Bauwelt

Josef-Frank-Ausstellung - Keine Angst vor Dekor

Design des "etablierten Außenseiters"

Text: Spix, Sebastian, Berlin

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Abb.: Svenskt Tenn

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Josef-Frank-Ausstellung - Keine Angst vor Dekor

Design des "etablierten Außenseiters"

Text: Spix, Sebastian, Berlin

„Auf dieser Couch kann man sitzen, schlafen, und – miteinander umgehen!“, konstatiert die schwedische Botschafterin Ruth Jacoby in ihrer Eröffnungsrede. Auf der ersten Etage im Felleshus der Nordischen Botschaften in Berlin springt das große, mit farbigen Blumenmustern überzogene Sofa dem Besucher direkt ins Auge.
Das Sitzmöbel ist Teil der Ausstellung „Vorsicht, guter Geschmack!“ über das hierzulande wenig bekannte Lebenswerk von Josef Frank (1885–1967). In drei Kapitel gegliedert, zeichnet die Schau – eine Kooperation der Schwedischen Botschaft Berlin mit dem Jüdischen Museum Stockholm und der Designfirma Svenskt Tenn – die wesentlichen Karrierestationen des österreichischen Architekten jüdischer Herkunft anschaulich nach. Josef Frank, der zeitlebens im Schatten von Adolf Loos stand, war Gründungsmitglied des Wiener Werkbundes, hatte an der TH Wien studiert und lehrte später an der Wiener Kunstgewerbeschule, er war Leiter der Wiener Werkbundsiedlung (1932) und zeichnete für eine Reihe Wohnsiedlungen und Gemeindewohnanlagen in Wien verantwortlich.
Die schwarzen Ausstellungstafeln des ersten Abschnitts zeigen Franks ersten Auftrag, die Möblierung eines Speisesaales in Wien (1913), und weisen auf seine Anstellung im Büro von Bruno Möhring hin so wie auf das Zusammentreffen mit seiner späteren schwedischen Ehefrau Anna Sebenius in Berlin. Weiter geht es mit dem Einrichtungshaus „Haus und Gar ten“, das Frank 1925 gemeinsam mit seinem Partner Oskar Wlach gründete, und mit seiner Teilnahme an den CIAM-Kongressen 1928/29. Ein Holzmodell der 1931 fertiggestellten „Villa Beer“ veranschaulicht exemplarisch Franks Entwurfsprinzip einer offenen Komposition aufeinander bezogener Innen- und Außen-Räume, die alle Raumebenen in einem Gesamtraum vereinen soll. Die gemeinsam mit Wlach entworfenen Wiener Villen „Bunzl“ und „Scholl“ sind zu sehen – und natürlich das Doppelhaus für die Stuttgarter
Werkbundausstellung von 1927, dessen Einrichtung aus Holzmöbeln, gemusterten Kissen und Textilien die anderen Architekten der Weißenhofsiedlung befremdete. Der an eine Wand im Felleshus projizierte, leider nicht zugeschriebene, Kommentar zu Franks Stuttgarter Beitrag: „Mit allen Stoffen und Möbeln hat Frank ein Bordell geschaffen“, deutet das Zerwürfnis mit den Bauhäuslern an. Wer darüber hinaus in der Ausstellung Informationen zu dem endgültigen Bruch des „weichen Modernisten“ mit Mies und Co. oder zu seiner späteren Emigration über Stockholm nach New York erwartet, wird enttäuscht; hier sei die Bauwelt-Ausgabe zu Josef Frank (Heft 26.85) empfohlen oder das aktuell erschienene Buch „Josef Frank – Eine Moderne der Unordnung“.
Im zweiten Teil der Schau zeugen die bunten Aquarellperspektiven eines nie verwirklichten Slumsanierungskonzepts und die sogenannten „Traumvillenentwürfe“ für die Cousine seiner Frau von der schlechten Auftragslage im New Yorker Exil. Naturalistische Skizzenstudien und das blumige Aquarellmuster „Boston“ sind hingegen ein Beweis für Franks trotz allem rastlos kreative Phase in den USA. Das Muster „Manhattan“ (Abbildung links: Svenskt Tenn), eine Kombination aus runden und eckigen Ausschnitten des New Yorker Schachbrettgrundrisses, die verspielt von einer schmalen Textschleife umfahren werden, ist nur eines von zahlreichen Ornamententwürfen, die eindrücklich Franks ästhetische Haltung offenbaren: Er wollte sowohl Sinn als auch Verstand ansprechen und beides miteinander verbinden. Zwei üppige Sitzgruppenarrangements bilden den dritten und größten Bereich von „Vorsicht, guter Geschmack!“. Doch mangelt es der Ausstellung an dieser Stelle wohl an Distanz zum Kooperationspartner, dem schwedischen Möbelhersteller Svenskt Tenn. Dem Besucher wird ein Potpourri aus Möbeln, Stoffen, Lampen und Teppichen präsentiert, die Josef Frank nach seiner Rückkehr aus den USA nach Schweden 1946 bis zu seinem Tod 1967 für das schwedische Einrichtungshaus entworfen hat – bis heute die erfolgreichsten Produkte der Firma.
Fakten
Architekten Frank, Josef (1885-1967)
aus Bauwelt 34.2008
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