Bauwelt

Fenix Museum Rotterdam


Mit einer spiegelnden, begehbaren Skulptur wird die ehemalige Hafenlagerhalle Fenix II zu Rotterdams neuester Ikone. Sie beherbergt ein Kunstmuseum zum Thema Migration, entworfen von Ma Yansong, Gründer des chinesischen Architekturbüros MAD.


Text: Bokern, Anneke, Amsterdam


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    Am Rijnhaven in Rotterdam: Neben Fenix I, die mit Wohnungen aufgestockte Lagerhalle, steht Fenix II, ...
    Foto: Iwan Baan

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    Am Rijnhaven in Rotterdam: Neben Fenix I, die mit Wohnungen aufgestockte Lagerhalle, steht Fenix II, ...

    Foto: Iwan Baan

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    ... aus dessen Dach sich die verspiegelte Treppenskulptur schraubt.
    Foto: Iwan Baan

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    ... aus dessen Dach sich die verspiegelte Treppenskulptur schraubt.

    Foto: Iwan Baan

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    Foto: Arch-Exist Photography

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    Bis zur Spitze in 30 Metern Höhe gilt es, ...
    Foto: Arch-Exist Photography

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    Bis zur Spitze in 30 Metern Höhe gilt es, ...

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    ... 550 Meter zurückzulegen.
    Foto: Arch-Exist Photography

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    ... 550 Meter zurückzulegen.

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    Bereits im Erdschoss trifft man auf den silberglänzenten Treppenwirbel.
    Foto: Arch-Exist Photography

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    Bereits im Erdschoss trifft man auf den silberglänzenten Treppenwirbel.

    Foto: Arch-Exist Photography

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    Das Fenix ist das erste fertiggestellte Kulturprojekt von MAD in Europa.
    Foto: Hufton+Crow

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    Das Fenix ist das erste fertiggestellte Kulturprojekt von MAD in Europa.

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    Die Sanierung des Bestands hat Bureau Poldermann aus Rotterdam verantwortet.
    Foto: Hufton + Crow

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    Die Sanierung des Bestands hat Bureau Poldermann aus Rotterdam verantwortet.

    Foto: Hufton + Crow

Im Vorfeld gab es Gründe satt, um dem neuen Fenix-Museum mit Skepsis zu begegnen. Schon wieder eine nach Aufmerksamkeit heischende Architekturikone – gibt es davon nicht allmählich genug in Rotterdam? Außerdem steckt hinter dem Museum eine private Stiftung, die ihren Einfluss in der Kulturszene der Stadt seit einigen Jahren immer stärker geltend macht. Für den Entwurf des silbern glänzenden „Tornado“ auf dem Dach gab es keinen Wettbewerb, sondern der Stiftungsdirektor hat das chinesische Büro MAD direkt beauftragt. Und als wäre das noch nicht genug, musste für das Museum auch noch ein alternativer Foodcourt aus dem alten Fenix-Lagerhaus weichen. Kein sympathischer Start. Vor Ort muss man trotzdem eingestehen, dass das Projekt gelungen und das Museum ein echter Gewinn für die Stadt ist.
Phönix aus der Asche
Das Fenix-Lagerhaus wurde 1923 nach Entwurf von Cornelis van Goor für die Schifffahrtsgesellschaft Holland Amerika Lijn gebaut, die ab Ende des 19. Jahrhunderts Millionen von Passagieren, darunter viele Auswanderer, vom direkt gegenüberliegenden Wilhelminapier nach Amerika beförderte. Ursprünglich hieß es San Francisco und war mit einer Länge von 360 Metern eines der weltweit größten Hafenlagerhäuser. 1948 brannte jedoch der Mittelteil ab, woraufhin die beiden übriggebliebenen Gebäudeteile in Fenix I und Fenix II umbenannt wurden. Während Fenix I bereits seit 2018 Büros, Restaurants, eine Zirkusschule und ein Tanztheater beherbergt sowie einen Aufbau mit 212 Wohnungen von Mei Architects & Planners trägt (Bauwelt 11.2020), wurde Fenix II zunächst von der Fenix Food Factory und dem Dutch Pinball Museum zwischengenutzt.
2018 kaufte die Stiftung Droom en Daad das Gebäude. Sie wurde von der milliardenschweren Rotterdamer Familie Van der Vorm gegründet, der einst die Holland Amerika Lijn gehörte und die jetzt an der Spitze der Investmentgesellschaft HAL steht. Die Stiftung spielt in den letzten Jahren eine immer dominantere Rolle in der kulturellen Landschaft Rotterdams: Sie finanziert Ausstellungen und Musikhäuser ebenso wie den anstehenden Umzug des Niederländischen Fotomuseums in ein Lagerhaus, stiftet Skulpturen für den öffentlichen Raum und hat vor einer Weile sogar angeboten, den Umbau des Museums Boijmans van Beuningen mitzufinanzieren – was der Stadtrat jedoch dankend ablehnte, da Droom en Daad als Gegenleistung einen Sitz im Programmrat beanspruchte. Steuern zahlt HAL übrigens nicht in den Niederlanden, sondern in Monaco.
Kurz nachdem Droom en Daad beschlossen hatte, in Fenix II ein Museum der Migration zu eröffnen, traf der Stiftungsdirektor Wim Pijbes auf einem Kongress den chinesischen Architekten Ma Yansong von MAD Architects und lud ihn nach Rotterdam ein. Auf dem Dach des Lagerhauses betrachtete Yansong die Hochhäuser auf dem Wil-helminapier, das Hafenbecken und den Fluss, und bemerkte, „dass sich doch eigentlich alles um Bewegung dreht – Migration ebenso wie Architektur.“ Die Idee für den Tornado war geboren. MAD Architects wurde mit der Gestaltung des verspiegelten Blickfängers beauftragt; um die Sanierung des Bestandsbaus kümmerte sich das niederländische Bureau Polderman.

Migration ist allgegenwärtig

Im Fenix ist keine historische Ausstellung, sondern vor allem zeitgenössische Kunst zum Thema Migration zu sehen. Im Erdgeschoss liegt ein großes Atrium mit Café und Museumshop, flankiert von Sälen mit einem Kofferlabyrinth und einer journalistischen Fotoausstellung. Hauptbereich ist der erste Stock, wo sich auf nicht weniger als 6000 Quadratmetern Kunstwerke von Steve McQueen bis Francis Alÿs verteilen, abgewechselt mit historischen Objekten wie einem Stück der Berliner Mauer, aber auch kleinen Werken von alten Meistern wie Holbein und Rem-brandt. Migration ist alltäglich und allgegenwärtig, lautet die Botschaft.
Zugang zur Ausstellung bietet der Tornado, der sich als ungemein fotogener Gewaltakt mitten in das Atrium schraubt. Seine Konstruktion wurde von einer Firma realisiert, die sonst Achterbahnen baut. Die 297 doppelt gekrümmten Edelstahlpaneele, die die Doppelhelix umhüllen, wurden jeweils 100 Stunden lang poliert; nur einige wurden mattiert, um zu starke Reflexionen im Gebäude zu verhindern. Wo der Tornado das Dach des Lagerhauses durchstößt, spannt sich eine weiß lackierte Stahlkonstruktion mit Glasdach über der Rampe auf, die im Vergleich zum eleganten Silberwirbel etwas ungelenk wirkt.
Aufwendig inszeniertes Treppenhaus
Der Tornado ist gleichzeitig Erschließung und 550 Meter lange promenade architecturale. Auf dem Weg nach oben wechseln sich mit neuseeländischen Keroby-Holzplanken ausgekleidete Treppen und Rampen ab und kreuzen sich mehrmals. Oben angekommen, kann man in 24 Metern Höhe unter einer Edelstahl-Mütze stehend die spektakulären Spiegelungen der umliegenden Hochhäuser bestaunen und lustige Spiegel-Selfies schießen.
So effektheischend der Tornado sein mag – denn handelt es sich nicht letztlich nur um ein aufwendig inszeniertes Treppenhaus? –, so wohlkuratiert und -präsentiert ist die Ausstellung, die ihre Botschaft ganz ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln weiß. Während man durch die weitläufigen, lichten Säle spaziert, bieten neu eingefügte Fenster immer wieder Ausblicke auf die Stadt und verankern das Thema im Hier und Jetzt. Einziger Wehmutstropfen ist, dass der Altbau fast genauso eifrig aufpoliert wurde wie der Tornado. Es ist kaum noch Patina zu entdecken, stattdessen sind die Betonflächen samtig weich und fast makellos. Ein Blick auf das benachbarte Fenix I lehrt, dass beim Sanieren von Beton weniger manchmal mehr ist.

Überdachter öffentlicher Raum

Mehr noch als im Museum fällt das im sogenannten Plein auf: einem 2000 Quadratmeter großen, gratis zugänglichen Raum im Ostteil des Lagerhauses, der mit seiner schieren Größe beeindruckt. Er dient als überdachter semiöffentlicher Raum und hat dieselben Öffnungszeiten wie das Museum. Es gibt eine kleine Informationstheke, lange Arbeitstische und WLAN, in einer Ecke befindet sich ein Pop-Up-Imbiss, in einer anderen eine kleine Tribüne. Ansonsten herrscht ballsaalartige Leere, die Kinder zum Rennen und Springen einlädt, Architekturfreunde zum Betrachten der Deckenkonstruktion.
Vielleicht ist dieser Raum das bislang selbstloseste Geschenk von Droom en Daad an die Rotterdamer. Gleichzeitig trägt das Fenix mit seinem Standort, Gebäude und dem Ausstellungskonzept aber auch eine wichtige Botschaft aus: In einer Stadt, in der ein Viertel des Stadtrats aus Rechtspopulisten besteht, während die Hälfte der Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat, wird Migration als historische Konstante propagiert. Wenn der Tornado hilft, die Reichweite dieser Botschaft zu vergrößern, hat er eine Daseinsberechtigung – Ikone hin oder her.



Fakten
Architekten MAD, Peking/Los Angeles/Rom
Adresse Paul Nijghkade 5, 3072 AT Rotterdam, Niederlande


aus Bauwelt 23.2025
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