Bauwelt

13 Präsentationen und ein Abschied

Die Villa Massimo im Martin-Gropius-Bau

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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    Für ihre Installation „Cleopatra/Extended 2“ (2019) verwendete Bettina Alla­moda Stützstreben, wie ­sie in Rombeim U-Bahn-Bau zum Einsatz kommen.
    Foto: Villa Massimo/Sebastian Bolesch

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    Für ihre Installation „Cleopatra/Extended 2“ (2019) verwendete Bettina Alla­moda Stützstreben, wie ­sie in Rombeim U-Bahn-Bau zum Einsatz kommen.

    Foto: Villa Massimo/Sebastian Bolesch

13 Präsentationen und ein Abschied

Die Villa Massimo im Martin-Gropius-Bau

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Stählerne Schwerlaststreben, wie sie beim Bau der neuen Metro-Linie C in Rom zum Einsatz kommen, schienen die vielfach geflickten Wände des kriegszerstörten, dem Abbruch geweihten, wiederauf- und dann noch einmal umgebauten wilhelminischen Ausstellungsbaus zu halten, die zwischen ihnen gespannten roten Stoffbahnen in den Farben der italienischen Hauptstadt, glitzernd vom Besatz mit kinderhandgroßen Pailletten, lenkten das Leuchten des kulturellen und historischen Reichtums jener Stadt in die Trübnis des Berliner Winters. Die Installation „Cleopatra/Extended 2“ von Bettina Allamoda, die die Berliner Künstlerin für den Abend des 21. Februars im Westflügel des Martin-Gropius-Baus aufgebaut hatte, war ein passendes Symbol für die letzte Präsentation der Villa Massimo in Berlin vor dem altersbedingten Ausscheiden ihres Direktors Joachim Blüher – zur Jahresmitte wird Julia Draganović den Posten an der Piazza Bologna übernehmen. 17 Jahre, das ist schon eine Ära in der Geschichte der 1913 eröffneten Accademia Tedesca Roma, und da auch die fast genauso alte Architekturzeitschrift Ihres Vertrauens ein klein wenig in diese Jahre hineingewoben ist, soll an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön stehen, der Bauwelt-Redaktion im Gesamten wie des Autors dieser Zeilen im Besonderen.
Januar 2012, es gilt, Bauwelt 14 jenes Jahres vorzubereiten, die sich dem zögerlichen Wiederaufbau der drei Jahre zuvor durch ein Erdbeben zerstörten Stadt lʼAquila widmen soll. Meine Italienisch-Kenntnisse sind zu diesem Zeitpunkt noch mehr als dürftig, die an sich schon komplizierten Wege durch die italienischen Behörden für mich nicht zu finden, Ansprechpartner vor Ort unbekannt. Es hilft: Joachim Blüher. Nicht nur, dass er den Bauwelt-Redakteur in seinem Haus aufnimmt – er organisiert auch einen Besuch der „Roten Zone“ für ihn mitsamt kundiger Führung.
Typisch Blüher, kann ich rückblickend sagen, sieben Jahre später, in denen mir die Hilfsbereitschaft, die Großherzigkeit und das Organisationstalent von Blüher und seinem Team noch zu anderen Anlässen zuteil wurden; etwa, wenn ein Mezzanino in der Villa Massimo für mich offen stand, wenn ich spät am Bahnhof Termini ankam und nicht mehr nach Olevano Romano weiterreisen konnte; wenn ich wieder einmal der Magnet-Rahmen der Villa für eine Ausstellung in irgend­einer latinischen Kleinstadt bedurfte; wenn ich den Kontakt zu einer Übersetzerin in Rom benötigte oder zu einem Fotografen – eine Email genügte, und der Wunsch war quasi schon erfüllt, das Problem gelöst. Und so wie mir dürfte es vielen Architekten und Künstlern gehen, die in den letzten Jahren dort gearbeitet haben: Ohne die Villa Massimo wäre manches Projekt in Rom und der römischen Campagna nicht möglich gewesen.
Diese Freude am Ermöglichen wird, so ist zu hoffen, auch über den Abschied Blühers aus dem Amt Mitte des Jahres ein Wesenszug der Villa Massimo bleiben, doch die diesjährige, seit 2007 alljährlich im Martin-Gropius-Bau statt­findende Stipendiaten-Präsentation war unvermeidlich nicht nur eine Feier der Möglichkeiten, die die Bundesrepublik Deutschland mit dem Rom-Stipendium Künstlern, Schriftstellern, Komponisten und Architekten gewährt, sondern auch ein Abend des Abschieds und Rückblicks; der Gespräche mit ehemaligen Stipendiaten in Rom und Olevano über ihre Erinnerungen und Erlebnisse während dieser Zeit, und natürlich auch ein Fest der spartenübergreifenden Arbeit der Stipendiaten des Jahrgangs 2017/18, die ih­-re Werke präsentierten, die musizierten und lasen oder, wie Architekt Benedict Esche, rätselhafte schwarze Vierkante in den Gropius-Bau geräumt hatten.
Ab Sommer also wird Draganović, die zuletzt die Kunsthalle Osnabrück leitete, das Standing dieser deutschen Kulturoase in der allen Unkenrufen zum Trotz durchaus existenten gegenwärtigen Kunstszene Roms pflegen. Angesichts der derzeitigen politischen Rahmenbedingungen eine anspruchsvolle Aufgabe: „Akademie ist nicht zu trennen von Politik“, brachte Blüher die Bedingungen und die Dimension der Aufgabe auf den Punkt. Wenn in einigen Jahren auf die Amtszeit seiner Nachfolgerin zurückzublicken ist, wird sich schon zeigen, wie stark die Bande sind, die die Kultur der Gegenwart zwischen den Völkern, den Ländern, den Städten zu spannen vermag, über die Gräben hinweg, die die Politik immer wieder mal aufreißt.

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