Lautes und leises Museum
Marko Demirovic ist kein Fan von Lasertag, besucht aber mit großer Leidenschaft Museen – besonders jene, deren Böden 200 Jahre alt sind
Text: Demirovic, Marko, Willingen
Lautes und leises Museum
Marko Demirovic ist kein Fan von Lasertag, besucht aber mit großer Leidenschaft Museen – besonders jene, deren Böden 200 Jahre alt sind
Text: Demirovic, Marko, Willingen
Die Stadt ist leerer als sonst. Menschen kommen und gehen – die Museen bleiben. Neulich war ich im Alten Museum. Der Bau selbst? Eine Haltung in Stein gemeißelt – wie es sich für den Inbegriff des Museums gehört. Eine gewal-tige Treppe, ein elegantes Vestibül mit Säulen, eine Inschrift und im Innern: Stille. Ich flüsterte, obwohl niemand „Psst“ gesagt hatte. Kein Schild, keine Aufsicht, nur diese Aura – wie in einer Kirche. Es war, als würde man sich beim Eintreten mit dem Weltkulturerbe absprechen, wie man sich zu verhalten hat. Und dann, ein paar Wochen später, ein anderes Museum. Ein Plakat am Eingang: „Immersive Experience“. Drinnen flackert es. Lichtinstallationen laufen über Wände, Lautsprecher dröhnen, Musik pulsiert. Um mich herum werden Handys gezückt. Währenddessen darf ich über Van Goghs Fel-der ziehen. Ich stehe mittendrin, leicht überfordert und fasziniert – wie beim ersten Mal Lasertag mit Fremden. Das Museum, so scheint es, will nicht mehr nur ausstellen – es will mitnehmen und fühlen lassen. Möglichst laut. Möglichst nah. Alles gleichzeitig. Die Ruhe des alten Museums ist im neuen wie weggepustet: 360-Grad-Projektionen, Sounddesigns, digitale Installationen – ein multisensorisches Spektakel, das an Kino erinnert. Immersive Formate sprechen Menschen an, die sich vom „klassischen“ Mu-seum ausgeschlossen fühlen. Kein Latein, kein Flüstern, kein „Nicht anfassen“. Stattdessen: Staunen, Sich-Verlieren – im Licht, im Klang, im Bild. Die Begegnung mit Kunst ändert sich und das Museum auch: nicht nur baulich, sondern narrativ. Museen werden derzeit radikal neu gedacht – definitiv ohne Rotunden, ohne Typus, als Räume, in denen der Boden nicht mehr knarzt. War die altknarzige Stille wirklich nur elitär oder doch auch ein Rahmen, in dem man einen Gedanken zu Ende denken konnte? Vielleicht muss es nicht Entweder-oder sein. Vielleicht können Museen heute beides: unterhalten und begreifen helfen. Vielleicht muss ich auch einfach lernen, in der Immersive Experience ebenfalls zu flüstern. Die Stadt füllt sich mit Menschen, die Museen besuchen. Menschen kommen und gehen – alle Museen bleiben, ob auf einer Insel oder in einer umgenutzten Halle: Sie sind Teil des Menschseins.







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