Risse im Asphalt
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Risse im Asphalt
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Straßen sind Verkehrsräume – als solche werden sie heute in den meisten deutschen Städten in erster Linie erlebt. Das Diktat des „fließenden Verkehrs“ hat seit der autogerechten Zurichtung der Städte alle anderen Funktionen in den Hintergrund gedrängt. Doch längst ist die Zeit gekommen, diese wieder in den Blick zu nehmen und die Stadtstraßen neu zu denken. Die Anpassung der Städte an den Klimawandel verlangt und ermöglicht es, Asphaltflächen zu entsiegeln und die innerstädtische Mobilität anders zu organisieren: mit weniger privatem Autoverkehr und mehr Platz für Radfahrer und Fußgängerinnen und mehr Angeboten für den Aufenthalt im öffentlichen Raum. Die Straßen sind eine gewaltige Reserve für die Urbanität der Zukunft. Es geht ja nicht nur darum, dass sich Fahrspuren reduzieren lassen, wenn weniger private PKW die Straßen verstopfen – auch der Bedarf an Stellplätzen sinkt. Das ist keine Utopie. In Los Angeles, autogerechter Metropole par excellence, zeigen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz schon heute deutlicher als in Deutschland die Umrisse künftiger (groß-)städtischer Mobilität (Bauwelt 26.2024): Uber-Taxis und selbstfahrende Leihautos etwa benötigen keine innerstädtischen Parkplätze, und die Elektromobilität macht bislang von Tankstellen besetzte Flächen frei für neue Nutzungen. Die großen Verkehrsschneisen der Nachkriegsmoderne, die in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurden, bieten jedenfalls viel Platz, um sie für andere Aspekte des Lebens zu öffnen: für Grün und Wasser, um Schatten zu spenden und die Luft an heißen Sommertagen zu kühlen und Aufenthaltsflächen im Freien zu gewinnen. Und für zumindest parzielle Nachverdichtungen, um in der Stadt Wohnraum zu schaffen – was den Verbrauch von Land am Rand der Städte reduzieren kann und die Auslastung vorhandener Infrastruktur verbessert, von der Wasserleitung bis zur Schule.
Best Practice von Paris bis Luckenwalde
Alles unmöglich, sagen Sie, viel zu teuer, viel zu aufwendig? Nun, anderswo in Europa ist dieser Umbau längst erlebbare Praxis der Stadtentwicklung: Paris, Rotterdam, Barcelona, Kopenhagen, aber auch viele kleinere Städte zeigen dies. In Deutschland haben wir in den Landeshauptstädten Stuttgart und Hannover nachgefragt, wie dort mit dem Erbe der autogerechten Stadt umgegangen wird, wir möchten Ihre Aufmerksamkeit aber auch auf Mannheim und Dresden sowie auf das Geschehen in einer Mittelstadt wie Luckenwalde in Brandenburg richten.
Weiter vertiefen wollen wir das Thema auf dem kommenden Bauwelt-Kongress am 2. und 3. Dezember im Konzertsaal der UdK Berlin, zu dem wir Sie an dieser Stelle herzlich einladen möchten. Dort werden wir, so viel sei verraten, neben der Stadtstraße eine ganze Reihe weiterer Reserven für die Stadtentwicklung zu heben versuchen. Vollständiges Programm und Anmeldung auf www.bauwelt.de/kongress







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