Bauwelt

Essen im Anthropozän, übernachten am Karlsplatz

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Essen im Anthropozän, übernachten am Karlsplatz

Text: Friedrich, Jan, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Wir waren begeistert, als Philipp Oswalt, Stephan Barthel, Julia von Mende und Anne Schmidt, die Gastredakteure dieser Bauwelt-Ausgabe, die wunderbaren Illustrationen von Andreas Gefe auf dem Redaktionsschreibtisch ausbreiteten. Eine Berliner Küche – in drei Jahrhunderten – steht im Zentrum der detailreichen Zeichnungen. Und um die Küche herum sind alle Dinge, Landschaften, Gebäude, Transportmittel etc. dargestellt, die in irgendeiner Weise mit dem Haushalt in Verbindungen stehen. So plastisch wie auf diesen Bildern sieht man selten, wie sehr sich seit Beginn der Industrialisierung die Bedeutung des Ortes verändert hat, den wir immer noch Küche nennen. Gefes Zeichnungen sind natürlich nicht das einzige, das ­Oswalt, Barthel, von Mende und Schmidt zum Thema „Anthropozänküche“ in der Tasche hatten. Im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Berliner Humboldt-Universität beschäftigten sie sich mit der Beziehung von Nahrungsmitteln, gebauten Struk­tu­­ren und deren nahem und fernem Umfeld. Sie analysierten Stoffkreisläufe der globalisierten Nahrungsmittelproduktion, trugen Unmengen von Daten zusammen, werteten sie aus, machten sie lesbar. Wussten Sie, dass ein schlachtreifes Rind in Deutschland im Jahr 1753 durchschnittlich 100 Kilo wog und heute mehr als das dreifache, nämlich 374,5 Kilo? Nein? Das ist kein Wunder, denn die meisten Lebensmittel werden weit weg von uns produziert. Initiativen der letzten Jahre wie „Urbane Gärten“ oder „Food Hubs“ wollen die Herstellung von Lebensmitteln zurück in den Alltag der Stadtbewohner bringen. Wie stark sich solche Projekte für eine „essbare Stadt“ zukünftig auf die Gestalt unserer Städte auswirken, ist noch kaum abzusehen.

Neue Architektur am Stachus?

Speisen können, zum Beispiel die Langoustine à la Chinoise by Tohru Nakamura, soll man auch weiterhin im Hotel Königshof am Münchner Karlsplatz. Die Erscheinung des traditionsreichen Hauses aber soll sich mit dem geplanten Neubau von Nieto Sobejano vollkommen wandeln. Vollkommenheit können darin in München freilich nur wenige erkennen, weshalb die Debatte mit der Erteilung der Baugenehmigung Ende Juli aufs Neue hochgekocht ist. Die Inhaber des fami­liengeführten Hauses sind von der Vehemenz der Ablehnung, die ihrem Projekt aus der lokalen Öffentlichkeit entgegenschlägt, dermaßen schockiert, dass sie sogar uns, einer der bayerischen Hauptstadt fernen, der Moderne aber immer noch gewogenen Fachzeitschrift weder Auskunft noch Material geben mochten. Wie sich die Münchner Autorin und der Berliner Redakteur aus der Not befreit haben, lesen und sehen Sie ab Seite 44.

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