Bauwelt

Auf der sicheren Seite

Über das (süße) Leben in Gated Communities

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

Auf der sicheren Seite

Über das (süße) Leben in Gated Communities

Text: Schultz, Brigitte, Berlin

Meterhohe Mauern, Starkstromzäune, Überwachungs­kameras, Zugangskontrollen, Ausweis- und Fingerabdruckscanner, private Sicherheitspatrouillen, strenge Verhaltensregeln – was bei den einen ungute Assoziationen zu Gefängnis und Überwachungsstaat weckt, ist für andere der gebaute Lebenstraum. „Golf and Security – I think this lifestyle works for me“, so das Fazit einer Kaufinteressierten nach der Besichtigungstour einer Gated Community in Johannesburg.
Die Frage, was Millionen Menschen auf verschie- denen Kontinenten dazu treibt, sich selbst auszugrenzen, kann der Dokumentarfilm von Corinna Wichmann und Lukas Schmid nicht wirklich beantworten. Doch ihm gelingt ein guter Einblick in das Leben dreier Menschen in den Gated Communities Dainfern (Johannesburg), Palm Meadows (Bangalore) und Spanish Trail (Las Vegas). Die Aussagen von Bewohnern und Betreibern der Anlagen lassen den Zu-schauer zum Teil fassungslos zurück – angesichts deren Freude an einem Leben in dieser künstlichen Welt, aus der jegliche Spontaneität und urbane Atmosphäre eliminiert wurden.
Die Eigenwerbungen verschiedener Gated Communities, die immer wieder eingeblendet werden, zeugen von dieser absurden Mischung aus Dekadenz und Paranoia. Während Sprüche wie „An exclusive haven“ (Las Vegas), „Um mundo melhor para vocè“ (São Paulo) oder „Service, Luxus, Sicherheit“ (Leipzig) in ihrer Schamlosigkeit den Kern der Sache ganz gut treffen, spielen Werbebotschaften wie „Never think it cannot happen to you“ (Johannesburg) ganz ungeniert mit der Angst der Menschen. Und bewirbt „Right decisions today, greater rewards tomorrow“ tatsächlich noch eine Siedlungsform oder doch schon eine Religion?
„4 Schlafzimmer, 3 Badezimmer, 2 Wohnzimmer ... und 1 Zimmer für das Dienstpersonal, das putzt, kocht und die Kinder erzieht“, erklärt Maklerin Brenda, selbst Gated-Com.-Bewohnerin. Maßlosigkeit? Kolonialismus? Die Filmautoren bemühen sich um Verständnis für die Bewohner und nehmen ihre Lebenseinstellung ernst – bei einem Thema, bei dem die Antipathien derart klar verteilt sind, sicher nicht immer einfach. Leider werden dabei  die gesell­schaftlichen Zusammenhänge an den Rand gedrängt, hier hätte man gerne mehr erfahren.
Drei Familienmitglieder ermordet, zwei Mal nachts vor Einbrechern geflüchtet, auf der Straße gewürgt – bei manchem Bewohner kann man das Bedürfnis nach Sicherheit durchaus nachvollziehen. Am Ende bleiben die Sympathien trotzdem bei dem Einzigen der drei Protagonisten, der unglücklich ist mit seinem exklusiven Leben. Es liegt in der Ironie der Sache, dass er den Filmemachern auch den tiefstenZugang zu seiner Innenwelt gewährt. Wahrscheinlich hat er das Prinzip der Abschottung einfach noch nicht richtig verinnerlicht.

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