus zu einem unterirdischen Trinkwasserhochbehälter, über den er sich passgenau stülpt.

Der Besuch der Station hat sich zum Glück gelohnt. Ihm war ein ungeplanter Umweg vorangegangen, denn im Remstal gibt es zwei durchnummerierte Rundgänge. Nach der Eingabe „Station 12“ in die Google-Maps-Suchleiste kann man auch auf den „Besinnungsweg am Lenbächle“ in Bitterfeld bei Waiblingen geschickt werden – eine Stunde Busfahrt von Korb entfernt.

Eine stark befahrene Landstraße überquerend, diagonal über die Parkplätze von Deichmann und Edeka, das kleine Gewerbegebiet hinter sich lassend, durch einen kleinen Autobahnbrückentunnel – und man steht inmitten eines belebten Ortes: Eine Frauengruppe, beinahe alle in pinkfarbene Shirts und schwarze Leggings gekleidet, macht gerade ihren Abendsport, aus den Musikboxen der improvisierten Beachbar dröhnt ein Café-del-Mar-Chillout-Mix, und am Remsufer stehen herrenlose Campingstühle, deren Besitzer gerade versuchen, sich auf Stand-Up-Paddeling-Brettern zu halten. Mittendrin, auf der Halbinsel „Birkelspitze“ zwischen Rems und der Mündung des Haldenbachs, steht das Kaminhaus, Station 11 – verlassen. Einige Fahrräder sind daran angelehnt, und vom First hängt an einem dünnen Draht, wie eine Leuchte, eine zerdrückte Bierdose tief über dem großen Holztisch, der den Raum beinahe komplett einnimmt. Su und z Architekten aus München spielen mit ihrem Entwurf auf die Tradition der Fachwerkhäuser im Ort an und stellen die Urfunktion eines Hauses in den Vordergrund: das gesellige Zusammenkommen um eine Feuerstelle. Der Kontrast zwischen der Fachwerkhausstruktur, dem Kamin aus Beton sowie dem Tisch und den Bänken aus Holz ist reizvoll und doch, wenn man alleine und schatten­suchend auf Wanderung durch das Remstal ist, lädt der Pavillon nicht vollends zum längeren Verweilen ein.

S-Bahn, Bus und zu Fuß

Für die letzten beiden Stationen, die für den ersten Tag auf dem Programm stehen, bietet sich der Wechsel auf das Zweirad an, sie liegen nur 15 Fahrminuten auseinander. Die App RegioRadStuttgart ist zum Glück schon heruntergeladen, denn der Internetempfang lässt am Bahnhof in Endersbach zu wünschen übrig. Leider bestätigen sich die schlechten Bewertungen im App Store, denn ein Fahrrad lässt sich nicht ausleihen. Die Station 15 Belvedere ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von hieraus am besten zu erreichen, nur eine 55-minütige S-Bahn- und Busfahrt und 1,5 Kilometer Fußmarsch – auf zur schönen Aussicht.

Den Busfahrplan im Hinterkopf geht es eilig zum Pavillon, den Barkow Leibinger entworfen und bei dem Werner Sobek die Tragwerksplanung übernommen hat. Google Maps kalkuliert den 1,5 Kilometer langen Weg mit einem 20-minütigen Fußmarsch, was großzügig bemessen scheint. Doch sobald man die ersten Einfamilienhäuser am Rand von Fellbach hinter sich gelassen hat, wenn vor einem der lange, asphaltierte Feldweg liegt, der durch eine Schrebergartensiedlung bis hinter die Weinberge führt, scheint die verbleibende Stunde, bis der letzte Bus des Tages fährt, erschreckend kurz. Die 28 Grad warme Abendsonne tut ihr Übriges und so erscheint nach einem straffen Marsch (16 Minuten!) das flimmernde, weiße Gerüstdach wie eine Fata Morgana am Horizont.

Das Dach verschwimmt beinahe zwischen den Weinreben. Aus den Stützen – sechs gebündelte Rundstähle – entwickelt sich die Dachstruktur. Folgt man einem Rohr mit den Augen, biegt und windet es sich, trifft auf andere Rohre, bildet gemeinsam mit ihnen einen sternförmigen Hochpunkt, bis es wieder an einer anderen Stelle auf den Boden geführt wird. An jede der sechs Stützen ist im Wechsel eine Weinrebe oder ein Rosenbusch gepflanzt, die in den kommenden Jahren an dem Gerüst hochklettern und sich über die Raumfachwerkstruktur ausbreiten sollen. Könnte man sich hier gelassen unter den Pavillon in das Gras legen, würde man sich in der Struktur verlieren. Leider steht er auf einem runden Schotterplatz, mit einer kleinen, drei Schritt langen Schotterzufahrt vom Feldweg aus, wie eine verlorene Verkehrsinsel inmitten von Weinbergen. Mit den Bänken und einem Mülleimer neben dem Pavillon wirkt der Ort unnötig städtisch.

Am nächsten Morgen ist die Remsbahn angenehm leer. Von Stuttgart ist es fast eine Stunde Zugfahrt bis nach Böbingen an der Rems, wo die erste Station für diesen Tag steht: das Weiße Fenster von Staab Architekten. Vom Bahnhof aus markieren bunt angemalte Holzbienen-Schilder von „Remsi“, dem Maskottchen der Remstal Gartenschau, den Fußweg bis zur Station 3. Als Teil der Schau wurde in Böbingen ein neuer Parkstreifen entlang des alten Bahndamms angelegt: Wildblumenbete, Abenteuerspielplatz und eine mit Steinen befestigte Badestelle, an der Zweidutzend Kinder planschen. Eine neue Holzbrücke führt über den Klotzbach in ein dahinterliegendes Waldstück und dort, direkt am Wegesrand, hängt der Pavillon an sieben Baumstämmen. Ein kontemplativer Ort. Man will direkt unter das massiv wirkende, weiß gestrichene Holzdach treten und durch die unterschiedlich großen, runden Öffnungen, in denen die Bäume stehen, nach oben in die Baumkronen schauen. Keine Wände, keine Stützen, nur ein Dach und die Baumstämme, die den Raum markieren – und ein Kiesfeld, das ein wenig mit der mystischen Atmosphäre bricht.

Steil bergauf

Schon geht es Ort für Ort wieder Richtung Stuttgart zurück. Vom Bahnhof in Schwäbisch Gmünd ist es eine steile Wanderung durch den Wald bis zum Lindenturm von Florian Nagler Architekten. Er ist einer von vier Pavillons, der nicht weiß ist. Auf einem bestehenden Mauerring wickelt sich der Pavillon aus sägerauem Lärchenholz um eine alte Linde und nimmt damit Bezug auf die Tradition der Tanzlinden. Die erste Ebene ist auf Höhe des unteren Astkranzes eingezogen. Die weißen Vorhänge sollen die Tänzer und Musiker vor dem Wind schützen. Jetzt flattern die Segeltuchvorhänge wild in der Luft. Auf der Rückseite des Pavillons bilden die Lärchenholzlatten eine geschlossene Wand, erst auf der zweiten Ebene wird die Lattung lockerer und zum Geländer. Im Schatten der Baumkrone hat man von hier einen weiten Blick auf die Stadt.

Auch zur Station 5 geht es steil bergauf. Nur wenige Gehminuten vom Lorcher Bahnhof entfernt thront das Kloster Lorch über das 11.000- Einwohner-Städtchen. Den schmalen Weg bis zum Eingang der Anlage hochkraxelnd, sieht man den „Luginsland“, einen kleinen Bau, der wohl früher zur Überwachung der Fernstraßen genutzt wurde, im Augenwinkel. Sonst eher unscheinbar, hat er nun von Hild und K Architekten ein Häkelkleid übergeworfen bekommen. Schwer hängt es herunter. 55 ehrenamtliche Helfer aus der Stadt und aus dem Umland verarbeiteten rund 115 Kilometer Nylonschnur in dieses ausgefallene Patchwork-Werk. Jeweils in Form eines Fachwerkelements entstanden gehäkelte oder gestrickte Teilstücke. Die unterschiedlich feinen Strukturen erinnern an die filigranen Malereien in der benachbarten Klosterkirche. Das Gehäkelte Haus ist wohl das ausgefallenste Projekt in der Pavillon-Reihe – und auch das einzige, das nach 165 Tagen Remstal Gartenschau wieder abgebaut wird. BF



Fakten
Architekten Schneider+Schumacher, Frankfurt am Main; ICD – Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung, ITKE – Institut für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart; Uwe Schröder, Bonn; Jürgen Mayer H. und Partner, Berlin; su und z Architekten, München; Staab Architekten, Berlin; Florian Nagler Architekten, München; Hild und K Architekten, München
Adresse Bahnhofstraße 21, 71384 Weinstadt


aus Bauwelt 17.2019
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