Bauwelt

Himmel und Hölle

Text: Landes, Josepha, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Himmel und Hölle

Text: Landes, Josepha, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Als in Babel ein Turm gebaut wurde, ging das nicht gut aus. Das Ganze roch nach Anmaßung oder gar Widerstand: Gott wollte nicht erreicht werden, und außerdem hatte er den Menschen eigentlich den Auftrag erteilt, sich über die Welt zu verstreuen. Stattdessen machten die sich daran, ihre Leben an Ort und Stelle zu stapeln. Zur Strafe regnete es Sprachgewirr – zum Glück hatte Noah sich in der vorhergehenden Geschichte versichern lassen, dass beim nächsten Fehltritt nicht noch einmal alle Lebewesen auf je ein Pärchen reduziert würden.
Heute haben die Menschen sich über die Welt verstreut. Und sie bauen Türme; nennen sie tower, torres, tours etc. Türme bieten den Vorteil, den Boden, auf dem sie stehen, effektiv zu nutzen. Dass sich so auch Rendite optimieren lässt, steht auf einem anderen Blatt; der himmlische Zorn darüber hält sich bislang in Grenzen. So wollen auch wir hier den Blick fort von den anmaßenden Vertretern der hohen Art hin zu den Potenzialen von Türmen lenken, die Welt zu bereichern. Die Türme im ersten Teil dieser Ausgabe sind keine Wohn- oder Bürohochhäuser, sondern wurden gebaut, um Ausblicke einzufangen, Verbindungen herzustellen oder Szenarien der Notfallrettung durchzuspielen.

Schneller durch die Stadt
Der Blick in die Tiefe lässt dagegen viele Menschen erschauern, und die Vorstellung von einer „Unterwelt“ unter dem mehr oder weniger bekannten Boden unter den Füßen regte die Phantasie auch von Künstlern schon vor Jahrhunderten an. Das hat sich bis heute nicht geändert, doch statt Gänsehaut erzeugende Bilder der Qualen im Fegefeuer zu malen, ging es den Architekturbüros, deren Baumaßnahmen wir im zweiten Thema vorstellen, darum, den urbanen Alltag im Untergrund so angenehm wie möglich zu gestalten: sei es bei den neuen Bahnhöfen der Londoner Eliza-beth Line, die von West nach Ost einmal quer unter der britischen Hauptstadt durchfährt, sei es im Tunnel unter dem Zürcher Hauptbahnhof, der einst für eine geplante Stadtautobahn gegraben wurde und nun Fahrradfahrenden die Wegstrecke verkürzt. Dass es da-bei nicht nur um gute Gestaltung geht, sondern auch um einen Beitrag zur städtischen Mobilität, versteht sich von selbst – die Hölle findet heute eher der, der sich im Auto durch verstopfte Stadtstraßen quält, während neben und unter ihm munter in die Pedale getreten oder entspannt in der U-Bahn die Fachzeitschrift gelesen wird. Entscheidungen für das eine oder andere Verkehrsmittel hängen auch von der Gestaltqualität der jeweils anzutreffenden Räume ab.

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