Eine Spiegelung des Architekturdiskurses
„The Architecture Exhibition of Tomorrow“ ist eine Ideensammlung, eine Erprobung neuer Konzepte und ein Anlass zum Diskutieren sowie Partizipieren für alle Architekturinteressierten. Anlässlich des 25-jährigen der Architektur Galerie Berlin geben 15 Architekturbüros erste Impulse, wie zukünftig Inhalte und Medien in Architekturausstellungen genutzt werden können.
Text: Dinkel, Diana, Nürnberg
Eine Spiegelung des Architekturdiskurses
„The Architecture Exhibition of Tomorrow“ ist eine Ideensammlung, eine Erprobung neuer Konzepte und ein Anlass zum Diskutieren sowie Partizipieren für alle Architekturinteressierten. Anlässlich des 25-jährigen der Architektur Galerie Berlin geben 15 Architekturbüros erste Impulse, wie zukünftig Inhalte und Medien in Architekturausstellungen genutzt werden können.
Text: Dinkel, Diana, Nürnberg
Zwei Bänke sind symmetrisch zum Eingang der Architektur Galerie Berlin in der Karl-Marx-Allee platziert. Sie fügen sich unscheinbar vor den Schaufenstern mit rauer Travertinplatte und Edelstahlgestell ein: „Ohne Titel (Rom 1960) 246 x 46 x 48“ nennt sich das Duo, entworfen von Heide & von Beckerath. Nach Betreten der Galerie stapeln sich links am Boden Metallstangen. Zwei Handschuhe sind eingeklemmt und imitieren das Greifen einer der Stangen. Ein Schweißgerät steht daneben, und im untersten Fach versteckt liegt das Buch „Ich schraube, also bin ich“.
Die Ausstellung „The Architecture Exhibition of Tomorrow” stellt Ideen, Vorschläge, Gedanken sowie Haltung von beispielsweise AFF mit FFirma, Heide & von Beckerath, Heike Hanada, Riegler & Riewe, MVRDV sowie sauerbruch hutton zur Schau. 25 Jahre Architektur Galerie Berlin sollten nach Inhaber Ulrich Müller nicht nur gefeiert werden. Er reichte eine Frage, die ihn selbst beschäftigt, weiter: Wie können Ausstellungsorte als Teil des Architekturdiskurses in Zukunft relevant bleiben?
Die Ausstellung als Antwort zielt auf eine Förderung der Kommunikation und Diskussion von Architektur mit der Öffentlichkeit ab – und dem Ausbrechen aus der „Blase“. In ihrer Rede bei der Eröffnung der Schau reißt Theresa Fankhänel, Kuratorin am Architekturmuseum der TUM, die Komplexität von Zugänglichkeit, der Auseinandersetzungen mit dem Finanziellen wie Raumvermietung sowie die Marktfähigkeit von Ausstellungsräumen an. Es offenbart sich eine Tragweite im Hintergrund, die sowohl Laien als auch Fachkundigen meist verborgen bleibt. Fankhänels Beitrag „Talking Back or Listening Forward?“ hat weiteren Menschen der Architekturbranche wie Felix Torkar, Architekturhistoriker und Teil der Kampagne SOS Brutalismus, eine Stimme gegeben.
Ihrem textlastigen Impuls ist u.a. der Beitrag von something fantastic „Exhibiting Architecture, 2013/2025“ gegenüberzustellen. Der C-Print auf 9 x DIN A3 Blättern setzt sich zu einem pinkfarbenen Plakat zusammen, in dessen Mitte steht: respect the audience; use minimal means, adopt the logic, create a sensation. Erstmalig 2013 formuliert, spiegeln diese Stichpunkte die Haltung des Büros in der Konzeption von Architekturausstellungen wider. Während eines Galeriegesprächs erklärte Elena Schütz von something fantastic, dass eine weitere Reduzierung auf Schlagworte wiederum einen zu großen Interpretationsraum aufmache. Tiefere Einblicke vom Erhalten der Aufgabenstellung über den stattgefundenen Prozess bis hin zum Endprodukt generieren Transparenz: Die Diskussionsfreudigkeit der Teilnehmenden – neben Schütz die Mitausstellenden Verena Lindenmayer von MVRDV, Jürgen Mayer H. sowie Oda Pälmke – machte die Beweggründe für ihre Exponate nachvollziehbar. So griff Oda Pälmke die Problematik der Raummietkosten auf und entwickelte einen Ausstellungsplan im zweiwöchigen Nutzungs-Turnus, denn: nicht jeder kann es sich leisten. Das Blatt liegt auf einem abgerundeten Stehtisch mit halbkreisförmigem Spiegel an der Wand – spiegelverkehrt gedruckt wird „Architektur Galerie Berlin EXPERIMENT, 2025“ erst imZusammenspiel lesbar.
Links davon hängt „Die Saat/Seeds, 2025“ in einem Leuchtkasten 140 x 170 Zentimeter von Christoph Hesse. In Zentralperspektive und warmen Goldtönen ist die Galerie von der Straße zu sehen, Samen häufen sich im Inneren auf und fließen durch die geöffneten zweiflügeligen Eingangstüren in den Außenraum. Im Vordergrund sprießt das „Saatgut Architektur“ bereits, konnte fruchten und sich verwurzeln. Auf Achse des Eingangs wurde gemäht und eine Zugänglichkeit geschaffen. Gewählte Farben und Bildaufbau lassen ahnen, welche Rolle der Architektur Galerie Berlin in der etablierten Architekturszene zugeschrieben wird.
Am anderen Ende des Raums steht ein Tisch am Schaufenster sowie darauf ein Legespiel mit Material zum Zeichnen, Colorieren und Ausschneiden. Die Arbeit von Tatiana Bilbao Estudio bietet einen niedrigschwelligen Zugang für Architekturinteressierte: Besuchende können ihre eigene Ausstellung kuratieren. Aus Papier wird ein dreidimensionales Modell der Galerie gefaltet und mit ausgeschnittenen zweidimensionalen Staffagen, wie Pflanzen, Schiffen, Menschen oder einem Wohnmobil, die Miniaturgalerie füllen. Der Prozess des Collagierens erinnert an das Platzieren von Staffagen in Ansichten oder Schnitten, die Plangrafiken Leben einhauchen. Parallel dazu erwecken Besucherinnen und Aussteller die Räumlichkeit der Karl-Marx-Allee ebenfalls zum Leben – und lassen ihn überleben.
Im Rahmen einer Performance wurden die zu Beginn erwähnten Metallstangen von AFF mit FFirma zu einem Regal zusammengeschweißt, dem Handwerk eine Bühne gegeben und der Galerie ein langlebiges Objekt zur Verfügung gestellt. Am 21. August um 19 Uhr findet eine weitere Gesprächsrunde mit Miriam Koudmani von Riegler Riewe, Tim Heide von Heide & von Beckerath, Christoph Hesse sowie Tobias Wallisser von LAVA – Laboratory for Visionary Architecture statt. Eine Bandbreite an möglichen Ausstellungsformaten – abseits der Klassiker wie Modell und Plan – materialisieren ein Streben nach Umbruch.







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