Bauwelt

Architektur lieben

Gio Ponti im MAXXI in Rom

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Ganz oben in Zaha Hadids Ausstellungsbau untergebracht, kulminiert die Schau im finalen Zusammenklang von Raum und Exponaten.
    Foto: MAXXI

    • Social Media Items Social Media Items
    Ganz oben in Zaha Hadids Ausstellungsbau untergebracht, kulminiert die Schau im finalen Zusammenklang von Raum und Exponaten.

    Foto: MAXXI

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Das Ausstellungsdesign greift auf Farben und Formen der 50er Jahre zurück und präsentiert Exponate unterschied­licher Maßstäbe, vom Ausstattungsstück bis zum Hochhaus-Modell.
    Foto: MAXXI

    • Social Media Items Social Media Items
    Das Ausstellungsdesign greift auf Farben und Formen der 50er Jahre zurück und präsentiert Exponate unterschied­licher Maßstäbe, vom Ausstattungsstück bis zum Hochhaus-Modell.

    Foto: MAXXI

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Foto: MAXXI

    • Social Media Items Social Media Items

    Foto: MAXXI

  • Bilderliste
    • Social Media Items Social Media Items

    Seiner Zeit voraus: der „Diamante“
    Foto: MAXXI

    • Social Media Items Social Media Items
    Seiner Zeit voraus: der „Diamante“

    Foto: MAXXI

Architektur lieben

Gio Ponti im MAXXI in Rom

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Gio Ponti starb vor vierzig Jahren, doch sein Schaffen ist nach wie vor präsent, vor allem, was sei­-ne Design-Objekte betrifft. Ende November eröffnete im Museum MAXXI in Rom eine Ausstellung, die Bauten, Ausstattungsstücke, aber auch das journalistische Wirken des Mailänder Architekten zusammenführt: Vom Pirelli-Hochhaus bis zur Triennale-Fliese, ließe sich das Konzept zusammenfassen.
„Amare l’architettura“, die Architektur lieben, heißt die von Maristella Casciato und Fulvio Irace kuratierte Schau, die ganz oben in Zaha Hadids Ausstellungsgebäude untergebracht ist, in Anspielung auf das 1957 von Ponti veröffentlichte Buch mit dem fordernden Titel „Amate l’architettura“ (Liebt die Architektur). Aber die Abmilderung ist vollkommen berechtigt, geht es doch um die Würdigung eines großen Œuvres und nicht darum, aus diesem Werk Schlussfolgerungen zu ziehen, gar Forderungen zu erheben. Das sprachliche Detail sagt viel darüber, wie die gesellschaftliche Rolle der Architektur und der Architekten in den letzten sechzig Jahren kleiner und kleiner geworden ist. Deutlich wird dies auchin der Schau, es springt den Betrachter der vie­len Modelle, Pläne, Schaubilder, Fotos und Objekte, die hier zusammengestellt wurden, um ein reiches schöpferisches Leben greifbar zu machen, geradezu an: Die Gestaltungsfreude noch des kleinsten Details, wie sie sich sowohl in den privaten Wohnhäusern wie in den großen öffentlichen Bauten zeigt, die Ponti von etwa 1930 an in aller Welt geschaffen hat, ist dem Metier wie der Bauherrenschaft längst fremd geworden. Das Budget fließt inzwischen in andere Bereiche des Bauens und des Alltagsdesigns: In aufwen­dige Fundamente, in noch aufwendigere Haustechnik, in absurd aufwendige Autos.
Apropos: Ein Auto hat Ponti auch einmal entworfen, Anfang der 50er Jahre – dass sich heute noch Architekten als Karosseriedesigner versuchen, ist mir nicht bekannt, und auch vorher gab es nicht viele: Gropius’ Wirken für Adler Ende der 20er Jahre kommt einem in den Sinn, mehr aber auch nicht. „Diamante“ sollte Pontis Wagen heißen, und die kristalline Form beschäftigte den Mailänder in jenem Jahrzehnt auf allen Ebenen – auch das Pirelli-Hochhaus kann zumindest mit der Schmalansicht hierunter fallen. Der Diamant bzw. Kristall war für Ponti eine „forma finita“, eine endgültige Form, geschlossen, unveränderlich, monumental, und daher als Analogie für die in der Nachkriegszeit auch von ihm favorisierte „Auflösung der Stadt“ in ein Arrangement freistehender Hochbauten anregend.„L’Architettura è un cristallo“ ist denn auch eine der acht Ausstellungssektionen überschrieben, die sich auf schiefer Ebene aneinanderreihen, „Appari­zioni di grattacieli“, Erscheinungen von Wolkenkratzern, eine andere.
Was Pontis Schaffen ab den 50er Jahren aber noch mehr prägt, ist die Gestaltung von Oberflächen. Innen- und Außenräume gehen ineinander über, wie es für die Zeit und die Moderne typisch ist, Design- und Architekturformen setzen sich im Außenraum fort, das Verbindende sind aber vor allem die graphischen Muster der Flächen. Und dafür steht weniger ein Gebäude wie der Pirelli-Bau am Mailänder Hauptbahnhof mit seiner Curtain-Wall als die Gestaltung von Bauten wie das Hotel Parco dei Principi in Sorrent (1960–62), das Warenhaus „De Bijenkof“ in Eindhoven (1964–68) oder das Denver Art Museum (1966–72). „Der Parco dei Principe (sic!) stellt alles in den Schatten, was der nach strenger Modernität dürstende Reisende bis jetzt ge-sehen haben dürfte: Die Kantine der Zeitschrift ,Der Spiegel‘ in Hamburg zum Beispiel, vom Dänen Verner Panton entworfen, ein hohler Abklatsch in Orange und Lila, oder die 1971 entworfene ,Total Furnishing Unit‘ des italienischen Jugendzimmermodernisten Joe Colombo verblas­sen vor den blauen Op-Art-Intarsienarbeiten, die in jedem Zimmer minimal unterschiedlich in die Wände eingelassen wurden“, schrieben Christian Kracht und Eckhart Nickel 1998 in ihrem Reisebuch „Ferien für immer“ über das Hotel am Golf von Neapel.
Ein solcher Gestaltungswille, wie er nicht nur für Ponti, sondern auch für seine Zeit typisch war, erscheint gegenüber den kurzen Nutzungszyklen technischer Anlagen als die nachhaltigere Investition. Nochmal Kracht und Nickel: Pontis „strenges Farbkonzept aus Weiß und Blau war so perfekt angeordnet, daß sich selbst die anarchistischen Süditaliener nicht trauten, die Muster und Strukturen dieses Tempels der Moderne durch Renovierungsmaßnahmen zu zerstören. Sogar die Aschenbecher waren so gestaltet, daß sie den Verirrungen der bald auftretenden Postmoderne tapfer die Stirn bieten konnten: Sie sind ebenfalls Azurblau.“ Wer, von der Ausstellung inspiriert, nun an eine Umgestaltung des eigenen Heims denkt, kann sich im MAXXI-Shop sogleich bedienen: Ponti-Fliesen gibt es dort für 30 Euro pro Stück. ub
Fakten
Architekten Ponti, Gio (1891-1979)
aus Bauwelt 2.2020
Artikel als pdf

0 Kommentare


loading
x
loading

8.2024

Das aktuelle Heft

Bauwelt Newsletter

Das Wichtigste der Woche. Dazu: aktuelle Jobangebote, Auslobungen und Termine. Immer freitags – kostenlos und jederzeit wieder kündbar.