Regisseur des Aufbruchs
Modelle von Gebäuden Werner Ruhnaus im Baukunstarchiv NRW am Dortmunder Ostwall
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Regisseur des Aufbruchs
Modelle von Gebäuden Werner Ruhnaus im Baukunstarchiv NRW am Dortmunder Ostwall
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Können Sie sich erinnern, wann auf den Seiten der Bauwelt das letzte Mal über eine Ausstellung zu Werner Ruhnau berichtet wurde? Ich habe es gerade nachgeschlagen: Es war in Heft 18.2007 – vor langer Zeit, in einem anderen Land, auch wenn der damalige Ausstellungsort, das Gelsenkirchener „Musiktheater im Revier“ auch vor 18 Jahren unbestreitbar in Deutschland lag. Damals lebte der Architekt noch, er starb 2015 weit jenseits der 90. 2022 wäre er 100 geworden – damals eine Ausstellung zu realisieren, scheiterte an der Covid19-Pandemie.
Nun also, drei Jahre später, ist die Welt schon wieder um weitere Krisen und Katastrophen reicher. Allen, die ein bisschen Optimismus und Glauben an eine bessere Zukunft tanken wollen, sei daher ein Besuch der Ausstellung im Baukunstarchiv NRW am Dortmunder Ostwall von Herzen empfohlen. „Bauen für die offene Gesellschaft“ ist ihr Titel, und allein das wirkt wie eine Flaschenpost aus dem Jenseits, heute, da sich mehr und mehr soziale Bubbles voneinander abschließen, Gemeinsinn herzustellen immer schwieriger scheint, immer öfter ein „wir“ gegen „die“ in Stellung gebracht wird. Ruhnau dürfte im Grabe rotieren!
Seine Vorstellung von fluiden Zuständen, von Zusammenkünften aller zu Spiel, Tanz und Fest und von der Konstruktion dafür geeigneter Räume erscheint heute noch utopischer als einst. Denken wir an die Olympischen Spiele 1972 zurück und Ruhnaus dafür erdachte „Spielstraße“, die das Publikum zu Akteuren machte und den Tag zum Feiertag – damals erschien gesellschaftlicher Fortschritt greifbar, das Land bereit dafür, sich aus starren Gefügen zu lösen, ins Unbekannte zu öffnen und an der Gestaltung des Neuen mitzuwirken.
Das Baukunstarchiv NRW hütet den Nachlass dieses Architekten, Choreographen, Regisseurs des Aufbruchs. Für die Ausstellung in der Haupthalle des einstigen Ostwallmuseums haben die Verantwortlichen – Kurator Christian Welzbacher, Sammlungsmanagerin Christine Kämmerer, Kunsthistorikerin Ute Reuschenberg und Baukunstarchiv-Leiter Wolfgang Sonne – vor allem Modelle ausgewählt. Präsentiert werden sie auf kubischen Podesten, die ein wenig an Ruhnaus „Podienklavier“ erinnern, mit dem er verschiedene Formen des Theaters und der Beziehung von Publikum und Spielenden ermöglichen wollte. Besonders eindrucksvoll darunter waren für mich allerdings nicht die den beiden bekanntesten Theatergebäuden in Münster und Gelsenkirchen zuzuordnenden Exponate, sondern Modell und Fotografien des Herta-Wurstwaren-Verwaltungsgebäudes in Herten aus in den 70er Jahren mit seiner frei modellierten und künstlerisch aufgeladenen Büroarbeitswelt und die Modelle der Werkbundsiedlung „Stadtmauer“ in Altenessen aus den 1980ern: Auch hier eine begehbare Landschaft mit vielen Situation zur Begegnung. Zur Vertiefung sehr empfohlen sei der reich bebilderte Katalog.






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